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Das Oderdelta bietet sich aufgrund der großen Vielfalt natürlicher Lebensräume für das natürliche Comeback wilder Tiere an.

© Sandeep Sharma

Umfrage im Oderdelta: Wildtiere grundsätzlich willkommen

Größere Teile des Oderdeltas der Natur zu überlassen ist eine kosteneffiziente Artenschutzmaßnahme. Die Bevölkerung vor Ort unterstützt es aber nicht unbedingt.

Der Rückkehr großer Wildtiere wie Wolf und Elch in das Oderdelta stehen laut einer Online-Befragung viele Menschen in Deutschland und Polen offen gegenüber. Das zeigt eine Studie unter Leitung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, die in der Zeitschrift „People and Nature“ veröffentlich wurde.

Bei einer Auswahl zwischen verschiedenen Rewilding-Szenarien bevorzugte die Mehrheit der Befragten naturnahes Management, teilte das iDiv mit. Vorbehalte gibt es demnach hingegen bei Menschen, die in der Nähe des Oderdeltas wohnen.

Nach dem Konzept des „Rewilding“ werden Naturräume wieder sich selbst überlassen, so dass auf natürliche Weise vielfältige und klimaresiliente Landschaften entstehen. Rewilding könne eine kosteneffiziente Möglichkeit sein, dem Biodiversitätsverlust entgegenzuwirken und Ökosysteme wiederherzustellen, heißt es in der Mitteilung.

Landesweite Zustimmung

Doch wie steht die Bevölkerung zum Rewilding im Oderdelta? Um das zu messen, befragte ein Forschungsteam online etwa 1000 Personen aus der Region in Polen und Deutschland. Den Befragten wurden verschiedene Rewilding-Szenarien für das Oderdelta im Jahr 2050 vorgestellt, von der Beibehaltung des Zustands und intensiver Landnutzung bis zu Szenarien, in denen Flüsse und Wälder sich erholten und sich Tiere wie Elch, Luchs und Wolf wieder ansiedelten. Die alternativen Szenarien waren an zusätzliche steuerliche Belastungen gekoppelt.

„Dadurch konnten wir berechnen, wie groß die Bereitschaft der Befragten ist, für die verschiedenen Interventionen im Oderdelta zu zahlen“, erklärt Erstautor Rowan Dunn-Capper. Das erlaube Rückschlüsse auf die allgemeineren Einstellungen der Bevölkerung gegenüber Rewilding.

Die Studie zeigt, dass die Befragten landesweit Rewilding-Initiativen gegenüber sehr offen eingestellt sind. Viele würden besonders die Rückkehr der großen Wildtiere ins Gebiet begrüßen. Hier war die Zahlungsbereitschaft fast dreimal so hoch wie bei anderen Szenarien, die ebenfalls möglichst naturnahes Management vorsahen, in denen die Arten das Gebiet aber nicht wieder besiedelten. „Diese Präferenz war für uns überraschend“, sagt Dunn-Capper. Große Tierarten, insbesondere der Wolf, würden in den Medien eher negativ dargestellt.

Doch auch für Wälder und die Landwirtschaft äußerten die Befragten in Deutschland und in Polen eine starke Präferenz für ein möglichst naturnahes Rewilding mit minimalem menschlichem Eingreifen. Die Tatsache, dass die Ergebnisse der Befragungen in Deutschland und Polen weitestgehend vergleichbar sind, deutet darauf hin, dass Vorlieben für Rewilding auch in unterschiedlichen politischen und kulturellen Kontexten gelten.

Lokale Vorbehalte

Allerdings waren die Vorlieben der Teilnehmenden, die innerhalb eines Umkreises von 100 Kilometern des Gebietes lebten, nicht deckungsgleich mit den landesweiten Ergebnissen. Hier zeigte sich eine Präferenz für große Pflanzenfresser wie Elch und Bison, nicht jedoch für große Fleischfresser wie den Wolf. Auch bei einigen Rewilding-Interventionen in Flüssen oder in der Landwirtschaft zeigte ein erheblicher Teil der lokalen Befragten eine negative Zahlungsbereitschaft für Szenarien, in denen das natürliche Überflutungsregime im Oderdelta vollständig wiederhergestellt wurde.

„Das unterstreicht die Komplexität der Naturschutzplanung und wie wichtig lokale Beiträge sind für die Förderung eines demokratischen Prozesses für das Management natürlicher Ressourcen“, sagt Seniorautor Henrique Pereira. Die Ergebnisse stützten aber Rewilding als alternativen Ansatz zur Wiederherstellung von Ökosystemen, der sich in ganz Europa durchsetzen könnte.

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