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Auf der Suche nach dem Ursprung des Coronavirus.

© imago images/Future Image

WHO stellt Suche nach Virusursprung ein: Es liegt an Chinas diplomatischem Unwillen, nicht an der Wissenschaft

Verschämt bläst die Weltgesundheitsorganisation eines ihrer wichtigsten Projekte ab. Es ist ein Rückschlag, der leider sehr gut ins internationale Bild passt.

Ein Kommentar von Richard Friebe

Die internationale wissenschaftliche Reaktion auf die Corona-Pandemie gilt trotz einiger rückblickend identifizierter Makel insgesamt als beispiellos: extrem schnelle Identifikation des Erregers, wissenschafts- und plausibilitätsbasierte Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung, sofort begonnene und nach weniger als einem Jahr erfolgreiche Entwicklung von Impfstoffen, internationaler Austausch von Daten, intensive Fachdiskussion von Forschungsergebnissen, immer tieferes Verständnis des Virus, seiner Varianten und der ausgelösten Erkrankungen von Covid bis Long Covid.

Was man mittlerweile auch beim besten Willen nicht mehr in diesem Zusammenhang aufzählen kann, ist die internationale Zusammenarbeit bei der Suche nach den Ursprüngen des Virus. Denn diese ist, zumindest was den wichtigsten Partner angeht, praktisch zum Erliegen gekommen.

Phase 2 auf null

Die Weltgesundheitsorganisation hat die lange geplante „Phase 2“ dieser Suche nun abgeblasen. Und, auch das sagt einiges, sie hat dies nicht einmal verlautbart, sondern nur auf Nachfrage des Magazins „Nature“ eingeräumt.

An Corona gestorbener, von der chinesischen Regierung attackierter früher Warner vor dem Virus: der Arzt Li Wenliang.

© Li Wenliang/Social Media/AFP

Der Grund ist einfach: China macht nicht mehr mit. Ob es je wirklich mitgemacht hat, im Sinne einer ergebnisoffenen Suche, kann man sich natürlich auch fragen. Denn zu den möglichen Ergebnissen, das machte Peking von Anfang an klar, durfte eines nicht zählen: ein aus einem Labor, das nur einen Steinwurf von jenem Wildtiermarkt, der als Ground Zero der Epidemie gilt, freigesetztes Virus.

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Die derzeit auch durch das Regime verbreitete Lesart in China ist, dass das Virus ohnehin per Tiefkühlkost aus dem Westen kam. Es ist eine Behauptung, so substanzlos wie einst die des US-Präsidenten Trump, der jenen Labor-Ursprung als Tatsache darstellte.

Diplomatische Forscher, undiplomatische Diplomaten

Ironisch an der Sache ist, dass gerade die, die von Anfang an am diplomatischsten waren, nun ihre Arbeit nicht mehr machen können: Die Offiziellen der WHO und die von ihr zusammengebrachten Wissenschaftler. Sie hatten die Zusammenarbeit mit China lange gelobt, hatten den Labor-Ursprung als „extrem unwahrscheinlich“ bezeichnet, obwohl er es vielleicht gar nicht war.

So zeigt sich, drei Jahre nach Beginn der Pandemie, auch hier wie an vielen anderen Stellen – vom Ukraine-Krieg über die Drohungen Chinas bezüglich Taiwan bis hin zur Verhärtung der Fronten im Nahen Osten – um wie viel undiplomatischer, bedrohlicher, aggressiver, kompromissloser die Welt in diesen drei Jahren geworden ist. Dass es – nicht wegen wissenschaftlicher Unfähigkeit, sondern wegen diplomatisch-undiplomatischen Unwillens – nun vielleicht nie eine befriedigende, wissenschaftlich objektive, gemeinsame Antwort auf die Frage nach dem Viren-Ursprung geben wird, ist eine weitere Drehung der Eskalations- und Misstrauensspirale.

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