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Aktuell liegen 1107 Menschen wegen Covid-19 auf deutschen Intensivstationen.

© dpa/Sebastian Gollnow

WHO zu Übersterblichkeit: Viel mehr Corona-Tote als weltweit registriert

Die WHO präzisiert ihre Schätzungen zur Übersterblichkeit während der Corona-Jahre 2020 und 2021. Auch für Deutschland macht sie eine neue Rechnung auf. Die Zahlen müssen jedoch mit Vorsicht betrachtet werden.

Von Christiane Oelrich, dpa

Die Übersterblichkeit weltweit lag nach einer Auswertung in den ersten beiden Jahren der Corona-Pandemie 2020 und 2021 deutlich höher als die offiziell gemeldeten Covid-19-Todeszahlen. Vor allem in Ländern mit mittleren Einkommen war die Diskrepanz groß, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der Fachzeitschrift „Nature“ berichtet.

Weltweit starben demnach in den beiden Jahren rund 14,83 Millionen Menschen mehr als ohne die Pandemie zu erwarten gewesen wäre. Die Schätzung ist fast dreimal so hoch wie die Zahl der offiziell gemeldeten 5,4 Millionen Covid-19-Todesfälle in dieser Zeit. 

37
Prozent der Länder haben eine monatliche Statistik gegeben

In einem Kommentar von Enrique Acosta vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in „Nature“ heißt es, dass die Zahlen mit Vorsicht zu betrachten seien, weil es nur bei 37 Prozent der Länder eine monatliche Statistik mit allen Todesfällen gegeben habe. 43 Prozent der Länder hätten gar keine Zahlen vorlegt. Deshalb mussten die Statistiker Annahmen machen, die nach Einschätzung von Acosta teils problematisch sind.

Erster Bericht im Mai 2022

Die WHO hatte im Mai diesen Jahres schon einmal von 14,9 Millionen zusätzlichen Todesfällen berichtet. Sie verfeinerte die Analyse nun für die Veröffentlichung in „Nature“. Auch für Deutschland berechnete das Datenanalyseteam die ursprüngliche Schätzung neu und kam zu dem Schluss, dass es in den beiden Jahren eine Übersterblichkeit von 122.000 – und nicht 195.000 – gab.

Besonders betroffen von hoher Übersterblichkeit waren Länder mit mittleren Einkommen in Südamerika, wie die WHO in „Nature“ berichtet. Peru habe fast doppelt so viele Todesfälle gehabt wie zu erwarten gewesen wäre. In Mexiko, Bolivien und Ecuador habe die Zahl um 50 Prozent höher gelegen.

Der Wunsch der WHO, die Covid-19-Pandemie mit einigen wenigen Zahlen zur Übersterblichkeit einordnen zu können, ist verständlich.

Medizin-Statistiker Hanno Ulmer

In ärmeren Ländern sei die Übersterblichkeit nicht so hoch gewesen, weil die Bevölkerung dort in der Regel jünger sei und daher weniger Menschen an Covid-19 starben, heißt es in der Analyse auch.

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Die nun veröffentlichte Zahl von 14,83 Millionen umfasst allerdings auch Todesfälle, bei denen die Todesursache nicht richtig angegeben war, solche von vermutlich infizierten, aber nicht getesteten Patienten sowie Todesfälle von Menschen mit Krankheiten oder Verletzungen, die wegen der Überlastung der Gesundheitssysteme nicht rechtzeitig behandelt werden konnten.

„Der Wunsch der WHO, die Covid-19-Pandemie mit einigen wenigen Zahlen zur Übersterblichkeit einordnen zu können, ist verständlich“, sagte Hanno Ulmer, Direktor der Sektion Medizinische Statistik und Informatik an der Medizinischen Universität Innsbruck, Österreich, gegenüber dem Science Media Center (SMC). Letztlich handele es sich jedoch um eine sehr grobe Schätzung, die für einzelne Länder nicht zutreffend sein muss. „Es erscheint zusätzlich notwendig, die Situation in den einzelnen Ländern separat zu beleuchten, damit die Übersterblichkeit durch Covid-19 richtig eingeschätzt werden kann“, so Ulmer.

Letztlich würde er die aktuelle WHO-Analyse nicht unbedingt als Schätzung zu den Covid-19-Toten sehen, sondern als Arbeit zur Übersterblichkeit in den Pandemiejahren 2020 und 2021. „Ein kleiner, aber feiner Unterschied, der ja nach Land und Region stark variieren kann.“ (mit mica)

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