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Uniformträger mit Politiker: Der damalige Landesbranddirektor Norbert Zoschke (von links) mit André Dreßler, dem damaligen Innenminister Dietmar Woidke und Carsten Pranz. Damals hatte Brandenburgs heutiger Ministerpräsident Woidke seinen späteren Büroleiter Pranz zum stellvertretende Landesbranddirektor ernannt.

© Ministerium des Innern Brandenburg

Dienstwagenaffäre in Brandenburg: Woidkes Ex-Büroleiter unter Verdacht - verspätet

Wieder eine Dienstwagenaffäre in Brandenburg: Drei Landesfeuerwehrchefs sollen ihre Dienstwagen zu Unrecht privat genutzt haben, darunter der bisherige Büroleiter von Ministerpräsident Woidke. Nun schaltete Innenminister Schröter die Staatsanwaltschaft ein. Eine Frage bleibt aber: Warum erst jetzt?

Potsdam - Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) hat in der Dienstwagenaffäre um den bisherigen Büroleiter von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) eingeschaltet. Die prüft nun, ob Anfangsverdacht besteht und sie Ermittlungen aufnimmt, wie ein Behördensprecher sagte. Unterlagen zu dem Fall lägen noch nicht vor. Der Verdacht: Woidkes enger Vertrauter und vor Kurzem ausgetauschter Büroleiter Carsten Pranz soll als Vize-Landesbrandmeister seinen Dienstwagen zu Unrecht privat genutzt und die Fahrtenbücher nicht korrekt geführt haben. Zudem besteht der Verdacht, dass er den Vorteil durch die Privatfahrten nicht versteuert haben könnte.

Innenministerium fand Anhaltspunkte für für Straftaten

Bei einer internen Prüfung stieß das Innenministerium nun auf Unregelmäßigkeiten bei den Fahrtenbüchern und der privaten Nutzung der Dienstwagen des 2014 ausgeschiedenen Landesbranddirektors Norbert Zoschke und der amtierenden Stellvertreter, darunter Woidkes bisheriger Büroleiter. Schröter sagte am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags, es seien Anhaltspunkte für „strafrechtlich relevante Tatbestände“ gefunden worden. „Deshalb gehen wir einen Schritt weiter, um wirklich keine Dinge irgendwo unberücksichtigt zu lassen“, so Schröter. „Das erledigt jetzt die Staatsanwaltschaft.“

Es gehe um ernste Vorwürfe, heißt es intern

Dass Schröter den Fall an die Staatsanwaltschaft übergeben hat, könne als klares Zeichen gewertet werden, wie ernst der Minister die Vorwürfe nimmt, hieß es aus seinem Umfeld. Wenn das für die Polizei zuständige Ressort einen Fall aus den eigenen Reihen – nämlich der Feuerwehr – an die Ermittlungs- und Anklagebehörde übergibt, seien die Vorwürfe ernst.

Schröter bemühte sich dennoch, den politisch brisanten Fall herunterzuspielen. Falls die Fahrtenbücher nicht korrekt geführt worden seien, sei das ein möglicher Straftatbestand, etwa Urkundenfälschung. „Der Umfang ist aber nicht erdrückend, gleichwohl gibt es hier viele Mutmaßungen und Vorverurteilungen“, sagte Schröter. Entweder werde nun „korrekt noch einmal nachgewiesen“, ob es Versäumnisse gab oder nicht, was er sich wünschen würde. Bei Pranz und dem anderen Stellvertreter käme neben den Unregelmäßigkeiten bei den Fahrtenbüchern noch die private Nutzung des Dienstwagens hinzu, die nach den Richtlinien des Landes nicht zulässig war. Intern heißt es, es gehe bei Pranz auch um private Fahrten von Familienmitgliedern mit dem Wagen.

Schon bei früheren Untersuchungen wurden Verstöße festgestellt

Fraglich ist, warum das Innenministerium erst jetzt einschreitet. Nach PNN-Recherchen gab es intern seit Jahren Hinweise auf die Unregelmäßigkeiten bei Pranz’ Dienstwagennutzung. Der Fall war bereits mehrfach von verschiedenen Stellen intern geprüft worden. Dabei hat sich der Verdacht gegen Pranz sogar erhärtet – doch an entscheidender Stelle schritt niemand ein, sondern deckte Pranz.

Vor zwei Wochen dann richtete Schröter eine Untersuchungsgruppe im Ministerium ein. Ein Ministeriumssprecher hatte danach auf PNN-Anfrage die früheren Prüfungen des Falls sogar eingeräumt. Er erklärte aber auch: Alle „bislang vorliegenden Teilergebnisse“ hätten „noch keine abschließende Bewertung ermöglicht“. Es sei noch einiges an Erforschung des Sachverhalts nachzutragen gewesen, der gesamte Zeitraum bis 2016 in den Blick genommen worden. Die Frage, wer dafür verantwortlich ist, dass trotz klarer Ergebnisse vormaliger Prüfungen nicht schon früher gegen Woidkes Ex-Büroleiter eingeschritten wurde, blieb unbeantwortet.

Ein Audi Q5, Baujahr 2011, samt Blaulicht und Landeswappen

Schröter hatte die Dienstwagen Mitte April, auf dem Höhepunkt der Dienstwagenaffäre von Ex-Justizminister Helmuth Markov (Linke) eingezogen. Um Woidke nicht zu beschädigen, wurde Pranz Anfang Mai ins Innenministerium versetzt, wo er den Koordinierungsstab Asyl leitet.

Pranz war im April 2011 von Woidke, damals Innenminister, zum Stellvertretenden Landesbranddirektor ernannt worden, es ist ein sogenanntes Amt als Ehrenbeamter. Wenige Monate später, im August 2011, war Pranz und dem zweiten Landesfeuerwehr-Vize per Erlass des Innenministeriums ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt worden, zunächst ein Mercedes-Benz E-Klasse, Baujahr 1991, ab Anfang 2015 – erst war Pranz Büroleiter im Sozialministerium, wurde 2012 Referatsleiter für Brand- und Katastrophenschutz im Innenministerium und im November 2013 Woidkes Büroleiter – ein roter Feuerwehr-Audi Q5, Baujahr 2011, samt Blaulicht und Landeswappen.

Woidke selbst war nach eigener Aussage nicht damit befasst. Stattdessen übernahm Staatskanzleichef Rudolf Zeeb jüngst die Verantwortung für den Vorgang. Er hatte die entsprechende Richtlinie nicht mit dem zuständigen Finanzministerium abgestimmt.

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