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© dpa/Kay Nietfeld

Update

„Ich bin darüber hoch verärgert“: Berlins Innensenatorin kritisiert Kreuzberg für Myfest-Absage

Mit dem Myfest wurde die Lage am 1. Mai in Kreuzberg über Jahre weitgehend beruhigt. Nun fällt das Straßenfest erneut aus. Innensenatorin Spranger attackiert den Bezirk.

| Update:

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg mit harschen Worten für die erneute Absage des MyFests rund um die Oranienstraße kritisiert. „Ich bin darüber hoch verärgert“, sagte Spranger am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Für den 1. Mai kündigte die Innensenatorin zudem ein „konsequentes Einschreiten“ gegen Gewalt an.

Seit Anfang der 2000er-Jahre war mit dem von Anwohnern, Initiativen und Unternehmern organisierten Straßenfest die Lage in Kreuzberg weitgehend beruhigt worden – mit weniger Gewalt am 1. Mai. Bereits 2023 war das Fest abgesagt worden, zuvor war es wegen der Coronapandemie mehrfach ausgefallen.

Die Veranstalter beklagten bereits die mangelnde Verständigung mit dem von den Grünen geführten Bezirksamt und warfen Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) laut „Taz“ vor, „kein Interesse“ an der Veranstaltung zu haben. Sie agiere mit „formalen und unglaubwürdigen Finessen“. Hingegen begrüße die Polizei die Veranstaltung als Chance zur Befriedung.

Anwohner beklagten zunehmend Müll und Lärm

Zur Wahrheit gehört auch: Einige nehmen das MyFest wie eine Ballermann-Party wahr. Herrmann sagte bereits vor Jahren, aus ihrer Sicht sei das Fest zu voll und zu laut. Anwohner beklagten zunehmend Müll und Lärm.

Im Vergleich zu anderen Bezirken gebe es am 1. Mai in Friedrichshain-Kreuzberg zu wenige Veranstaltungen mit präventivem Charakter, sagte Spranger. „Das gehört zu unserer Stadt dazu. Es ist traurig, dass andere Bezirk das hinbekommen, Friedrichshain-Kreuzberg aber nicht.“

Das Geld ist da, das Konzept auch.

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) zu Kulturveranstaltungen am 1. Mai

Die Begründung der Bürgermeisterin, die Anwohner wollten das Fest nicht mehr, „finde ich etwas dünn“, sagte die Innensenatorin. „Und dass es laut ist, war in Friedrichshain-Kreuzberg noch nie anders. Es wird immer laut sein, egal in welcher Hinsicht.“

Briefwechsel zwischen Innensenatorin und Kreuzberger Bürgermeisterin

Zum Myfest-Streit liegt dem Tagesspiegel auch ein Briefwechsel zwischen Spranger und Herrmann vor. Am 8. April erinnerte Spranger die Bezirksbürgermeisterin daran, dass in ihrem Budget eigens für dieses Jahr 265.000 Euro für die „Planung und Durchführung diverser kultureller Veranstaltungen im Rahmen eines Deeskalationsprogrammes zum 1. Mai“ bereitstehen. Spranger sagte am Montag: „Das Geld ist da, das Konzept auch.“

Herrmann antwortete am 10. April: „Stand heute sind die Mittel komplett verplant und werden voraussichtlich verausgabt.“ Der Fokus des Bezirksamtes liege auf dem Böcklerpark und dem Görlitzer Park, „um durch Sauberkeit und Ordnung ein friedliches und entspanntes Umfeld zu schaffen“. Auch gebe es politische Veranstaltungen. An allen Orten führe der Bezirk „Sonderreinigungen“ durch und stelle Toiletten auf.

Herrmann zeigte sich auch irritiert, weil sie bereits im Dezember um ein Gespräch zum 1. Mai gebeten habe und die Innenverwaltung sich wegen der Terminplanung melden wollte. „Eine Rückmeldung steht bisher noch aus“, schrieb Herrmann.

Berlins Innensenatorin Iris Spranger hat für den 1. Mai ein „konsequentes Einschreiten“ gegen Gewalt angekündigt.
Berlins Innensenatorin Iris Spranger hat für den 1. Mai ein „konsequentes Einschreiten“ gegen Gewalt angekündigt.

© IMAGO/aal.photo/IMAGO/JONAS GEHRING

Die Grünen bezweifeln ohnehin, ob das MyFest tatsächlich noch zur Befriedung des 1. Mai beiträgt. Auf eine Anfrage des Abgeordneten Vasili Franco erklärte die Innenverwaltung im vergangenen Jahr zum MyFest, das bis dahin zum vierten Mal ausgefallen war: „Messbare Auswirkungen auf die polizeiliche Lagebewältigung konnten im Ergebnis nicht festgestellt werden. Ungeachtet dessen hatte das MyFest seit Gründung zu einem zunehmend positiven Verlauf des 1. Mai beigetragen.“

Mit Blick auf den Tag der Arbeit erklärte Innensenatorin Spranger zudem im Innenausschuss: Es werde versucht, den 1. Mai wie in den vergangenen Jahren „friedlich hinzubekommen und Gewalt vorzubeugen“.

Schwerpunkte am 1. Mai seien die Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), die linke Demonstration im Grunewald und die Revolutionäre 1. Mai Demonstration. Bei Letzterer wird auch der Nahostkonflikt eine Rolle spielen. „Wir werden sehr sensibel mit der aktuellen Lage umgehen“, sagte Spranger.

Tatsächlich sind auch Gruppen an der Demonstration beteiligt, die seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober durch israelfeindliche Aktionen in Berlin aufgefallen sind. Die linke und linksextrem Revolutionäre 1. Mai Demonstration soll um 18 Uhr am Südstern in Kreuzberg beginnen und dann nach Neukölln zum Hermannplatz und durch die Karl-Marx-Straße und Sonnenallee wieder zurück zum Südstern ziehen. 

Die Veranstalter veröffentlichten am Montag ihren Aufruf: „Konzerne enteignen! Kriegstreiber entwaffnen! Kapitalismus zerschlagen!“. Kritisiert wurde unter anderem eine angebliche „Kriegsstimmung in Deutschland“. Zum Terrorangriff auf Israel und dem Krieg in Gaza hieß es, 40.000 ermordete Palästinenser und Palästinenserinnen „stellen nicht zuletzt auch die Bundesregierung an den Pranger, welche die Waffenlieferungen an Israel erhöht“.

Betont wurde: „Neukölln als Austragungsort des diesjährigen 1. Mai ist dabei eine bewusste politische Entscheidung.“ In Neukölln hatte es nach dem Angriff auf Israel und dem israelischen Krieg im Gaza-Streifen heftige palästinensische Proteste gegeben. Die islamistische Terrororganisation Hamas wird in dem Aufruf zum 1. Mai nicht erwähnt. (mit dpa)

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