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Homepage: Ethik kommt vor Wissenschaft

Technikphilosoph Prof. Hans-Joachim Petsche spricht über die Verantwortung der Wissenschaftler

Technikphilosoph Prof. Hans-Joachim Petsche spricht über die Verantwortung der Wissenschaftler Ob Computer und Internet heute ein Thema für Albert Einstein wären? Denkbar ist es schon, denn der Verfasser der Relativitätstheorie hat sich Zeit seines Lebens mit den Folgen des technologischen Fortschritts für die Menschheit befasst und Wissenschaftler zur Verantwortung gemahnt. 50 Jahre nach seinem Tod drückt heute keine andere Technologie dem Leben der Menschen so vehement ihren Stempel auf wie die Informationstechnologie. Welche Veränderungen sich daraus für die Identität und Weltsicht der Nutzer ergeben, ist ein noch kaum erforschtes Gebiet. Der Potsdamer Technikphilosoph Hans-Joachim Petsche beschäftigt sich mit eben solchen Problemen im Spannungsfeld zwischen Philosophie und Naturwissenschaft. Der Physiker Albert Einstein ist für Petsche in diesem Feld hochaktuell. Anlässlich des Einsteinjahres wird er deshalb zum Wissenschaftssommer über die Verantwortung des Wissenschaftlers sprechen. Er möchte den Schülern erklären, welche Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen verantwortungsvolle Forschung braucht. Hans-Joachim Petsche lehrt und forscht auf dem Gebiet der Wissenschafts- und Technikphilosophie an der Universität Potsdam. Der studierte Mathematiker und Physiker beschäftigt sich bereits seit seiner Habilitation im Jahre 1985 an der früheren Pädagogischen Hochschule mit philosophischen Fragen der Computerentwicklung und des Internets. Sehr beeinflusst habe ihn in seiner Entwicklung vor allem das Werk des französischen Mathematikers und Physikers Henri Poincaré. „Schon vor Albert Einstein hat Poincaré das Relativitätsprinzip in der Physik umfassend erörtert“ erklärt Petsche. Der Franzose sei ein großer Humanist gewesen und verstand sich wie Einstein später als Weltbürger. Für Prof. Petsche ist Einstein vor allem aus ethischer Sicht bedeutend und aktuell. Albert Einstein war der Überzeugung, dass „die Sorge um den Menschen und sein Schicksal“ das Hauptanliegen aller Wissenschaft sein müsse und Forschung deshalb nie Selbstzweck sein dürfe. „Haltung“, so Petsche, „kann nicht aus der Wissenschaft kommen. Die Antwort auf die Frage ,Wozu?“ kann die Wissenschaft selbst nicht geben.“ Das sei auch für Einstein völlig unumstößlich gewesen, denn der Nobelpreisträger habe die Wissenschaft immer im Dienste der Humanismus gesehen. Doch die Welt und die Wissenschaft hat sich seit 1905 stark verändert. „Heute ist man in erster Linie ein Mensch in einer globalisierten Welt“, konstatiert Petsche. Zwar seien heutige Wissenschaftler grundsätzlich international unterwegs und ungebunden aber längst nicht so politisch wie Einstein. „Die Frage ist also, wie es gelingen kann heute in solchem Umfang Gewissen zu mobilisieren?“ Die Sozialisation, sagt er dann, habe sich seit Einstein sehr gewandelt. In Deutschland gehe der Trend heute deutlich weg von einer umfassenden Bildung hin zur reinen Ausbildung. Doch auch die Arbeitsform vieler Wissenschaftler habe sich verändert. „Mit dem zweiten Weltkrieg kam ein neuer Wissenschaftstypus auf“, erklärt Petsche. Forscher arbeiteten seither hoch spezialisiert, in kleinen Gruppen, an kaum überschaubaren Projekten. Zusätzlich sei der ökonomische Druck sehr hoch, denn die Verträge der Wissenschaftler würden zunehmend nur auf die Dauer des Projekts begrenzt. Zeit in Verantwortung zu „investieren“ gerät unter solchen Umständen zum handfesten Nachteil. Was also können Wissenschaftler heute tun um Verantwortung zu zeigen. „Wissenschaftler sollten sich bemühen Szenarien der möglichen Folgen ihrer Entwicklungen und Forschungen aufzuzeigen.“ Auch populärwissenschaftliche Publikationen und Basisarbeit hält er für eine wichtige Aufgabe der Wissenschaft. Seinen Vortrag beim Wissenschaftssommer sieht er als einen solchen Beitrag. Schüler seien am ehesten noch für Grundfragen der sozialen Verantwortung der Wissenschaft zu sensibilisieren. Der Vortrag für Schüler ab Klasse 8 von Prof. Hans-Joachim Petsche findet am 14. Juni um 10 Uhr im Lustgarten (Zirkuszelt) statt.

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