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Andreas Geisel (SPD), Stadtentwicklungssenator.

© dpa / Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Update

Pannenwahl in Berlin: Geisel übersteht Missbilligungsanträge – Spranger kündigt viele Änderungen an

Am Donnerstag haben die Berliner Abgeordneten über die Chaoswahl debattiert. Im Fokus dabei: der damalige Innensenator Andreas Geisel.

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Berlins Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) hat zwei Anträge auf Missbilligung beziehungsweise Entlassung durch CDU und AfD im Berliner Abgeordnetenhaus überstanden. Beide Parteien hatten zuvor mit Nachdruck personelle Konsequenzen des ehemaligen Innensenators nach den Wahlpannen vor einem Jahr verlangt.

Der Antrag der CDU, der Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) zu einer Entlassung von Geisel aufforderte, wurde in geheimer Abstimmung mit 38 Ja-Stimmen, 80 Nein-Stimmen und 11 Enthaltungen abgelehnt. CDU-Fraktionschef Kai Wegner forderte Geisel zuvor am Donnerstag in einer Parlamentsdebatte im Abgeordnetenhaus auf, „Verantwortung“ für das Desaster am 26. September 2021 zu übernehmen. Er meinte damit Geisels Rücktritt, sprach das Wort aber nicht aus.

Für den Fall, dass Geisel dem nicht nachkommen sollte, forderten sowohl Wegner als auch AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker die Entlassung Geisels durch die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Er habe als der für Wahlen zuständige Senator bereits im Vorfeld vorliegende Hinweise und Warnungen auf Probleme ignoriert und trage damit eine wesentliche Mitschuld an dem Wahldebakel, meinten beide Politiker.

Anschließend an die Debatte stimmte das Abgeordnetenhaus über einen Missbilligungsantrag ab. In geheimer Abstimmung votierten 124 Abgeordnete gegen einen entsprechenden Antrag der AfD, 12 stimmten dafür, es gab keine Enthaltungen.

Die AfD schreibt Geisel eine Mitverantwortung an den Wahlpannen vor einem Jahr zu. In dem Antrag forderte die Fraktion, Geisel deswegen das Misstrauen auszusprechen, sowie seine Entlassung. Auch die oppositionelle CDU brachte einen Antrag in das Parlament ein, in dem Geisels Entlassung gefordert wird. Darüber sollte am Nachmittag abgestimmt werden.

Geisel argumentierte in den vergangenen Tagen unter anderem, dass das Berliner Wahlrecht der Innenverwaltung keine unmittelbaren Eingriffsbefugnisse auf die Vor- oder Nachbereitung der Wahl gebe. Einen Rücktritt lehnt er bislang ab.

Innensenatorin kündigt viele Änderungen bei Wahlvorbereitung an

Berlins Innensenatorin Iris Spranger hat derweil erneut Änderungen bei der Vorbereitung und Durchführung von Wahlen angekündigt. Die SPD-Politikerin nannte am Donnerstag im Abgeordnetenhaus eine bessere Logistik bei der Verteilung von Stimmzetteln, die Ausstattung jedes Wahllokals mit drei bis vier statt zwei Wahlkabinen, einheitliche Verfahren zur Anwerbung und Schulung von Wahlhelfern und klarere Vorgaben zur Übermittlung von Wahlergebnissen.

Geplant sei zudem eine „kontinuierliche Kommunikationsstruktur“ zwischen dem neuen Landeswahlleiter Stephan Bröchler, den Bezirkswahlleitungen und der Innenverwaltung, um Wahlverfahren zu standardisieren und zu professionalisieren. Auf Landesebene werde ein Landeswahlamt geschaffen, so Spranger weiter. In den Bezirken sollen die dortigen Wahlämter demnach dauerhaft mit einem festen Mitarbeiterstamm arbeiten.

Wie Spranger hinzufügte, will sie kurz- und mittelfristig auch mehrere Rechtsänderungen angehen, darunter am Wahlgesetz und der Landeswahlordnung. Dabei gehe es unter anderem darum, die Aufgabenverteilung zwischen allen Beteiligten klarer zu beschreiben. Ziel aller Maßnahmen sei sicherzustellen, „dass Berlin für künftige Wahlen zukunftssicher aufgestellt ist“, so Spranger. Die Durchführung von Wahlen sei eine gesamtstädtische Aufgabe.

Verfassungsgericht zieht komplette Wahlwiederholung in Betracht

Das Berliner Verfassungsgericht hatte bei einer mündlichen Verhandlung über Einsprüche gegen die Wahl am Mittwoch vergangener Woche gerügt, es habe bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl im September 2021 eine Vielzahl schwerer Wahlfehler gegeben.

Dazu zählen aus Sicht der Richter:innen zu wenige Wahlurnen genauso wie fehlende, falsche und sogar kopierte Stimmzettel oder flächendeckendes Wählen noch nach 18 Uhr. Die Wahlfehler sind nach einer vorläufigen Einschätzung des Verfassungsgerichts so schwerwiegend, dass eine komplette Wiederholung der Wahl erforderlich sei. Das Urteil des Berliner Verfassungsgerichts zur Wahlwiederholung soll am 16. November verkündet werden. (dpa)

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