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Fühlt sich ausgebremst. Mana Taheri aus dem Iran und Doktorandin am Potsdamer Hasso-Plattner-Institut hatte das Studentenvisum für die USA schon längst in der Tasche. Dann kam der Trump-Erlass mit dem Einreiseverbot.

© Andreas Klaer

HPI-Doktorandin von US-Einreiseverbot betroffen: Forschen verboten

Mana Taheri, Doktorandin am Hasso-Plattner-Institut, hatte das Studentenvisum für die USA eigentlich schon längst in der Tasche. Wegen des Einreiseverbots musste sie ihre Reise jetzt absagen.

Potsdam - Das Einreiseverbot für Muslime aus sieben Staaten in die USA ist kaum vier Tage alt. Für Mana Taheri hat es gereicht, um all ihre mittelfristigen Pläne über den Haufen zu werfen. Die Doktorandin am Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik (HPI) ist Iranerin. Seit 2009 lebt sie zu Studienzwecken in Deutschland. Am kommenden Freitag wäre sie gern zu einem Studienaufenthalt in die USA gereist, an das Schwesterinstitut des HPI, die Stanford University in Kalifornien. Das ist seit Freitag nicht mehr möglich. Mana Taheri hatte längst Visum und Flugticket in der Tasche, einen Monat sollte ihr Aufenthalt dauern. Nun ist sie zunächst ratlos. Und im HPI geben sich am gestrigen Dienstag Kamerateams und Journalisten die Klinke in die Hand. Deutsche Welle und rbb, N24 und die AP, Associated Press, wollen die Studentin und HPI-Direktor Christoph Meinel interviewen.

HPI-Direktor Meinel: „Wissenschaftlicher Austausch ist unverzichtbar"

Meinel wiederholt es vor den Kameras immer wieder: Er hoffe sehr, dass das Einreiseverbot nicht von Dauer sei. „Wissenschaftlicher Austausch ist unverzichtbar und bringt immer alle Beteiligten voran“, sagt Meinel. „Abgeschottet hinter Mauern funktioniert das nicht – das haben wir in der DDR erfahren.“ Ein Journalist fragt, ob die deutsche Politik jetzt was tun könne. Wohl kaum, sagt Meinel, Einflussnahme von außen halte er für eher unmöglich. „Die Unzufriedenheit muss sich von innen eine Bahn brechen.“ Im Grunde halte er die USA trotz allem für eine Demokratie. Mit der Partneruni Stanford sei man sich jedenfalls einig, was Austausch und Zusammenarbeit beider Unis betrifft.

Die 31-jährige HPI-Doktorandin Mana Taheri aus dem Iran gehört zu seinem eigenen Forschungsteam. Und Meinel sagt schließlich diesen Satz: „Im konkreten Fall ist das schon ein Stück herzzerreißend und für die Betroffenen verletzend.“

Die HPI-Doktorandin ist traurig - und genervt

Mana Taheri ist gestern vor allem traurig. Und genervt. Wie soll sie so schnell umplanen? „Das wird schwierig“, sagt sie. Sie forscht derzeit dazu, wie man Design Thinking in anderen kulturellen Kontexten unterrichtet. Dazu muss man natürlich das Land, das eigene Umfeld, verlassen. Vielleicht werde sie für eine Weile nach Malaysia gehen. Aber das ist alles noch sehr vage. Grundsätzlich seien ihre Forschungen jedoch nicht gefährdet.

Viel Unterstützung hat sie in diesen Tagen sowohl von Kommilitonen als auch von Christoph Meinel erfahren. Es ändert zwar nichts an der Situation, aber es tröstet etwas. Von den insgesamt zehn Studenten, die jetzt nach Stanford fliegen wollen, war sie die einzige, die von dem Einreiseverbot betroffen ist. Aus Solidarität wollte gleich die ganze Gruppe hier bleiben, erzählt sie. „Aber ich habe ihnen gesagt, ihr müsst trotzdem reisen.“

Es gebe viele Betroffene, die sich auf eine berufliche Zukunft in den USA eingestellt hatten

An die Studenten und Mitarbeiter, die sie in Stanford getroffen hätte, hat sie eine persönliche Mail geschrieben. Erklärt, warum sie nun nicht kommen kann. Vielleicht werde über solche persönlichen Geschichten Donald Trumps Außenpolitik für die Amerikaner real, hofft sie. „Ich fürchte, denen ist gar nicht bewusst, welche Konsequenzen das hat. Man muss doch zumindest zwischen Flüchtlingen und ganz normalen Reisenden wie Wissenschaftlern unterscheiden.“ Sie hat auf ihre Mail schon viele Antworten bekommen. Manche ihrer Freunde wollen die Mail weiterreichen in der Familie, im Bekanntenkreis. Sie auch Trump-Wählern und -Unterstützern zeigen. Das findet Taheri gut. Im Grunde sei ihr Fall aber noch harmlos. Sie hatte nur einen kurzen Forschungsaufenthalt geplant. Es gebe jedoch viele Betroffene, die sich auf eine berufliche Zukunft in den USA eingestellt hatten, für die Amerika schon eine Art Heimat war oder ist. „Ich bin in Deutschland verwurzelt.“

Eigentlich sei sie ja Kummer gewohnt. „Wenn man aus dem Mittleren Osten stammt, dann rechnet man immer mit dem Schlimmsten“, sagt sie, „ man erwartet unbewusst, dass es irgendwann Probleme gibt.“

Taheri war bereits mehrmals in den USA

Die hatte sie schon, bevor sie das erste Mal nach Potsdam kam. „Ich wollte mir Deutschland erst mal als Touristin anschauen und kennenlernen, bevor ich mich an der Uni bewerbe“, sagt sie. „Das war für jemandem aus dem Iran einfach nicht möglich.“ Erst mit einem Studentenvisum klappte es. Sie machte an der Humboldt-Universität Berlin ihren Masterabschluss und möchte jetzt am HPI promovieren. In den vergangenen Jahren reiste sie drei Mal zu Studienaufenthalten und einmal als Teilnehmerin einer Konferenz in die USA. Nie gab es irgendwelche Probleme. „Natürlich braucht man jedes Mal ein Visum und zahlt jedes Mal 150 Euro.“ Die sind dieses Mal weg, auch das Flugticket. Ob sie da etwas erstattet bekommt oder umbuchen kann, weiß sie nicht. Bei den Fluglinien sei noch alles chaotisch.

Am gestrigen Dienstag geht für Taheri nach den Interviews mit den Journalisten der HPI-Alltag weiter. Im Saal findet die Industrie 4.0-Konferenz statt. Mit Teilnehmern aus ganz Deutschland, aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Es geht um die Digitalisierung und Meinel spricht zu den „Herausforderungen der vierten industriellen Revolution“. Während die aktuelle Politik zu einer Herausforderung für Mana Taheri wird.

HPI-Sprecherin: Bei uns spielt das Herkunftsland keine Rolle

Und möglicherweise für noch mehr Studenten. Wie viele der insgesamt etwa 500 HPI-Studenten aus einem der sieben von den USA verbannten Ländern stammen, kann die Pressesprecherin auf Nachfrage jedoch nicht sagen. „Ich wüsste gar nicht, wo ich nachschauen soll“, sagt Christiane Rosenbach. „Bei uns spielt das Herkunftsland einfach keine Rolle.“

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