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Der Fluor-Chemiker Sebastian Hasenstab-Riedel von der Freien Universität in seinem Labor

© Sebastian Hasenstab-Riedel

Prof im Profil: Sebastian Hasenstab-Riedel: Elemente der Extreme

Seit zehn Jahren forscht der Chemiker Hasenstab-Riedel in Berlin an Halogenen. Diese chemischen Elemente bieten sich wie keine anderen für die Chemie der Superlative an.

Aus dem höchsten Gebäude in Berlin-Dahlem bietet sich ein spektakulärer Blick über die Stadt. Hier, in der Anorganischen Chemie, mit seinem Charme der Sechzigerjahre, befindet sich das Labor von Sebastian Hasenstab-Riedel, mit blubbernden Glas- und Stahlaufbauten in Abzugsschränken und brummenden Geräten.

In seiner Hand hält der Einstein-Professor, der seine Karriere als Chemielaborant begann, einen kleinen Kunststoffblock mit Löchern und einer Stellschraube: ein Ventil, das sein Team selbst gebaut hat: „Wir arbeiten mit Flusssäure als Lösungsmittel, die darf für unsere Chemie kein Metall sehen und Glas würde sie zersetzen“. Solcher Einfallsreichtum sei nötig, wenn man in einem so besonderen Fach forschen würde. 

Wir haben hier einen Sonderforschungsbereich, den es weltweit nur in Berlin geben könnte.

Sebastian Hasenstab-Riedel, Chemiker an der Freien Universität Berlin

Sein Spezialgebiet der Fluorchemie sei nirgends so lebendig, kooperativ und traditionsreich wie in der Hauptstadt, sagt er: „Wir haben hier einen Sonderforschungsbereich, den es weltweit nur in Berlin geben könnte, das ist meine Überzeugung.“ Das ist auch einer der Gründe, weshalb er vor zwei Jahren einen Ruf der Uni Münster abgelehnt hat. 

Hier in Dahlem forscht Hasenstab-Riedel auch an den Elementen Chlor, Brom und Iod, also den Halogenen. Sie kommen in der Natur vor allem als Salze vor, wie das Chlor im Kochsalz: Natriumchlorid. 

Elemente der Extreme

Mit Halogenen stellt er Super-Säuren und Super-Oxidationsmittel her, die neuartige chemische Reaktionen ermöglichen. Einige dieser Super-Moleküle muss Hasenstab-Riedel in einer der brummenden Maschinen auf wenige Grad über dem absoluten Nullpunkt abkühlen, um sie zu untersuchen. 

Chlorgas ist Ausgangsstoff für mehr als die Hälfte aller industriellen chemischen Produkte. Seine Gewinnung aus Kochsalz ist energieintensiv und schluckt in Deutschland zwei Prozent der gesamten Elektrizität.

Könnte man das nachhaltiger gestalten, hätte man „einen Riesenimpact, man könnte richtig etwas bewirken“, sagt der Forscher. Außerdem sei der Transport des giftigen Gases in Hochdruck-Waggons nicht ohne Risiko. 

Diesen Prozess zu verbessern, ist für Hasenstab-Riedel ein großes Thema, das die Werner Siemens-Stiftung zuletzt mit einer Million Euro förderte. So entwickelte er – ausgehend von einer Entdeckung aus seiner Grundlagenforschung – eine flüssige Trägersubstanz, die Chlor an sich bindet und so zudem einen recht gefahrlosen Transport ermöglicht. 

Chlor ließe sich so in sonnenreichen Ländern nachhaltig erzeugen und importieren, berichtet der Forscher. Nebenher entstehe Wasserstoff, ein wichtiger Energieträger für die nächsten Jahrzehnte, sagt Hasenstab-Riedel und lächelt. Es scheint, als ließe der Blick vom Chemie-Hochhaus in die Weite der Stadt auch die Zukunftsideen sprießen.

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