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Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD).

© R. Hirschberger/dpa

Dienstwagenaffäre des früheren Büroleiters von Woidke: Hat Schröter eine Strafverfolgung vereitelt?

In der Dienstwagenaffäre des früheren Büroleiters von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke schritt das Innenministerium nicht ein, obwohl es Hinweise aus dem eigenen Haus auf mögliche Straftaten gab. Nun prüft die Staatsanwaltschaft den Fall.

Potsdam - Die Kriminalitätsbekämpfung ist eine der Kernaufgaben von Innenministerien in der Bundesrepublik – so auch in Brandenburg. Gibt es Hinweise auf Straftaten, schaltet auch das seit 2014 von Karl-Heinz Schröter (SPD) geführte Innenministerium in Potsdam die Strafverfolgungsbehörden ein. So ist es üblich und die Pflicht eines Innenressorts, ohne Unterschiede beim Ansehen einer betroffenen Person zu machen.

Doch in der Dienstwagenaffäre des früheren Büroleiters von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und stellvertretenden Landesbranddirektors Carsten Pranz machte das Innenministerium offenbar über Monate eine Ausnahme. Es schritt trotz Hinweisen aus dem eigenen Haus auf mögliche Straftaten zunächst nicht ein.

Innenministerium vereitelt mögliche Strafverfolgung

Zumindest bei einem möglichen Straftatbestand ist nach PNN-Recherchen die mögliche Strafverfolgung vom Innenministerium – ob mit Vorsatz oder nicht – praktisch sogar vereitelt worden. Denn ob dieser Straftatbestand begangen worden ist, kann die erst im Mai von Schröter wegen „des Verdachts möglicher strafrechtlicher Tatbestände im Zusammenhang mit der Fahrzeugnutzung“ eingeschaltete Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) nicht mehr überprüfen. Und sie kann dem möglichen Verdacht, dass Pranz auf Steuerzahlerkosten seinen Dienstwagen auch privat genutzt haben soll, gar nicht mehr mit dem gesamten Instrumentarium des Strafgesetzbuches nachgehen.

Zentraler Anhaltspunkt für die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) ist der intern im Innenressort vorgelegte „Abschlussbericht zur Plausibilitätsprüfung von Fahrtenbüchern“. Doch der stammt vom September 2015. Für den Straftatbestand „Unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs“ ergab sich aus dem Bericht zumindest ein Verdacht. Aber das Innenministerium ging dem nicht nach. Vielmehr hielt es über Monate sogar still.

Auch wenn das Innenministerium jeden Zusammenhang bestreitet: Erst auf dem Höhepunkt der Dienstwagenaffäre von Ex-Justizminister Helmuth Markov (Linke) ging es gegen die seit 2011 andauernde fragwürdige Praxis bei den Dienstwagen des Landesbranddirektors und seiner Stellvertreter vor. Schröter zog Ende April auch den Audi Q5 von Pranz ein. Woidke schickte seinen Büroleiter zurück ins Innenministerium, wo der den Asylstab übernahm.

Ein Anfangsverdacht auf Untreue und Betrug?

Jetzt prüft die Staatsanwaltschaft den Fall. Untersuchen kann sie aber nur noch, ob ein Anfangsverdacht auf Untreue und Betrug vorliegt. Beim möglichen Straftatbestand „Unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs“, für den bis zu drei Jahre Haft drohen, sind ihr die Hände gebunden, sie kann derlei nicht mehr verfolgen. Der Grund: Dieser Straftatbestand ist ein sogenanntes Antragsdelikt. Er wäre also nur auf Antrag des Innenministeriums verfolgt worden – wenn das Innenressort diesen rechtzeitig gestellt hätte. Denn dafür ist es nach PNN-Recherchen nun zu spät. Die Antragsfrist beträgt nach dem Strafgesetzbuch nur drei Monate – und zwar ab Beginn „des Tages, an dem der Berechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt“. Das war nach Ansicht der Staatsanwaltschaft spätestens im September mit Vorliegen des Abschlussberichtes im Innenministerium der Fall. Die Frist, um gegen unbefugten Gebrauch eines Fahrzeugs vorzugehen, ist damit bereits im Dezember 2015 verstrichen. Möglicherweise auch schön früher, denn immerhin im Juni 2014 startete das Innenministerium nach Hinweisen des Landesrechnungshofes seine „vertiefte Prüfung“.

Das Innenministerium erklärte auf PNN-Anfrage, der Abschlussbericht vom September sei nur ein Teil der Gesamtprüfung der Fahrzeugnutzung, die nun aber erst Ende April dazu geführt habe, dass Woidkes Büroleiter in seiner Funktion als stellvertretender Landesbranddirektor der Dienstwagen entzogen wurde. Andere Fragen ließ das Ministerium unter Hinweis auf das laufende Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) unbeantwortet. Etwa, ob und warum keine Strafverfolgung schon früher beantragt worden ist. Oder ob das Ministerium auch den Verdacht auf unbefugtes Nutzen eines Fahrzeugs sieht. Innenminister Schröter begründete in der vergangenen Woche im Innenausschuss des Landtags das Stillhalten des Ministeriums, selbst nachdem der Abschlussbericht vorlag, damit: Fürsorgepflicht des Dienstherrn für den Beamten.Alexander Fröhlich

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