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Aus Protest gegen die Lage in der Branche bleiben Hunderte Apotheken in Ostdeutschland am Mittwoch geschlossen.

© dpa/Marijan Murat

Pharmazeuten streiken am Mittwoch: Die meisten Berliner Apotheken bleiben geschlossen

Die Pharmazeuten streiken, weil sie finden, dass sie zu wenig Geld für ihre Medikamente bekommen. Die Notversorgung ist laut der Gesundheitsverwaltung aber sichergestellt.

Diesen Mittwoch werden die meisten Apotheken in Berlin geschlossen bleiben. Die Inhaber:innen protestieren gegen Kostensteigerungen, Mehraufwand infolge von Lieferengpässen und die seit Jahren nicht gestiegenen Honorare, die sie für Arzneimittel von den Krankenkassen erhalten.

„Der Frust in den Apotheken ist riesengroß, wir gehen deshalb von einer hohen Beteiligung aus“, sagt Stefan Schmidt, Sprecher des Berliner Apotheker-Vereins. Auch in den anderen ostdeutschen Bundesländern werden die Apotheken am Mittwoch streiken. Die zentrale Kundgebung findet in Dresden statt.

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Berliner Apotheken arbeiten am Mittwoch im Notdienst.

Die Gesundheitsverwaltung teilte dem Tagesspiegel mit, dass die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gewährleistet sei. 26 Notdienst-Apotheken werden geöffnet sein. Außerdem sei davon auszugehen, dass „von den übrigen Apotheken einige geöffnet haben und ihren Protest anders an die Öffentlichkeit tragen werden“.

8,35 Euro pro Arzneimittel

Schon im Sommer hatten Apotheken an einem Tag bundesweit geschlossen, weil sie den wirtschaftlichen Ruin fürchteten oder gegen sinkende Einnahmen protestieren wollten. Ein Streik im eigentlichen Sinne war jener und ist auch dieser Protest nicht, es gibt keinen Tarifstreit zwischen einer Arbeitgeber- und einer Arbeitnehmerseite, denn Apotheker:innen sind Selbstständige.

Sie finanzieren sich maßgeblich über die Honorare für Medikamente. Deren Höhe können sie nicht selbst festlegen, sie ist gesetzlich geregelt. Derzeit erhalten Apotheken für verschreibungspflichtige Arzneimittel einen Fixbetrag von 8,35 Euro. Seit 2013 ist dieser nicht angepasst worden.

Die Kassen argumentieren, dass Apotheken nicht nur die Pauschale, sondern auch drei Prozent vom Einkaufspreis erhielten. Weil Medikamente in den vergangenen Jahren immer teurer geworden seien, hätten sich auch die Einnahmen der Apotheken erhöht. Den Preis für rezeptfreie Arzneien könnten sie zudem selbst bestimmen.

Die Apotheken halten entgegen, dass ihre laufenden Kosten unter anderem durch Energiekrise und Inflation gestiegen seien. Sie fordern die Anpassung des Fixbetrags auf zwölf Euro.

19 weniger Filialen in diesem Jahr

Aufgrund der niedrigen Honorare und der Kostensteigerungen befänden sich viele Apotheken mittlerweile in einer schlechten finanziellen Lage, sagt Stefan Schmidt vom Berliner Apotheker-Verein. Allein dieses Jahr hätten in der Hauptstadt schon 19 Apotheken dichtgemacht.

Er warnt daher vor einer sich beschleunigenden „Schließungswelle“: „Es gibt Stadtteile, in denen die Leute lange Wege in Kauf nehmen müssen, weil es in ihrer Umgebung keine Apotheken mehr gibt“.

Auch die Gewerkschaft der Apotheken-Angestellten, kurz Adexa, beobachtet ein Apothekensterben. Sie vertritt etwa Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte (PKA) und Pharmazeutisch-technische Assistent:innen (PTA). Weil diese Jobs mittelbar von der Höhe der Honorare abhängig sind, hat die Gewerkschaft ihre Mitglieder aufgerufen, sich an dem Protest zu beteiligen.

Wichtiger als die Honorare sind der Gewerkschaft jedoch die Gehälter der angestellten Berufsgruppen. Bundesvorstand Andreas May sagt, es brauche mehr Abstand zum Mindestlohn: „Die PKA liegen derzeit im ersten bis zweiten Berufsjahr nur fünf Cent über den ab Januar 2024 geltenden 12,41 Euro pro Stunde.“ Adexa fordert deshalb 10,5 Prozent mehr Gehalt ab 2024.

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