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Die Widerstandsgruppe Römer-Uhrig

Aus dem Gefängnis in der Potsdamer Lindenstraße ging Robert Uhrig die wenigen Meter zum Gerichtsgebäude unter strenger Bewachung zu Fuß, mutmaßt der Historiker Hans-Rainer Sandvoß. Zum Zeitpunkt des Prozesses gegen den Kommunisten und Widerständler im Sommer 1944 hatte der Volksgerichtshof seinen Sitz bereits von Berlin nach Potsdam verlegt, um von dem mittlerweile deutlich spürbaren Bombenhagel auf die Hauptstadt verschont zu bleiben.

Die Gruppe um den Arbeiter der Firma Osram aus Berlin Moabit, Robert Uhrig, und den Juristen Beppo Römer wurde 1942 durch einen internen Spitzel verraten. Deren Entwicklung schilderten die Historiker Hans-Rainer Sandvoß und Andreas Herbst bei einer Veranstaltung des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) nun in der Gedenkstätte Lindenstraße. Etwa 20 verschiedene Untergruppen der Römer-Uhrig Gruppe hatten bis zu diesem Zeitpunkt in verschiedenen Betrieben in Berlin existiert. Kontakte bestanden zu 89 Betrieben. Uhrig war Kommunist, sein Widerstand war eindeutig politisch motiviert. „Die Gruppe wollte den Sturz des Diktators und eine Regierung, die Verbindungen zu Russland aufbaut“, beschreibt Sandvoß die Ziele der Vereinigung.

Beppo Römer hatte einige Jahre als Justiziar beim Stinnes Konzern in Dortmund gearbeitet und war dann als Jurist in Berlin tätig. Nach einem geplanten Attentat auf Adolf Hitler wurde der 1934 verhaftet. Nach seiner Entlassung aus der Haft verfolgte er seine Widerstandspläne jedoch mit einem Kreis Gleichgesinnter weiter. Im Frühjahr 1940 kam es zu einem Kontakt zwischen den beiden Widerständlern Uhrig und Römer, man beschloss künftig gemeinsame Sache zu machen.

Zu der Gruppe um Römer und Uhrig gehörte auch Werner Seelenbinder. Der erfolgreiche Ringer war Kommunist. Bei den deutschen Meisterschaften belegte er zwischen 1933 und 1941 insgesamt sechs Mal den ersten Platz und vertrat Deutschland auch im Ausland. Deshalb glaubte Seelenbinder auch nach seiner Verhaftung am 4. Februar 1944, dass er trotz seiner eindeutigen Widerstandshaltung mit einer vielleicht sogar geringen Haftstrafe davon käme. „Er zeigte mir die zahlreichen Narben und Verletzungen auf seinem Rücken, die sie ihm in der Haft zugefügt hatten. Aber er glaubte, dass er wieder entlassen würde“, schildert ein Verwandter die Verfassung Seelenbinders in einer Filmdokumentation. Während des Arbeitsdienstes in der Wuhlheide, zu dem der KZ-Inhaftierte Seelenbinder gezwungen wurde, hatte der Sportler überraschenderweise die Möglichkeit für kurze Zeit zu verschwinden. Diese Gelegenheit nutzte er allerdings nicht zur Flucht. „Seelenbinder wollte seine Mitgefangenen, die für ihn hätten leiden müssen, wenn er geflohen wäre, nicht in Gefahr bringen“, so Sandvoß. Der Sportler hätte nach Einschätzung des Historikers durch eine Kollaboration mit den Nazis erhebliche Vergünstigungen erhalten können: „Seelenbinder wohnte in einer Ein-Zimmer Wohnung mit Außenklo. Die Nazis haben sich richtig um ihn bemüht und ihm Angebote gemacht. Er hat das abgelehnt.“ Diese aufrechte Haltung bewerten nicht nur heutige Historiker als beispielhaft, sondern auch die DDR Geschichtsschreibung.

Als die Gruppe um Römer und Uhrig aufflog, verhafteten die Nationalsozialisten insgesamt 170 Personen, 80 Männer und Frauen ermordeten sie anschließend. Richard Rabensaat

Richard Rabensaat

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