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© dpa/Annette Riedl

Mann saß wegen Raubes und 23 Gramm Gras ein: Berliner nach Cannabis-Legalisierung vorzeitig aus Haft entlassen

Seine Strafe von drei Jahren und neun Monaten hat ein 28-jähriger Berlin fast abgesessen. Nun kommt er dank Cannabisgesetz ein paar Wochen früher frei.

Die Amnestieregelung des Cannabisgesetzes hat in Berlin zur vorzeitigen Entlassung eines verurteilten Straftäters aus dem Gefängnis geführt. Nur wegen Cannabisdelikten einsitzende Straftäter, die durch das seit Anfang April geltende Gesetz hätten freikommen können, gab es nicht. Das hat die Prüfung von rund 5900 Verfahren ergeben, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Berlin dem Tagesspiegel am Freitag sagte.

Zumindest kam dank der Amnestieregelung ein 28-jähriger Berliner ein paar Wochen früher frei als geplant. Er war wegen schweren Raubes und dem bis Ende März noch verbotenen Besitz „nicht geringer Mengen“ Cannabis zur Haft verurteilt worden. Beide Taten führten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten Haft.

Konkret ging es um 23 Gramm Gras. Doch seit Inkrafttreten des Cannabisgesetzes am 1. April dürfen Erwachsene in der Öffentlichkeit bis zu 25 Gramm der Droge mit sich führen, zu Hause sind maximal 50 Gramm erlaubt. Die Freiheitsstrafe des entlassenen Häftlings sei ohnehin bald vollstreckt gewesen, sagte die Sprecherin. Mitte April wäre er entlassen worden. Wegen der Amnestieregelung kam er nun schon Ende März frei.

Staatsanwaltschaft muss 6000 Verfahren prüfen

Grund ist eine Amnestieregelung für Altfälle, die im Cannabis-Gesetz vorgesehen ist. Demnach müssen begangene Taten, die bisher strafbar, aber seit dem 1. April erlaubt sind, überprüft werden.

In Berlin muss die Staatsanwaltschaft den Angaben der Sprecherin zufolge fast 5900 Verfahren einzeln durchsehen. Seit März sind Fälle auf mögliche Amnestiefolgen geprüft worden, zunächst jene, in denen es Hafturteile, Haftbefehle, Fahndungen oder Ersatzfreiheitsstrafen gab, die verhängt werden, wenn Verurteilte Geldstrafen nicht zahlen können. Allein mit all diesen Verfahren waren neun Rechtspfleger mit 860 Arbeitsstunden und neun Staatsanwälte mit 540 Arbeitsstunden befasst.

Dabei werde überprüft, ob rechtskräftige Urteile ganz oder teilweise unter die Amnestie fielen. Konkret geht es um knapp 3300 Verurteilungen zu Freiheitsstrafen, rund 2500 Verurteilungen zu Geldstrafen und etwa 100 sonstige Gerichtsentscheidungen.

Laut Polizei keine besonderen Vorkommnisse seit Legalisierung

Inzwischen sei die Prüfung für knapp 60 Prozent der Fälle abgeschlossen, hieß es. Rund 3500 eilbedürftige Verfahren seien bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes überprüft worden. Dazu zählen Verfahren, in denen aktuell eine Freiheitsstrafe vollstreckt wird oder eine entsprechende Fahndung mit Haftbefehl zur Strafvollstreckung läuft.

Von diesen Verfahren seien 455 als „potenziell relevant“ für die Amnestieregelung eingestuft worden. Das sind 13 Prozent der bislang geprüften 3500 Fälle. „Die Akten müssen also dem zuständigen Gericht übersandt werden, das dann den Strafausspruch entsprechend abändern muss“, sagte die Sprecherin. Jetzt sind noch rund 2500 Fälle zu prüfen, in denen zumeist eine Geldstrafe verhängt wurde. „Der Aufwand, dies alles umzusetzen, ist enorm“, erklärte die Sprecherin.

Seit dem Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes führt die Berliner Polizei nach Aussagen eines Sprechers verdachtsabhängig immer wieder Kontrollen bei Autofahrern durch. Besondere Vorkommnisse oder Auffälligkeiten seien bislang nicht bekannt. Eine richtige Bilanz werde aber in „höchstens einem Jahr“ erfolgen. Bislang mache sich die Teillegalisierung aber nicht wirklich bemerkbar: „Es scheint, als gehe das Leben seinen bisher gewohnten Gang“, sagte der Polizeisprecher.

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