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Exklusiv

Plagiate in der Dissertation: Margarita Mathiopoulos verliert Doktor-Titel endgültig

Die Potsdamer Honorarprofessorin Margarita Mathiopoulos verliert wegen Plagiaten ihren Doktortitel - endgültig. Eine Klage wurde vor dem Europäischen Gerichtshof wurde abgelehnt.

Potsdam - Sie hatte sich in Deutschland einen Namen erarbeitet. Einst wollte sie sogar Willy Brandt zu seiner Parteisprecherin machen. Doch der Ruhm, der Margarita Mathiopoulos zuteil wurde, ist verflogen. Zumindest ein Stück weit. In der Öffentlichkeit fällt der Name ihr kaum noch, ohne dass man auf ihre Doktorarbeit zu sprechen kommt. Die nämlich war zu weiten Teilen ein Plagiat. In der Folge hat Mathiopoulos, die auch an der Universität Potsdam lehrt, ihren Doktortitel verloren – und zwar zu Recht. Das steht jetzt rechtskräftig fest.
Denn: Auch die höchstmögliche Instanz, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), hat die Klage von Mathiopoulos gegen den Titel-Entzug abgelehnt. Das bestätigte ein Gerichtssprecher auf PNN-Anfrage.

Damit endet eine jahrelange Odyssee durch den Instanzenzug der Gerichtsbarkeit. In der Sache hatte zuletzt im Sommer 2017 das Bundesverwaltungsgericht genau wie die Vorinstanzen entschieden, dass der Entzug des Doktortitels wegen umfangreicher Plagiate rechtmäßig gewesen ist. Anfechten lässt sich dieses Urteil jetzt – nach den beiden gescheiterten Klagen – nicht mehr.

Nun also darf sich Mathiopoulos nicht mehr „Doktor“ nennen. Das hat auch Auswirkungen auf ihre Karriere als Akademikerin. Denn: Der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät der Uni Potsdam hatte im Mai 2012 entschieden, dass Mathiopoulos gehen muss, sollte der Titel-Entzug rechtskräftig werden. Dasselbe hatte die Braunschweiger Uni angekündigt. Rechtskräftig geworden ist er zwar.

Ab nach Peking

Aber um eine harte Entscheidung – also die faktische Entlassung – kommt die Alma Mater in Potsdam nun wohl herum: Mathiopoulos wird ihre Honorarprofessur zum Ende des laufenden Wintersemesters von sich aus niederlegen. Stattdessen werde sie „ab Mai 2019 der Einladung zu einer zweijährigen Gastprofessur an einer Universität in Peking folgen“, teilte ihr Rechtsanwalt, das Linke-Urgestein Gregor Gysi, auf PNN-Anfrage mit.

Gysi ist empört

Zufrieden sind Gysi und Mathiopoulos naturgemäß mit der Entscheidung des EGMR nicht. Gysi empfindet seine Mandantin sogar als Opfer einer „beispiellosen akademischen Jagd“. Er behauptet: „In Wirklichkeit ging beim Kampf diverser ,Kollegen’ gegen ihre Kollegin Mathiopoulos nur vordergründig um den Plagiats-Vorwurf.“ Tatsächlich habe die „Diffamierung als Person, erfolgreiche Managerin, Unternehmerin und herausragende Wissenschaftlerin im Vordergrund“ gestanden. Er kommt zu dem Schluss: „Eine erfolgreiche Frau mit Migrationshintergrund ist immer noch in besonderer Weise Neid und Missgunst ihrer männlichen Konkurrenten ausgesetzt.“ So weit das Politische.

In seiner juristischen Argumentation setzt Gysi vor allem auf einen Fakt: Schon im Jahr 1990 hatte sich eine Kommission der Universität Bonn mit der Dissertation von Mathiopoulos auseinandergesetzt – drei Jahre nach ihrem Erscheinen. Schon damals ging es um Plagiats-Vorwürfe. Die Kommission stellte zwar „durchgehend“ Zitierfehler fest, verneinte aber einen Täuschungsvorsatz. Also gab es damals auch keine Sanktionen für Mathiopoulos. Für Gysi und seine Mandantin könnte die Geschichte hier enden. Nur so könne Rechtssicherheit „für die Betroffene“ eintreten, sagte Gysi. Es kam aber anders.

Sensibilisierte Öffentlichkeit

Im Jahr 2011 rollte die Internetplattform „Vroniplag Wiki“ den Fall wieder auf. Es war das Jahr, in dem die deutsche Öffentlichkeit wegen der Plagiats-Affäre um den damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ohnehin für das Thema sensibilisiert war. „Vroniplag“ monierte auf fast jeder zweiten Seite von Mathiopoulos’ Dissertation Plagiatsfunde. Die Universität Bonn setzte daraufhin eine neue Kommission ein, um die Doktorarbeit zu prüfen. Und die entschied, Mathiopoulos ihren Doktortitel abzuerkennen.

Aus Gysis Sicht hat die zweite Kommission damit „das rechtsverbindliche Votum“ der ersten Kommission ignoriert. „Das ist auch juristisch problematisch, weil nach gegebener Rechtslage niemals Rechtssicherheit für Betroffene eintreten kann“, sagte Gysi. Das sei in einem Rechtsstaat eigentlich nicht hinnehmbar.

Universität hatte große Erwartungen

Von der Berufung Mathiopoulos’ zur Honorarprofessorin hatte man sich an der Universität Potsdam seinerzeit viel versprochen. In einem auf der Juristen-Plattform „Legal Tribune Online“ veröffentlichten Leserbrief des damaligen Dekans der Philosophischen Fakultät, Manfred Görtemaker, heißt es: Mathiopoulos sei 2002 „aus taktischen Gründen“ an die Universität geholt worden. Mit ihren umfangreichen Kontakten sollte sie die Errichtung eines transatlantischen Zentrums für Sicherheitsfragen fördern. Dieses aber scheiterte bereits kurz darauf an mangelnder politischer Unterstützung.

In seinem Leserbrief gibt der Historiker Manfred Görtemaker auch zu: Eine Entscheidung über die Honorarprofessur von Mathiopoulos hat die Universität bis zuletzt bewusst nicht getroffen. So wollte die Hochschule „eventuelle weitere Prozesse – und damit auch weiteres Aufsehen – vermeiden“, schreibt Görtemaker. Bei dieser Vorgehensweise habe auch ein weiterer Fakt eine Rolle gespielt: Mit einer Honorarprofessur sind „keine materiellen Ansprüche“ gegenüber der Universität oder dem Steuerzahler verbunden. Im Klartext: Es gibt kein Geld. Sonst hätte die Universität schon früher reagiert, so Görtemaker. Aber das muss sie nun nicht mehr. Jetzt steht für Mathiopoulos erst einmal China an.

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