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Homepage: Genie und Frauenfreund

Eine Konferenz beleuchtete das Leben Wilhelm von Humboldts, der vor 250 Jahren in Potsdam geboren wurde

Er war ein weltgewandter Mensch. Ein Sprachgenie. Und auch ein Genießer. Wilhelm von Humboldt, am 22. Juni 1767 in Potsdam geboren, ist einer jener Intellektuellen, derer sich die Deutschen gerne besinnen. Nach Wilhelm und seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Alexander sind in Deutschland Straßen und Schulen benannt. Das in Berlin im Entstehen begriffene Humboldt-Forum trägt ebenfalls den Namen der beiden Brüder.

In Potsdam veranstaltete am vergangenen Wochenende die Humboldt-Gesellschaft eine Tagung, in der an das Leben und besonders an die Forschungstätigkeit Wilhelm von Humboldts erinnert wurde. Professor Klaus-Dieter Lehmann, Präsident des Goethe-Instituts, wurde für seine Verdienste um das Humboldt-Forum in Berlin mit der Goldenen Medaille der Humboldt-Gesellschaft geehrt.

Anlass für die Gesellschaft, mit ihrer 105. wissenschaftlichen Tagung nach Potsdam zu kommen, war der 250. Geburtstag Wilhelm von Humboldts. Im Haus Am Neuen Markt 1 weist seit langem schon eine Tafel darauf hin, dass wahrscheinlich in diesem Gebäude der spätere Gelehrte und Staatsmann Wilhelm von Humboldt das Licht der Welt erblickte. Ganz sicher ist man sich indes nicht, ob Wilhelm wirklich in dem barocken Gemäuer, dem späteren Kabinetthaus, geboren wurde, „auch wenn einige hier behaupten, sie wüssten's ganz genau“, wie der Erziehungswissenschaftler Udo von der Burg am Rande der Tagung sagte. Zur Zeit von Wilhelms Geburt diente das Gebäude offiziell als Wohnsitz für den Kronprinzen Friedrich Wilhelm – der nach dem Tod Friedrichs des Großen den Thron bestieg – und seine Ehefrau Elisabeth. Kammerherr der Kronprinzessin wiederum war Wilhelm von Humboldts Vater Alexander George. So spricht jedenfalls sehr viel dafür, dass der ältere der beiden berühmten Humboldt-Brüder tatsächlich hier geboren wurde. Seine Taufe in der Potsdamer Garnisonkirche am 1. Juli 1767 ist hingegen verbürgt.

Wilhelm von Humboldt wuchs in einem begüterten Elternhaus auf. Seine Mutter habe ihm „eine phänomenale Erziehung“ angedeihen lassen, sagte der Literaturwissenschaftler Conrad Wiedemann. Humboldt beschäftigte sich schon früh sehr intensiv mit Sprachen. Einer seiner Hauslehrer war der Sprachforscher und Verleger Joachim Heinrich Campe. Als erwachsener Mann nahm Wilhelm von Humboldt das preußische Bildungswesen in den Blick. Im Jahre 1809 war er als Geheimer Staatsrat zum Leiter der Sektion für Kultus und Unterricht im Ministerium des Innern ernannt worden. Viele Reformen schob er an, die Gründung der Berliner Humboldt-Universität geht auf seine Initiative zurück. Doch schon nach gut einjähriger Tätigkeit zog er sich von seinem Amt zurück.

An das Humboldtsche Bildungsideal erinnerte auf der Tagung der Münchener Literaturhistoriker Peter Brenner. So habe Wilhelm von Humboldt gefordert, dass die Schulen von den Gemeinden bezahlt werden, damit die Kommunen sich bewusst werden, wie wichtig die Bildung für das Zusammenleben der Menschen ist. Nicht der Staat von oben sollte für die Bildung sorgen, sondern die kommunale Gemeinschaft. Auf den Bildungsbegriff Wilhelm von Humboldts kam Literaturwissenschaftler Wiedemann zu sprechen. Bildung als Grundlage der Humanität sei für Humboldt nicht die größtmögliche Anhäufung von Wissen – ähnlich dem heutigen Bildungsbegriff– gewesen. Für Humboldt war Bildung das, „was man aus seiner Veranlagung macht“. Dieser Begriff habe viel mit Autonomie und Selbstbestimmung zu tun. Wiedemann erinnerte daher auch an das Humboldt-Zitat: „Bilde dich selbst, und dann wirke auf andere durch das, was du bist!“ Auf andere gewirkt hat indes Wilhelm von Humboldt Zeit seines Lebens. Wiedemann bezeichnete Humboldt als ein Konversationsgenie, das keine Sprachschwierigkeiten kannte, „und zwar nie und nirgends“. Nicht in Paris, wo Humboldt einige Jahre lebte und wohl auch sonst nicht auf dem Kontinent. „Wahrscheinlich konnte er Baskisch in ein paar Wochen lernen“, sagte Wiedemann. Dem Gelehrten fielen die Sprachen nicht nur zu. Er erforschte intensiv die Struktur von Sprache und war der Auffassung gewesen, dass sich Gedanken und Sprache wechselseitig auseinander heraus entwickelten, wie Literaturhistoriker Brenner erläuterte.

Nicht nur ein Intellektueller, sondern auch ein Lebemann mit dem Hang zu Ausschweifendem war Humboldt. So bekannte er einmal: „Ich lasse der Begierde ungescheut den Zügel schießen und erkenne in dem Genuss, selbst in dem, den viele ausschweifend nennen würden, eine große und wohltätig fruchtbare Kraft.“ Kurzum: Humboldt war ein großer Frauenfreund. Holger Catenhusen

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