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Karnevalistinnen tanzen durch das Stadtzentrum von Köthen in Sachsen-Anhalt.

© dpa/Sebastian Willnow

Mehr als nur das Funkenmariechen: Frauen wollen eine größere Rolle im Karneval

Frauen sind im traditionellen Kölner Karneval vor allem als Mitschunklerinnen gefragt, in Sprechrollen erlebt man sie selten. Das will die 1. Damengarde Coeln unbedingt ändern.

Männer im Elferrat, Männer als Büttenredner, Männer als Prinz, Bauer und sogar Jungfrau – der traditionelle Kölner Karneval ist abgesehen vom Funkenmariechen meist Männersache.

In manchen Traditionscorps wie den Roten oder Blauen Funken dürfen Frauen noch nicht mal Mitglied werden. Doch dagegen regt sich Widerstand.

Zum Beispiel in der 1. Damengarde Coeln. Sie ist eine von sieben Frauengesellschaften und die einzige, in der Uniform getragen wird. Die Gründung der Damengarde war eigentlich ein Akt der Frustration: Zuvor hatten einige Frauen versucht, bei den Roten Funken aufgenommen zu werden – doch dort wollte man sie nicht.

Die Karnevalistinnen Monika Kissing (l) und Bettina Schwerer (r) präsentieren zusammen mit der Präsidentin der „Ersten Damengarde Coeln 2014 e.V.“, Barbara Brüninghaus (M), ihre Karnevalskostüme in Form einer französischen Uniform.
Die Karnevalistinnen Monika Kissing (l) und Bettina Schwerer (r) präsentieren zusammen mit der Präsidentin der „Ersten Damengarde Coeln 2014 e.V.“, Barbara Brüninghaus (M), ihre Karnevalskostüme in Form einer französischen Uniform.

© dpa/Roberto Pfeil

Als die Frauen dann im Jahr 2014 ein eigenes Corps gründeten, wurden sie von den Männern kritisch beäugt, wie Präsidentin Barbara Brüninghaus erzählt: „Die haben gerade in der ersten Phase sehr genau hingeguckt, was wir da so machen. Ob das in Ordnung ist und den Traditionen und dem Brauchtum entspricht.“ Man habe sich wie auf einem Präsentierteller gefühlt.

Inzwischen hat sich die Damengarde fest etabliert. So wird sie in dieser Karnevalszeit zum zweiten Mal beim Rosenmontagszug dabei sein.

Hinzu kommen zahlreiche Veranstaltungen und Auftritte. Dabei machen sie im Grunde das gleiche wie die Männergarden, nur mit vertauschten Rollen: So haben sie bei ihren Sitzungen immer ein männliches Funkenmariechen dabei.

Damit sind sie im Grunde genommen sogar traditionsbewusster unterwegs als die Männergarden: Denn früher waren die Tanzmariechen und Funkenmariechen immer Männer. Erst die Nazis änderten das, weil ihnen Travestie in jedweder Form verhasst war.

Das Festkomitee Kölner Karneval – der 200 Jahre alte Dachverband der Kölner Karnevalsgesellschaften – bekundet Unterstützung für die Frauengesellschaften. „Die spielen eine große und sehr positive Rolle. Und sie sind natürlich auch Vorbilder“, sagt die Pressesprecherin des Festkomitees, Tanja Holthaus.

Willkommen und aktiv – aber nicht in leitender Funktion

In den meisten Gesellschaften seien Frauen durchaus willkommen und auch sehr aktiv.

Allerdings eben nicht unbedingt in leitender Funktion: „Wir kriegen das Feedback aus ganz vielen Gesellschaften, dass dort viele sehr engagierte Frauen sind, aber nur die wenigsten möchten an der Spitze stehen und auch repräsentative Ämter übernehmen“, sagt Holthaus.

Da versuche das Komitee aber anzusetzen und Frauen zu fördern, „damit sie sich eben auch trauen, mal in die vorderen Reihen zu kommen und da zu sein, wo der Karneval entschieden wird“.

Das bestätigt auch Barbara Brüninghaus: „Das Festkomitee fördert schon gerade auch die Aktivität von Frauen im Karneval.“ Die müssten aber eben auch mitziehen: „Ich glaube, wir Frauen müssen selber das Engagement und den Mut haben, uns zu zeigen und sichtbar zu sein.“

Studie zum rheinischen Straßenkarneval

Die Soziologin Yvonne Niekrenz sieht Zeit und Geld als mögliche Gründe für die Zurückhaltung der Frauen. „Man muss das mit seiner Berufstätigkeit vereinbaren und natürlich auch mit seinen Care-Aufgaben, wo Frauen immer noch eine zentralere Rolle spielen als Männer“, sagt Niekrenz, die mit einer Studie zum rheinischen Straßenkarneval promoviert hat. In der Kommunalpolitik sei das Bild vielfach ähnlich.

Eine vollständige Männerbastion ist bisher noch das Dreigestirn aus Prinz, Bauer und Jungfrau. Zwar wurde die Jungfrau bereits zwei Mal, 1938 und 1939, von Frauen gespielt. Doch auch hier steckte die Abneigung der Nazis gegen Männer in Frauenkleidern dahinter.

Immerhin: das Festkomitee verweist auf sein Regelwerk, nach dem das Geschlecht des Dreigestirns nicht vorgeschrieben sei. Dementsprechend könnten die Gesellschaften da auch Frauen in die Auswahl schicken.

Doch hier habe die Tradition einen sehr großen Einfluss, meint Wissenschaftlerin Niekrenz: „Wenn man damit aufwächst, dass sich das Dreigestirn aus Männern zusammensetzt, dann ist es schwierig, das infrage zu stellen.“

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