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Russen bei einer Kontrolle am Lachin-Pass.

© action press/Пресс-служба Минобороны РФ

Eskalation an der Grenze im Kaukasus: Armenien wirft Aserbaidschan Beschuss vor

Die Spannungen zwischen den Kaukasusstaaten halten an. Armenien meldet „Opfer“ nach Angriffen, doch Aserbaidschan hält dagegen.

Armenien hat der aserbaidschanischen Armee vorgeworfen, an der Grenze zwischen den Kaukasusstaaten das Feuer auf ein armenisches Fahrzeug eröffnet zu haben. „Nach dem Beschuss durch die aserbaidschanischen Streitkräfte“ gebe es „Opfer auf armenischer Seite“, teilte das Verteidigungsministerium in Eriwan am Montag im Onlinedienst Telegram mit.

Nähere Angaben zur Anzahl der Opfer machte das Ministerium zunächst nicht. Baku bestreitet die Vorwürfe.

100.514
armenische Bewohner wurden zwangsweise umgesiedelt.

Dem Ministerium zufolge ereignete sich der Vorfall nahe dem Dorf Kut in Osten des Landes. Demnach transportierte das Fahrzeug Lebensmittel für armenische Grenzsoldaten.

Für Bergkarabach bedeutete es die Auflösung

Aserbaidschan hatte am 19. September eine groß angelegte Militäroffensive in der Kaukasusregion Bergkarabach gestartet. Nach ihrer Kapitulation bereits einen Tag später mussten die pro-armenischen Kräfte die Auflösung ihrer selbst ernannten Republik Bergkarabach akzeptieren.

Aserbaidschan vermeldete seitdem zahlreiche Inhaftierungen früherer pro-armenischer Politiker und Beamter. Baku wirft ihnen unter anderem „Terrorismus“ vor.

Bergkarabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, es lebten dort bisher aber überwiegend ethnische Armenier. Inzwischen sind fast alle der vormals rund 120.000 armenischen Bewohner der Region aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen Aserbaidschans nach Armenien geflüchtet. Armenien wirft Aserbaidschan eine „ethnische Säuberung“ vor.

Aserbaidschan weist die Anschuldigungen nachdrücklich zurück und sicherte bleibewilligen Armeniern „Reintegration“ zu.

Zuletzt waren Befürchtungen laut geworden, Aserbaidschan könne auch Armenien selbst angreifen. „Wir hören aus Baku sehr viel Aggressivität, Bedrohungen und Hassrede, nicht nur gegen Bergkarabach, sondern auch gegen die Republik Armenien“, sagte der armenische Botschafter in Deutschland, Viktor Yengibayran, vergangene Woche.

Der letzte Bus ist davongefahren

Nun hat auch der vorerst letzte Flüchtlingsbus das Gebiet verlassen. Damit seien 100.514 zwangsweise umgesiedelte Bewohner in Armenien angekommen, sagte Regierungssprecherin Naseli Bagdassarjan am Montag.

Menschen verließen Bergkarabach auch mit Privatfahrzeugen. Viele Vertriebene hätten gesundheitliche Probleme oder seien bettlägerig. Wer noch in Bergkarabach sei, solle sich an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz wenden, hieß es.

Die aserbaidschanische Führung hingegen betonte wie schon seit Tagen, dass es keinen Grund für eine Flucht gebe und die Menschen in das Leben gemäß den Gesetzen des Landes integriert würden.

Ein Kaukasus, zwei Länder, zwei Systeme

Die Südkaukasusrepublik Aserbaidschan ist anders als Armenien ein autoritär geführtes Land ohne Medienfreiheit oder demokratisch gewählte Führung. Das Land steht wegen Menschenrechtsverstößen international in der Kritik.

Der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev betonte bei einer Veranstaltung am Montag, dass sich das Land seit Langem durch eine Gesellschaft mit vielen Ethnien und Konfessionen auszeichne. „Wir leben wie eine Familie“, sagte er aserbaidschanischen Medien zufolge.

„Jetzt ist die Zeit gekommen, um Frieden zu schaffen im Kaukasus. Unsere Agenda ist Frieden in der Region, eine Zusammenarbeit und gegenseitiger Nutzen“, sagte er in der Hauptstadt Baku.

Die Selbstauflösung steht bevor

Aliyev hatte zuvor die Ansiedlung von Zehntausenden Aserbaidschanern in Bergkarabach angekündigt. Dagegen wirft die armenische Regierung den aserbaidschanischen Behörden eine ethnische Säuberung vor. Die Karabach-Armenier befürchteten Verfolgung und Gewalt.

Aserbaidschan hatte in einer Militäroffensive in der vorvergangenen Woche die seit Jahrzehnten umkämpfte Region zurückerobert. Die Führung der international nicht anerkannten Republik Arzach (Bergkarabach) hatte danach kapituliert und die Selbstauflösung zum 1. Januar 2024 besiegelt. (AFP/dpa)

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