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Kitas in Brandenburg: Schmollen einstellen

In Brandenburg müssen und wollen Eltern länger arbeiten und nehmen im Flächenland dafür auch weite Pendelstrecken auf sich. Ihre Kinder wollen sie in der Zeit selbstverständlich gut betreut wissen. Doch das ist nicht selbstverständlich, wenn mangels Finanzierung Erzieher fehlen.

Was sich derzeit in den Brandenburger Kitas zeigt, ist eigentlich etwas sehr Erfreuliches: Brandenburger finden wieder Jobs. Die Zahl der Erwerbstätigen ist von 2002 zu 2017 um mehr als 90 000 Personen gestiegen. Und: Viele, auch Mütter, arbeiten vermehrt Vollzeit. Doch diese positive Entwicklung verkehrt sich in den Kindertagesstätten gerade in das Gegenteil. Eltern wollen und müssen länger arbeiten, im Flächenland dafür auch weite Pendelstrecken auf sich nehmen. In der Zeit wollen sie ihre Kinder selbstverständlich gut betreut wissen. Aber gute Betreuung ist eben nicht selbstverständlich. Nicht etwa, weil die Erzieher nicht wollen. Sondern weil die Landesregierung sich zwar über den Aufschwung am Arbeitsmarkt freut, dabei aber verpasst hat, dieser neuen Lebenswirklichkeit vieler Familien Rechnung zu tragen. Und deshalb mangels Finanzierung Erzieher fehlen.

Im Jahr 2002, als die Zahl der Erwerbstätigen deutlich niedriger war, wurde die dritte Betreuungsstufe in Brandenburg abgeschafft. Seither wird bei der Personalbemessung nicht mehr differenziert, sondern pauschalisiert: Bleiben die Kinder kürzer oder länger als sechs Stunden in der Kita? Dabei sind Betreuungszeiten von acht oder auch zehn Stunden eben längst keine Seltenheit mehr. Das Land will das so noch nicht anerkennen, sondern erst Daten erheben. Das klingt nach Zeit schinden. Denn entsprechende Zahlen wären bei den Jugendämtern längst abrufbar gewesen. Die Kitaträger haben am Freitag selbst eine Umfrage vorgelegt. 412 von 430 befragten Einrichtungen im Land gaben an, Verträge über acht Stunden abgeschlossen zu haben.

Bildung soll nicht vom Geld der Eltern abhängen

Wenn die rot-rote Regierungskoalition die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Ziel in ihrem Koalitionsvertrag festschreibt, muss sie sich den Realitäten im Land endlich stellen. Wenn sich Brandenburg als „Land der sozialen Gerechtigkeit“ betitelt, genügt es nicht, auf die Kommunen zu verweisen. Potsdam springt in die Bresche, gibt Geld, um die längere Betreuung abzufedern. Andere Kommunen wie das klamme Cottbus können das nicht. Aber anstatt für landesweit gerechte Verhältnisse zu sorgen, fühlt sich Rot-Rot derzeit selbst ungerecht behandelt. Wie jüngst im Landtag, als die Vertreter von SPD und Linke geradezu beleidigt auf die wiederholten Forderungen der Opposition nach der dritten Betreuungsstufe reagierten. Ein Jahr vor der Landtagswahl hat sich Rot-Rot offenbar mehr Lob für die bereits geleisteten Verbesserungen des Personalschlüssels erhofft. Vor allem wünschte man sich wohl mehr Wählereuphorie hinsichtlich der Einführung eines beitragsfreien Kitajahres. Wohlgemerkt: Für die Eltern ist das ein schönes Geschenk und gutes Signal. Kitas sind Bildungseinrichtungen – und Bildung soll nicht vom Geld der Eltern abhängen.

Dass Eltern und Erzieher nun am Mittwoch trotzdem vor den Landtag ziehen, ist nicht undankbar. Im Gegenteil. Es ist konsequent. Engagierte Eltern haben nicht nur in Potsdam viel erstritten für Verbesserungen in den Kitas. Das beitragsfreie Kitajahr zählt auch dazu. Eltern wollen während ihrer Arbeitszeit aber auch sichergestellt wissen, dass ihre Kinder – die Erwerbstätigen von morgen – nicht nur verwahrt werden, sondern eben tatsächlich gute Bildung erfahren. Darüber sollte sich das, Zitat Koalitionsvertrag, „Land des sozialen Aufstiegs“ freuen. Und das Schmollen endlich einstellen.

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