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Der Konflikt um die Mehrarbeitszuschläge hat eine lange Historie.

© dpa/Julian Stratenschulte

Schlichtung am Flughafen: Tarifkonflikt um das Sicherheitspersonal

Verdi und die Luftsicherheitsfirmen finden keine Lösung für die umstrittenen Mehrarbeitszuschläge. Rund um Ostern gibt es keine Streiks.

Ohne die Hilfe eines Dritten bekommen die Tarifparteien den Konflikt an den Flughäfen nicht gelöst. Voraussichtlich am Dienstag werden der Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi über ein Schlichtungsverfahren informieren, das nach Ostern beginnt. Weitere Streiks wird es zumindest bis zum Ende der Schlichtung nicht geben. Bereits an diesem Montag beginnt das Schlichtungsverfahren für die am Boden beschäftigten Lufthansa-Mitarbeitenden. Auch hier ist Verdi beteiligt.

Mehrmals hatte Verdi in den vergangenen Wochen die Gewerkschaftsmitglieder unter den 25.000 Beschäftigten der Luftsicherheits- und Serviceunternehmen an den Flughäfen zum Streik aufgerufen. Verdi fordert eine Erhöhung der Stundenlöhne um 2,80 Euro bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von zwölf Monaten sowie die Zahlung von Überstundenzuschlägen ab der ersten Stunde Mehrarbeit.

Der BDLS bot zuletzt eine Erhöhung in zwei Schritten über insgesamt 3,25 Euro an, bei einer Tariflaufzeit von zwei Jahren. „Der Stundengrundlohn der Beschäftigten in der Passagier- und Gepäckkontrolle würde mit diesem Angebot ab dem 1. April 2025 von derzeit 20,60 Euro auf 23,85 Euro pro Stunde klettern“, sagte BDLS-Verhandlungsführer Frank Haindl.

Das reicht Verdi nicht, weil die Arbeitgeber nicht bereit sind, von der ersten Stunde an Zuschläge für Mehrarbeit zu zahlen. „Die Schlichtung ist nun der letzte Ausweg, eine Lösung zu finden“, sagt Wolfgang Pieper, der für die Gewerkschaft die Verhandlungen führt. Die von Haindl genannten 3,25 Euro seien im Übrigen nur für Vollzeitbeschäftigte vorgesehen, also nicht für die vielen Teilzeitkräfte an den Flughäfen. Haindl verbreite „Halbwahrheiten“.

Den Konflikt vertagt

Der Konflikt um die Mehrarbeitszuschläge hat eine lange Geschichte. Im Frühjahr 2023 streikten die Flughafenkontrolleure sechsmal – ohne Erfolg. Am Ende verständigten sich die Tarifpartner auf einen Tarifkompromiss, indem sie das Thema vertagten. Wiedervorlage 2024.

Das strittige Thema hat eine lange Geschichte. Die Stundenlöhne der häufig angelernten Servicekräfte an den Flughäfen seien niedrig gewesen und dazu Teilzeit weit verbreitet, sodass die Beschäftigten gerne und ohne Zuschläge Mehrarbeit geleistet hätten, erläutert Pieper die Ursache des Problems. Zusätzliche Arbeitsstunden werden normal vergütet, aber eben ohne Zuschläge.

30
Prozent Zuschlag möchte Verdi für jede Stunde Mehrarbeit.

„Wir haben uns vor einigen Jahren mit den Gewerkschaften darauf verständigt, für Beschäftigte ein Jahresarbeitszeitkonto einzurichten, um Monate mit geringer und solche mit erhöhter Auslastung ausgleichen zu können“, argumentiert Frank Haindl, der als Arbeitsdirektor für die FraSec Fraport Security tätig ist. „In verkehrsschwachen Zeiten erhalten die Beschäftigten trotz geringerer Arbeitsstunden ihr volles Monatsentgelt.“ Der Ausgleich des Zeitkontos erfolgt dann in den verkehrsstarken Wochen. „Die Gewerkschaften möchten nun den 30-Prozent-Zuschlag auf die ‚Ausgleichsstunden‘ erzwingen“, sagt Haindl, und damit das System des atmenden Arbeitszeitkontos zerstören.

In der nun anstehenden Schlichtung werden sich die Parteien auf einen Zeitpuffer verständigen müssen, der zuschlagsfrei bleibt und der kleiner ist als derzeit. Im vergangenen Jahr boten die Arbeitgeber Zuschläge ab der 29. Stunde Mehrarbeit im Monat an, die ersten 28 Stunden blieben also zuschlagsfrei. Das war für Verdi, vor allem mit Blick auf die vielen Teilzeitbeschäftigten, nicht verhandelbar.

Die Gewerkschaft beharrt auf einem Zuschlag von der ersten Stunde an, stellt aber die Höhe zur Disposition. In mehreren Stufen über mehrere Jahre könnte man sich in Richtung 30 Prozent bewegen. Dazu ist ein zuschlagsfeier Puffer von 80 Stunden im Jahr denkbar.

Nach Angaben der Arbeitgeber müssten die Luftsicherheitsfirmen, darunter Securitas, Kötter und Gegenbauer, 250 Millionen Euro zusätzlich im Jahr zahlen, wenn die Verdi-Forderung 1:1 umgesetzt würde. Das ist auch deshalb nicht auf einen Schlag zu verkraften, weil die Firmen mit ihren Auftraggebern, den Flughäfen, die steigenden Personalkosten in neuen Verträgen berücksichtigen müssen. Die Verträge haben aber Laufzeiten von drei bis fünf Jahren.

Die vom Bundesinnenministerium festgelegte Luftsicherheitsgebühr beträgt zehn Euro je Passagier und wird von den Fluggesellschaften auf den Flugpreis aufgeschlagen. Diese zehn Euro decken jedoch bei weitem nicht die Kosten, weshalb die Bundesregierung die Gebühr auf 15 Euro hochsetzen wollte, was am Widerstand der Bundesländer scheiterte, die in Sorge um die Auslastung ihrer Flughäfen waren. Aus dem Bundeshaushalt müssen deswegen in diesem Jahr rund 90 Millionen Euro für die Luftsicherheit bereitgestellt werden.

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