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Schelfeis wird von Gletschern auf dem Festland gespeist. Am Rand brechen Eisberge ab.

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Eisschwund in der Antarktis: Schelfeis verliert Billionen Tonnen

Bislang gab es nur Schätzungen zum Schelfeis um die Antarktis. Nun legen Forscher detaillierte Auswertungen von Satellitendaten über 25 Jahre vor. Sie zeigen einen klaren Trend.

Von Walter Willems, dpa

Die Antarktis ist der Kontinent mit der weitaus größten Eismasse der Erde: Die zur Küste fließenden Gletscher speisen das angrenzende, auf dem Meer treibende Schelfeis, von dessen Kanten immer wieder Eisberge abbrechen. Mehr als 40 Prozent aller 162 antarktischen Schelfeise – also der Flächen, die jeweils von bestimmten Gletschern gespeist werden – haben von 1997 bis 2021 Masse verloren, die meisten sehr deutlich. Während 71 Schelfeise ausdünnten, legten 29 Schelfeise zu, und die übrigen 62 blieben unverändert, wie eine detaillierte Bestandsaufnahme zeigt.

In der Gesamt-Massebilanz gab das Antarktis-Schelfeis in dem Zeitraum 7,5 Billionen Tonnen Schmelzwasser an den Südlichen Ozean ab. Dieser Masseverlust könne Folgen haben, sowohl für die Stabilität von Teilen des Antarktischen Eisschilds als auch für Meeresströmungen um den Kontinent, schreibt die Gruppe um Benjamin Davison von der Universität Leeds in der Fachzeitschrift „Science Advances“.

Um die Entwicklung des Schelfeises detailliert zu dokumentieren, hatte das Team um Davison rund 100.000 Satellitenaufnahmen aus der Zeit von 1997 bis 2021 für alle 162 antarktischen Schelfeise ausgewertet. In den 25 Jahren gaben diese fast 67 Billionen Tonnen Schmelzwasser ab, gewannen jedoch andererseits rund 59 Billionen Tonnen Eis hinzu. 48 der 71 Schelfeise mit einer negativen Bilanz verloren in dem Zeitraum mehr als 30 Prozent ihrer Masse.

Generell entfiel der Eisverlust überwiegend auf die westliche Antarktis, während die Osthälfte des Kontinents tendenziell stabil blieb oder sogar an Schelfeis zulegte. So verlor im Westen allein das Getz-Schelfeis 1,9 Billionen Tonnen Masse, und das Pine Island-Schelfeis schrumpfte um 1,3 Billionen Tonnen. Dagegen legte in der Ostantarktis das Amery-Schelfeis um 1,2 Billionen Tonnen zu.

Diese gegenläufigen Trends hängen vor allem mit den jeweiligen Meeresströmungen und Wassertemperaturen zusammen, wie Davison in einer Mitteilung seiner Universität erläutert: „Die Westhälfte ist warmem Wasser ausgesetzt, das das Schelfeis schnell von unten aushöhlen kann, wogegen ein großer Teil der Ostantarktis gegenwärtig entlang der Küste durch ein Band von kaltem Wasser geschützt wird.“

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Die negative Gesamtbilanz spricht den Forschern zufolge dafür, dass es sich nicht um natürliche Zyklen handelt, sondern um eine Folge des menschengemachten Klimawandels. „Wir haben erwartet, dass die meisten Schelfeise durch Zyklen gehen von schnellem, kurzlebigem Schrumpfen und dann wieder langsam wachsen“, betont Davison. Stattdessen sehe man, dass fast die Hälfte von ihnen schrumpft, „ohne Anzeichen einer Erholung“.

Das Abschmelzen des Schelfeises hat nach Einschätzung des Teams vor allem zwei Folgen: Zum einen bremst die Masse des auf dem Meer aufliegenden Schelfeises das Abfließen der dahinterliegenden Inland-Gletscher zum Meer. Schwindet diese Bremsmasse, dürfte die Fließgeschwindigkeit der Gletscher zunehmen. Zudem verändert das abschmelzende Süßwasser vor Ort den Salzgehalt des Meerwassers. Mit geringerem Salzgehalt sinkt das Wasser langsamer in die Tiefe, was wiederum die lokalen Meeresströmungen beeinflussen könnte.

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