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Rübergemacht. Mit der Öffnung der Grenzen von Ungarn nach Österreich begann im Sommer 1989 der große Flüchtlingsstrom von DDR-Bürgern Richtung Westen

© dpa

Das Flüchtlingsproblem von gestern: "Das Fass läuft über"

Täglich kamen tausende ins Land. Rommel warnte vor einem "nationalen Notstand". Unser Autor erinnert an einen dramatischen Herbst.

Genau 29 Jahre ist es her, da drohte die Migrationspolitik hierzulande zur Mutter aller Probleme zu werden. In West-Berlin gab es Proteste gegen Flüchtlingsunterkünfte. Sozialsenatorin Ingrid Stahmer mahnte die Menschen, die unaufhaltsam ins Land strömten, einen Bogen um die Stadt zu machen. Überall fehlte es an Wohnungen, Kindergartenplätzen, Lehrern. Stuttgarts Oberbürgermeister Manfred Rommel sprach von einem „nationalen Notstand“. Auf dem Bundeskongress des Deutschen Roten Kreuzes rief Kanzler Helmut Kohl dazu auf, die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern zu verbessern, damit die Unzufriedenen sich gar nicht erst auf den Weg machten. „Wir wollen, dass sie in ihrer angestammten Heimat ihr Leben führen können.“

570.000 Zuzügler in einem Jahr - ein "Nährboden für Radikale"

Natürlich müsse Solidarität mit den Notleidenden für eine Wohlstandsgesellschaft „selbstverständlich sein“, so Kohl. Aber es könne „keine Lösung der deutschen Frage sein“, dass allein in diesem Jahr 1989 schon 150 000 Menschen aus der DDR in die Bundesrepublik geflohen seien. „Das Fass läuft über“, schrieb der sonst für seine Besonnenheit bekannte „Spiegel“. Bis Jahresende wurde mit 570.000 Zuzüglern aus der DDR, aus Polen, Rumänien und der Sowjetunion gerechnet – das sei ein „Nährboden für Radikale“, hieß es. Und das war nur der Anfang.

Ein paar Tage später fiel die Mauer.

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