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Die Pandemie könnte ernsthafte, langfristige Folgen für die psychische Gesundheit von Müttern mit sich gebracht haben.

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„Traumatischer Stress“: Wenn sich der Alltag stark verändert

Mütter, die in der Pandemie große Veränderungen in ihrem Leben erlebten, hatten ein erhöhtes Risiko für eine akute Belastungsstörung. Manche leiden vermutlich noch heute unter den Symptomen.

Die Corona-Pandemie ging für die meisten Menschen mit plötzlichen Veränderungen einher. Frauen, die 2020 und 2021 im Homeoffice gearbeitet haben und sich parallel um ihre Kinder gekümmert haben, könnten die Folgen der Zeit noch heute zu spüren bekommen.

Eine aktuelle Studie in „JAMA Netzwork Open“ legt nahe, dass Mütter, die in der Pandemie große Veränderungen in ihrem Alltag erlebt haben, ein erhöhtes Risiko hatten, Symptome von „traumatischem Stress“ zu entwickeln. Forschende der Keck School of Medicine der USC in Los Angeles befragten zwischen April 2020 bis August 2021 etwa 11.400 Mütter mit einem durchschnittlichen Alter von 38 Jahren, unter anderem, inwiefern sich ihr Leben in der Corona-Krise im Vergleich zur vorpandemischen Zeit verändert hat.

Wenn in der Pandemie das Leben so weiterging, wie zuvor auch, fühlten sich die Frauen nicht gestresster als sonst auch.

Theresa Bastain, Professorin für öffentliche Gesundheitswissenschaften

Dazu zählten Angaben zu Homeschooling von Kindern, Hausarbeit, Homeoffice, Karriereeinbußen, weniger Gehalt, aber auch weniger Zeit im Freien, für Sport oder allgemein für sich selbst. Fast alle 50 US-Staaten sowie Puerto Rico wurden in der Umfrage abgebildet.

Bewältigungsstrategien helfen

Außerdem sollten sie angeben, ob sie unter Beschwerden leiden, die auf eine akute Belastungsstörung deuten und ob sie zur Bewältigung des Stresses beispielsweise meditieren, mehr Alkohol trinken oder Freunde treffen.

Lediglich knapp 3000 Mütter gaben an, dass sich ihr Alltag kaum verändert hat. Der Rest – in der Vielzahl gebildete, weiße Frauen mit höherem Einkommen – berichtete über weitreichende Veränderungen. Sie waren auch diejenigen, bei denen pandemiespezifische Stresssymptome häufiger auftraten: depressive Verstimmung, Angst, Stimmungsschwankungen wie Wutausbrüche oder eine dissoziative Störung wie Gedächtnisprobleme.

Auch in Deutschland haben in der Corona-Pandemie meist Frauen die Kinderbetreuung und Hausarbeit erledigt.

© Foto: Getty Images

Passive Bewältigungsstrategien wie mehr Zeit vorm Fernsehen, Alkohol-, Tabak oder Cannabiskonsum sowie eine soziale Isolation ging verstärkt mit akuten Stresssymptomen einher. Mehr Bewegung und Zeit im Freien, regelmäßige Gespräche mit Freund:innen oder Kolleg:innen sowie mehr Zeit mit der Familie (puzzeln oder andere gemeinsame Aktivitäten) waren mit geringerer Schwere der psychischen Symptome verbunden. Diese Ergebnisse stimmen mit vielen anderen Studien überein.

„Es kam wirklich darauf an, ob sich der Alltag stark verändert hat. Wenn in der Pandemie das Leben so weiterging, wie zuvor auch, fühlten sich die Frauen nicht gestresster als sonst auch“, so Erstautorin Theresa Bastain. Bei einigen der Mütter habe sich die akute Belastungsstörung vermutlich in eine Traumafolgestörung entwickelt, so die außerordentliche Professorin für öffentliche Gesundheitswissenschaften.

Davon ist die Rede, wenn die Symptome, etwa eine erhöhte Schreckhaftigkeit, massive Konzentrations- oder Schlafprobleme, oder körperliche Schmerzen, über mindestens vier Wochen hinweg auftreten. „Das kann ernsthafte, langfristige Folgen für die psychische Gesundheit haben.“

Belastende Ereignisse wie die Pandemie, Amokläufe in Schulen oder Naturkatastrophen müssten ganzheitlicher gedacht werden, damit Menschen vor langfristigen Auswirkungen besser geschützt werden können, so die Forschenden.

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