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Schonender als Chemotherapie. T-Zellen des Immunsystems (blau) attackieren eine Krebszelle, die bereits Mutationen durchlaufen hat.

© Getty Images/iStockphoto

Frühe und günstige Krebsdiagnose: Zuckermoleküle verraten Tumor

Krebszellen möglichst frühzeitig zu erkennen, erhöht die Heilungschancen. Ein neuer Bluttest basiert auf speziellen Zucker

Krebs 14 verschiedener Typen kann eine neue Diagnosemethode anhand von Blut- und Urinproben erkennen. Das schreibt ein Forschungsteam um Francesco Gatto von der Chalmers University of Technology im schwedischen Gothenburg im Fachblatt „PNAS“.

Die neuartige Technik analysiert Glycosaminoglycane (GAG), spezielle Zucker (Polysaccharide), wie sie auf gesunden aber auch entarteten Zellen zu finden sind. Deren Struktur und Häufigkeit verändert sich im Zuge einer Krebserkrankung und kann im Blut und Urin nachgewiesen werden. Die Forscher analysierten Blut- und Urinproben von 1260 Personen.

Die Methode, eine „Liquid Biopsy“, zeigte eine Sensitivität von 41,6 bis 62,3 Prozent, Krebsstadien der Phase 1 zu erkennen, bei einer Spezifität von 95 Prozent. Etwa sechs von zehn Krebsfällen wurden demnach korrekt diagnostiziert, bei vier Erkrankten schlug die Methode nicht an.

Eine „spannende“ Methode

In ansonsten gesunden Patienten fand die Technik, die von der eigens gegründeten Firma Elypta zur Marktreife weiterentwickelt werden soll, doppelt so viele Krebsfälle als alternative, auf Erbgutmarkern basierende Methoden, so die Forschenden. Außerdem sei sie günstiger, etwa 50 Dollar pro Test, schätzen sie, wodurch sich die Zugangsmöglichkeiten zu Krebsfrüherkennungsuntersuchungen für viele Menschen verbessere.

50.000
von 1 Million Getesteten bekämen nach diesem Test eine falsch-positive Krebsdiagnose.

„In Krebszellen scheinen diese GAG eine andere Struktur aufzuweisen als in gesunden Zellen“, sagt Almut Schulze vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Zwar wisse man nicht genau, warum das so ist, doch die Zuckerverbindungen als Nachweismethode für Krebserkrankungen zu nutzen, sei „spannend“, weil die Analyse dadurch einfacher und billiger werde, jedenfalls „sehr viel günstiger als andere experimentelle Testverfahren“. Als „beachtlich“ bezeichnet Schulze auch die Zahl der in dieser Studie Untersuchten, in Deutschland sei es kaum möglich, vergleichbar viele Blutproben für derartige Forschungszwecke zu bekommen. „Die Spezifität von über 95 Prozent kann sich sehen lassen, wenngleich es auch bedeutet, dass es doch ein paar falsch positive Ergebnisse gibt.“

Allerdings könne die Aussagekraft des Tests verfälscht werden, wenn Patienten am „metabolischen Syndrom“, einem im Alter gehäuft auftretenden Zusammenspiel von Übergewicht, Bluthochdruck sowie Zucker- und Fettstoffwechselstörungen, erkrankt sind, da es ebenfalls die Glycosaminoglycane verändert.

Nicht zuletzt deshalb sei der Test „noch weit von einer regelhaften Anwendung entfernt“, sagt Edgar Dahl von der Molekularen Onkologie und Molekularpathologischen Diagnostik der Uniklinik RWTH Aachen. Vor einer regelhaften Anwendung sei eine „umfangreiche Validierung in großen prospektiven Studien“ nötig. Zu bedenken sei, dass eine Spezifität von 95 Prozent zwar gut klinge, im diagnostischen Screening-Test aber bedeuten würde, „dass jeder 20. Patient (das heißt fünf Prozent) falsch positiv bewertet würden“. Bei einer Million Getesteten wären dies 50.000 Personen. (mit smc)

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