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Norbert Röttgen, CDU-Außenpolitiker

© dpa/Karlheinz Schindler

TV-Talk "Anne Will" zu Syrien: Erleichtert, nicht gefragt worden zu sein

Anne Will diskutiert mit ihren Gästen den Krieg in Syrien und den Umgang mit Russland. Einig sind sich alle, dass nach dem Bestrafen die Diplomatie folgen muss.

Die USA, England und Frankreich haben syrische Stellungen bombardieren lassen, angeblich nur solche, die für die Produktion von Chemiewaffen relevant waren. Ist das eine kluge Entscheidung gewesen oder ein eklatanter Bruch des Völkerrechts? Und warum hat Deutschland nicht mitgemacht, wo doch die Kanzlerin erst sagte, wir wären bewusst nicht dabei, um hinterher festzustellen, dass es gut gewesen sei, diese Angriffe durchzuführen? Und bringt das nun den Mittleren Osten dem Frieden näher oder uns eher einer gefährlichen Konfrontation der beiden Supermächte? Das ist thematisch eine gute Mischung für Anne Will, und wenn dann noch Leute in der Runde sitzen, die bewährte Quotenbringer sind, verspricht das eine interessante Stunde.

War es auch. Wolfgang Ischinger, der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, hatte schon vorher in einem DLF-Interview der Bundesregierung vorgeworfen, sie habe im Koalitionsvertrag viel von europäischer Führungsverantwortung geschwärmt, kneife aber, wenn es um die Sache geht. Anne Will erinnerte den eloquenten Ex-Topdiplomaten an seinen flotten Spruch, wonach Deutschland der weltbeste Trittbrettfahrer sei - und Ischinger zuckte nicht, sondern stand dazu, das werde wohl so gesehen.

Norbert Röttgen, der CDU-Politiker, der Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses ist, fand immerhin Erklärungen dafür, warum Deutschland nicht mitgemacht habe in der Bombennacht von Syrien: Man sei nicht gefragt worden, habe nichts zu bieten, was andere nicht auch hätten, und außerdem mangele es an der Fähigkeit - von der unausweichlichen Zustimmung des Bundestages mal ganz abzusehen.

Da fanden sich dann Ischinger, Röttgen und der prominente Linke, Jan van Aken, zusammen mit dem FDP-Mann Alexander Graf Lambsdorff: Auf den Einsatz von Chemiewaffen müsse man reagieren, das sei wohl unausweichlich gewesen, aber jetzt sei vor allem die Diplomatie gefragt, wobei doch die Frage bleibe, warum man es nicht erst damit, und allenfalls nach dem Scheitern der Verhandler mit Bestrafen versucht habe.

Vertrauen auf vernünftige Leute in Washington

Warum sind sich der Westen und Russland so fremd geworden? Für Ischinger ist Putin in einer schwierigen Lage, das Bruttosozialprodukt Russlands sei kleiner als das Italiens, ernsthaft könne er überhaupt keinen Krieg führen.

Und Golineh Atai, die Moskauer Korrespondentin der ARD, stellte ganz nüchtern fest, Russland habe kein Interesse mehr an einer Partnerschaft mit dem Westen, weil man sich enttäuscht fühlte (das verstand Ischinger), aber nun entscheide in Moskau der Großmachtanspruch, und anders als die USA würde Russland eben seine Verbündeten nicht fallen lassen - was sie gerade in Syrien demonstrierten.

Einig war man sich auch noch darin: Natürlich sei die Konfrontation gefährlich, aber die Gesprächskanäle zwischen Moskau und Washington seien intakt - und in den USA gebe es noch genügend vernünftige Leute, die zur Not den Twitterpräsidenten ausbremsen könnten.

Gerd Appenzeller

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