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Der Mangel an Lehrkräften ist in Berlin ein Dauerproblem. 

© dpa/Sebastian Gollnow

Kritik an schwarz-roten Plänen: Eltern- und Gewerkschaftsvertreter zweifeln an Maßnahmen gegen Lehrermangel in Berlin

Der Mangel an Lehrkräften ist in Berlin ein Dauerproblem. Ob CDU und SPD die Lösung dafür haben, wird von vielen Seiten bezweifelt.

Eltern- und Gewerkschaftsvertreter bezweifeln, dass die von CDU und SPD geplanten Maßnahmen gegen den chronischen Lehrkräftemangel an Berliner Schulen ausreichen werden. „Immerhin gibt es im Koalitionsvertrag ein Bekenntnis zur Zielzahl von 2500 Lehrkräften pro Jahr, die die Hochschulen in Berlin ausbilden müssen“, sagte der Geschäftsführer der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) Berlin, Markus Hanisch.

Doch selbst wenn das klappen sollte, reiche es nicht. „Um den Bedarf zu decken, brauchen wir 3000 Lehrkräfte im Jahr und eine echte Ausbildungsoffensive. Wir hätten uns gewünscht, dass die Koalitionäre diese Realität auch endlich anerkennen.“

Um dem Lehrkräftemangel entgegenzuwirken, sei entscheidend, die Studienbedingungen an den Universitäten zu verbessern und Lehrkräfte zu entlasten, damit der Beruf attraktiver wird. „Dies kann unter anderem durch die Einstellung von Verwaltungspersonal, IT-Kräften und pädagogischen Assistenzen erfolgen und durch die Reduzierung nicht unbedingt nötiger Aufgaben“, so der GEW-Geschäftsführer.

Auch der Landeselternausschuss ist mit den Vereinbarungen der beiden Parteien nicht zufrieden: „Wir setzen große Hoffnungen darauf, dass es beim Lehrkräftemangel Verbesserungen gibt“, sagte dessen Vorsitzender Norman Heise der Deutschen Presse-Agentur. „Aber nachdem wir den Entwurf zum Koalitionsvertrag gelesen haben, sind die infrage gestellt.“ Negativ bewerten die Elternvertreter etwa, dass die bundesweite Diskussion um den Lehrermangel ausgeblendet werde.

Das Einzige, was man liest, ist, dass man Unterrichtsausfall vermeiden möchte. Das klingt für uns wie ein qualitativer Rückschritt.

Norman Heise, Vorsitzender des Landeselternausschusses

Das Thema Staatsvertrag zur verbindlichen Lehrkräfteausbildung in allen Bundesländern tauche in den Absprachen der beiden Parteien, die künftig zusammen regieren wollen, gar nicht auf. „Das Einzige, was man liest, ist, dass man Unterrichtsausfall vermeiden möchte. Das klingt für uns wie ein qualitativer Rückschritt“, sagte Heise.

Hinzu kommt, dass Berlins Schulen nach Einschätzung des Philologenverbands eine Abwanderung zahlreicher Seiteneinsteiger nach Brandenburg droht. Das sei ein Problem, das im Koalitionsvertrag von CDU und SPD noch gar nicht auftauche, sagte die Vorsitzende des Verbands in Berlin und Brandenburg, Kathrin Wiencek, der Deutschen Presse-Agentur. „Wenn Brandenburg die Verbeamtung der Seiteneinsteiger im Landtag durchbringt, dann werden uns die Seiteneinsteiger in Berlin in Scharen wegrennen, die wir schon länger im Dienst haben.“

Für als Angestellte beschäftigte Seiteneinsteiger liege die Überlegung nahe zu kündigen, wenn Brandenburg eine Verbeamtung ankündigte. „Das hat natürlich eine Sogwirkung“, sagte Wiencek. „Und wir haben unheimlich viele Seiteneinsteiger in Berlin.“ In den vergangenen Jahren war die Mehrzahl der jeweils neu eingestellten Lehrkräfte Seiteneinsteiger, hatte also keinen Abschluss in einem Lehramtsstudium.

Die Brandenburger Landesregierung hat Mitte Februar einem Gesetzentwurf zugestimmt, der ermöglichen soll, Seiteneinsteiger mit einem Bachelorabschluss im Schuldienst als Beamte zu übernehmen. Bisher ist das nur mit einem Hochschuldiplom oder Masterabschluss möglich.

Auch aus Sicht des Philologenverbands ist deshalb zweifelhaft, ob die von CDU und SPD geplanten Maßnahmen gegen den Lehrkräftemangel an den Schulen in der Hauptstadt ausreichen. „Kurzfristig kann niemand etwas dagegen erreichen, weil das ein bundesweites Problem ist“, sagte Wiencek. „Wir schieben das Tischtuch von rechts nach links und von oben nach unten.“ Immerhin sei die Rückkehr zur Verbeamtung in Berlin ein Schritt, der helfe, die Abwanderung von Lehrkräften in andere Bundesländer zu verhindern. Die Entscheidung dazu hatte schon Rot-Grün-Rot getroffen. (dpa)

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