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Von der Elbe an die Havel. Britta Ernst wird Bildungsministerin in der Mark.

© dpa

Neue Bildungsministerin für Brandenburg: Hanseatisch unaufgeregt und pragmatisch

Britta Ernst sagt, sie setzt auf Kontinuität - erst einmal. Was kann Brandenburg von seiner neuen Bildungsministerin erwarten? Ein Blick auf ihre vorige Wirkungsstätte.

Potsdam - Die Neue kommt von der Küste. Genauer gesagt aus Hamburg, wo ihr Mann Olaf Scholz (SPD) Regierender Bürgermeister ist. Künftig muss sich das Paar wohl auf eine Fern- und Wochenendbeziehung einstellen. „Solche Lebensumstände sind uns ja bekannt“, sagte Britta Ernst, 56 Jahre, die designierte neue Bildungsministerin in Brandenburg, als sie sich am Dienstag in der Staatskanzlei vorstellte. Zuerst wolle sie sich „eine Zweitwohnung in Potsdam suchen“. Viel Zeit bleibt ihr da nicht. Denn schon am Donnerstag soll es losgehen, soll Ernst im Landtag als Ministerin vereidigt werden.

Ein Amt als Ministerin für Bildung hatte sie im Kabinett des früheren SPD-Ministerpräsidenten Torsten Albig bereits von 2014 bis 2017 in Schleswig-Holstein inne, bis die dortige SPD-geführte Regierung bei der Landtagswahl in diesem Sommer abgewählt wurde. Gegenüber dortigen Regionalzeitungen hatte sie kein Hehl daraus gemacht, dass sie die Arbeit gern fortgesetzt hätte, der Verlust sie traf. Olaf Scholz und Ernst galten als das „Powerpaar des Nordens“. Der Hamburger Regierungschef gehört in der SPD-Bundesriege zu den wenigen, zu denen Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) einen engen Draht pflegt. Auch das dürfte seine Entscheidung bestärkt haben, dem Vorschlag von Baaske für die Nachfolge in dem Schlüsselressort zu folgen.

Pragmatisch, hanseatisch unaufgeregt, sachorientiert und strukturiert

Ernst eilt aus dem Norden der Ruf voraus, pragmatisch, hanseatisch unaufgeregt, sachorientiert und strukturiert zu arbeiten, eine versierte Bildungspolitikerin zu sein. Im politischen Geschäft, bei dem es um Abläufe, um Netzwerke geht, kennt sie sich bestens aus. So war sie von 2012 bis 2014 bis SPD-Fraktionsgeschäftsführerin im Bundestag, nach vielen Jahren als Abgeordnete in der Hamburger Bürgerschaft. Dort war sie schulpolitische Sprecherin, Vize-Fraktionschefin und parlamentarische Geschäftsführerin. Er habe sie in der Kultusministerkonferenz „als Kämpferin erlebt“, sagt Günter Baaske über seine Nachfolgerin. Sie könne Administration und sei politisch erfahren.

Zu dem, was sie in Brandenburg im neuen Amt vorhat, hielt sich Ernst zurück. Baaske hatte sich in den letzten Wochen mehrfach mit ihr getroffen, um sie auf die neue Aufgabe vorzubereiten. Sie fühle sich geehrt, dass sie gefragt worden sei, sagte Ernst. Es sei eine Herausforderung, eine schöne Aufgabe. „Mir ist bewusst, dass jedes Bundesland anders ist“, betonte die designierte Ministerin. Sie wolle sich erst einmal die nötige Zeit nehmen, „sich mit den Menschen, die hier den Bildungsbereich gestalten, vertraut zu machen“. Sie trete nicht an, um gleich neue Akzente zu setzen. Das sei auch nicht nötig, da Brandenburg in der Bildungspolitik gut aufgestellt sei. „Es geht um Kontinuität.“ Als Beispiele nannte sie die Qualitätsentwicklung bei den Kitas, die Sportförderung oder auch das Lernen mit digitalen Medien. Wie sie zur Gemeinschaftsschule stehe? Auch da waren von ihr besonnene Töne zu hören. Sie bekannte sich zwar dazu, dass sie langes gemeinsames Lernen für sinnvoll hält, „es ist ein wichtiges Thema“. Sie hält aber auch nichts von Kulturkämpfen. „Ich lege Wert darauf, dass Bildungspolitik nicht durch große politische Kontroversen geprägt sein sollte.“ Das würden Eltern auch erwarten. „Akzeptanz des öffentlichen Bildungssystems ist ein hohes Gut.“

Brandenburg und Schleswig Holstein: Die Probleme ähneln sich

Und Schleswig-Holstein und Brandenburg sind durchaus ähnliche Flächenländer. Auch manches bildungspolitische Problem ähnelt sich. Statt ideologischer Reformen hatte für sie in Schleswig-Holstein die Reduzierung des Unterrichtsausfalls und das Ziel 100 Prozent Unterrichtsversorgung Priorität. Mit der Ministerin legte sich die seit Jahren andauernde schulpolitische Aufregung im Norden recht schnell. Im Ministerium wurde sie für ihr Engagement und ihre klaren Ansagen geschätzt. Auch in der Bundes-SPD genießt Ernst hohes Ansehen. Ihr Charakter ist norddeutsch zurückhaltend, Polemik nicht ihre Sache, heißt es. Dialogbereitschaft sei bei ihr keine Floskel. In ihrer Kieler Zeit setzte sie auf einen Interessenausgleich von Schülern, Eltern, Lehrern und Ministerium. Kritiker vermissten allerdings Visionen. Wichtig war ihr insbesondere auch der Deutschunterricht für Flüchtlinge an Schulen („Deutsch als Zweitsprache“-Zentren) und Augenmaß bei der Umsetzung des Inklusionsunterrichts an den Schulen – auch das dürfte in Brandenburg ähnlich sein. Die eigenständige Frau reagiert ungehalten bei Fragen, ob sie am Frühstückstisch über ihre politische Arbeit mit ihrem Mann spreche. Sie lässt sich nie auf die Frau des Bürgermeisters reduzieren.

In den Brandenburger Landtagsfraktionen von SPD und Linken stellte sie sich am Dienstag vor, kam dort ganz gut an, wie es hieß. Und Grünen-Fraktionschef Axel Vogel äußerte Verständnis, dass Woidke über den Tellerrand schaue, eine Lösung von außen gefunden habe. „Die SPD im Land ist ja personell erschöpft.“ CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben ätzte, Ernst sei in Schleswig-Holstein mit der rot-grünen Koalition abgewählt worden. Offenbar fehle der SPD genügend eigenes Personal. (mit dpa)

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