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An RSV leidendes Kind in einem Krankenhaus.

© Getty Images

Ansteckende Aufmerksamkeit: Das Bedrohtsein bestimmt das Bewusstsein

Werden Pflegende jetzt angemessen bezahlt? Werden Impfstoffe jetzt solidarischer verteilt? Eher nein. Aber etwas Positives hat die Pandemie dennoch bewirkt.

Ein Kommentar von Richard Friebe

Als die Pandemie so richtig begonnen hatte, war eines der großen Themen die Frage, was sich jetzt „für immer“ ändern würde. Die Kommentatoren hatten alle möglichen Visionen, von weltweit vernetzten solidarischen Gesundheitssystemen über endlich wirklich anerkannte und entsprechend entlohnte Pfleger und Krankenschwestern bis hin zu Covid als willkommener Übung für die anderen anstehenden Krisen, die sich dann besser würden bewältigen lassen.

Natürlich ist der Prozess noch im Gange, aber von den erhofften gezogenen Lehren und positiven Auswirkungen ist bislang nicht so viel zu spüren.

Der ungeschützt die Supermarktregale behustende Nachbar

Doch es gibt sie, die Dinge, die sich grundsätzlich geändert haben. In der Jobwelt zum Beispiel. Anfang 2020 war die Idee, dass große Teile der Bevölkerung ihre Arbeit regelmäßig, flexibel und effektiv von zuhause machen könnten, noch eine Utopie. Ende 2022 ist es Realität und das zurückrollen dieser Entwicklung utopisch.

Was sich aber vor allem geändert hat, ist unsere Aufmerksamkeit im Bereich Husten,-Schnupfen-Keuchen-Fieber -und auch ein bisschen unser Bewusstsein. Die triefend-schniefend wacker am Nachbarschreibtisch aushaltende Kollegin, die dafür auch noch Bewunderung wollte, ist weitgehend Geschichte, der ungeschützt die supermarktregale behustende Nachbar mit der roten Nase ebenfalls.

Auch die als mehr oder weniger selbstverständlich, gegeben und nicht recht nachrichtenwürdig hingenommenen Erkältungs- und Grippewellen bekommen nun eine Art Aufmerksamkeit, die sie schon früher verdient gehabt, die schon vor 2020 Leben gerettet hätte. Ist die infektionsmedizinische Situation Ende November 2022 besorgniserregender als je in der Prä-Corona-Ära? Haben Covid und der wegen der Covid-Schutzmaßnahmen teils verpasste Kontakt zu anderen Erregern unsere Immunsysteme anfälliger gemacht? Vielleicht. Vielleicht nicht, und nur die Aufmerksamkeit ist größer, von Eltern, Medien, Medizinern, überlastetem Pflegepersonal.

Sicher ist jedenfalls, dass den meisten von uns die realen Gefahren, die Keime von Corona bis Streptokokkus, Leiden von akuten bedrohlichen Erkrankungen bis hin zu schwerwiegenden Langzeitfolgen bedeuten, bewusster sind. Und dass wir heute viel besser als noch vor drei Jahren in der Lage sind, ihnen als Individuen, Familien und als Gesellschaft bewusst und gut ausgestattet zu begegnen. Mit Impfungen, Masken, Abstand etwa. Und, ja: Homeoffice. Wenn wir das nicht vergessen, dann hat sich durch Covid zumindest in dieser Hinsicht die Welt wirklich verändert, zum Besseren.

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