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Homepage: Vorsicht Zimt!

Der Potsdamer Ernährungstoxikologe Prof. Pablo Steinberg rät, Zimt nur in Maßen zu sich zu nehmen

Auch das noch. Dass fettes Fleisch, Kartoffelchips und Alkohol ungesund sind, ist bekannt. Doch jetzt schlagen die Ernährungsforscher auch beim Zimt Alarm. Übermäßiger Verzehr könne zu Leberschäden führen, heißt es. Nur Panikmache? Keineswegs, erklärt Prof. Pablo Steinberg vom Lehrstuhl für Ernährungstoxikologie der Universität Potsdam. Schon im vergangen Jahr hatte sich gezeigt, dass der Einsatz des Stoffes Cumarin in der Medizin bei einem geringen Prozentsatz der Patienten zu Leberentzündungen führen kann. Und dieses Cumarin wurde nun auch in zimthaltigen Lebensmitteln gefunden, zum Teil in extrem hohen Dosen.

Besonders Kinder sind von dem Giftstoff bedroht, so die Experten. Zuletzt waren im Januar 2006 in Nordrhein-Westfalen Zimtprodukte entdeckt worden, die 37-fach höhere Cumaringehalte aufwiesen als zugelasssen. Der Potsdamer Ernährungsforscher rät für die Weihnachtszeit nun zum eingeschränkten Verzehr von zimthaltigen Plätzchen. Erst für das kommende Jahr könnte die Lebensmitteltechnologie niedrigere Cumarin-Werte garantieren. „Die Frage, wieso die Industrie bislang nichts getan hat, obwohl das Problem seit diesem März bekannt ist, muss man allerdings stellen“, so Steinberg.

Der Stoff Cumarin kommt auf natürliche Weise im Zimt vor, vor allem im billigeren Cassia-Zimt aus China. Der feinere Ceylon-Zimt enthält weniger davon. Steinberg erklärt die hohe Cumarin-Konzentration im handelsüblichen Zimt einerseits damit, dass die große Nachfrage mit Ceylon-Zimt nicht gedeckt werden kann. „Zum anderen ist der Cassia-Zimt aber auch die würzigere Sorte. Zimtsterne bekommen durch ihn ihren typischen Geschmack.“

Der Potsdamer Ernährungstoxikologe rät aufgrund der bisherigen Erkenntnisse dazu, dass Kindern nicht mehr als zehn und Erwachsene nicht mehr als 40 Zimtsterne pro Woche verzehren sollten. Wohlgemerkt aber ohne weitere Zimtgaben durch Milchreis, Pudding, Glühwein, Müsli und so fort. Prof. Steinberg hat zusammen mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Empfehlungen bezüglich des gesundheitlichen Risikos, das von Cumarin in Lebensmitteln ausgeht, erstellt. Demnach gilt 0,1 Milligramm Cumarin pro Kilo Körpergewicht als unbedenklich, wenn man es ein Leben lang zu sich nimmt. Der Cumarin-Gehalt im Zimt ist allerdings in gemahlenem Zimt meist unbekannt. Nur bei den Zimtstangen, die zum Kochen verwendet werden, kann man den weniger belasteten Ceylon-Zimt erkennen: Im Querschnitt ähnelt die aufgerollte Rinde eher einer Zigarre, während der Cassia-Zimt wie ein dickes Stück Rinde aussieht.

Cumarin ist ein Stoff von angenehm würzigem Geruch, in sehr starker Verdünnung nach frischem Heu und Waldmeister riechend. Bereits 854 n. Chr. erwähnten Benediktinermönche es erstmals als Zutat einer Bowle. Cumarin ist ein natürlich vorkommender sekundärer Pflanzenstoff, der in vielen Gräsern, im Waldmeister, der Weichselkirsche, in Datteln sowie und eben auch in Zimt enthalten ist. Cumarin, und verwandte Stoffe, verursachen den typischen Heugeruch von trockenem Gras.

Aus dem Einsatz von Cumarin im Medizinbereich – bei Durchflusstörungen von Venen – ist bekannt, dass es schon bei relativ niedrigen Dosierungen bei einer kleinen Gruppe besonders sensibler Personen (rund ein Prozent) zu Leberschäden kommen kann, wenn die Medikamente über wenige Wochen verabreicht werden. Dabei kommt es in leichten Fällen zu einer Erhöhung der Leberenzyme im Blut, in schweren Fällen zu einer Entzündung der Leber, die sich als Gelbsucht bemerkbar machen kann. Der genaue Wirkmechanismus ist nicht bekannt, die Wirkung ist aber reversibel, das heißt das Krankheitsbild klingt ab, wenn der Stoff nicht mehr verabreicht wird.

Verbraucher, die in der Vergangenheit viel Zimt zu sich genommen haben, brauchen sich nach Auskunft von Prof. Steinberg keine Sorgen zu machen, dass ihre Leber bleibend geschädigt wurde. Bei Patienten, bei denen es durch die Gabe von Cumarin zu einer leichten bis mittelschweren Leberentzündung gekommen ist, hat sich die Leber innerhalb weniger Wochen nach Absetzen des Medikaments vollständig erholt. In Tierversuchen hat Cumarin in sehr hohen Mengen, die über lange Zeiträume verabreicht wurden, bei Ratten und Mäusen Krebs ausgelöst. Für den Menschen gibt es keine Hinweise auf eine cumarinbedingte Tumorentstehung.

Die Forscher raten nun zur Besonnenheit. Bislang ist noch kein Fall einer Schädigung durch Zimt in Lebensmitteln bekannt geworden, die Probleme traten ausschließlich im medizinischen Bereich auf. Problematisch dürften allerdings Zimt-Kapseln sein, die zur Senkung des Cholesterinspiegels angeboten werden. „Sie enthalten zum Teil beträchtliche Mengen an Cumarin“, so Prof. Steinberg. Und bislang ist nicht bekannt, welche Risikofaktoren dazu beitragen, dass einige Menschen besonders sensibel auf Cumarin reagieren. Wer jegliches Risiko ausschließen will, kann übrigens auf Indonesischen Zimt (Cinnamomum burmannii) umsteigen, der soll überhaupt kein Cumarin enthalten.

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