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Wirtschaft: Rabattaktionen auf Kosten des Finanzministers

Umsatzsteuer darf nur auf Endverbraucherpreise erhoben werden/ Europäisches Gericht mahnt Umbau des deutschen Rechts an

Düsseldorf (ke/ms/HB). Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) droht ein deutlicher Ausfall bei der Umsatzsteuer. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Deutschland dazu verurteilt, die Steuer bei HerstellerPreisnachlässen künftig niedriger anzusetzen. Jetzt muss Eichel das deutsche Umsatzsteuerrecht korrigieren.

Im Grundsatz geht es um die Frage, woran im Falle von Preisnachlass-Gutscheinen die Umsatzsteuer (siehe Lexikon) anknüpft: an den Preis mit oder ohne Nachlass. Das deutsche Recht stellt bislang allein auf den Preis ab, den der Hersteller gegenüber dem Großhändler abrechnet. Und der ist bei Sonderaktionen höher als der spezielle Rabattpreis für den Endverbraucher. Rabattgutscheine, die der Endkunde bei seinem Einzelhändler und dieser direkt beim Hersteller einlöst, bleiben bei der Berechung der Umsatzsteuer unberücksichtigt. Der EuGH kippte nun diese Regelung und stellte ausdrücklich klar: Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist der um den Rabatt reduzierte Preis.

Auch die von Deutschland mit Unterstützung Großbritanniens vorgetragenen Schwierigkeiten bei der Verwaltung des Mehrwertsteuersystems, die Sorge um Steuerausfälle oder um die Wettbewerbsneutralität konnten die Luxemburger Richter nicht umstimmen. Denn inhaltlich war das Problem längst geklärt: Bereits 1996 hatte der EuGH auf Vorlage eines Londoner Gerichts ein vergleichbares Urteil gefällt. Deutschland hatte dennoch darauf beharrt, dass Rabatte des Herstellers nur die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuern mindern, wenn dieser sie direkt seinem Vertragspartner gewährt. Das aktuelle Urteil beruht aber auf einem anderen Fall: Ein Hersteller hatte zur Förderung seines Absatzes und unter Umgehung der Großhändler Preisnachlass-Gutscheine direkt an Einzelhändler ausgegeben, die diese an den Endverbraucher als Rabatt weiterreichten. Wird der Gutschein eingelöst, erstattet der Hersteller dem Einzelhändler später den Betrag.

Für Steueranwalt Stefan Menner von der Kanzlei Clifford Chance Pünder ist die Entscheidung des EuGH logisch. Denn der Hersteller könne ja nicht höhere Beträge versteuern müssen, als er letztlich tatsächlich als Verkaufspreis erhalten habe, sagte Menner.

Für den Bundesfinanzminister bedeutet das Urteil auf jeden Fall geringere Einnahmen. Mehr noch. Nach Einschätzung des Steuerexperten Menner zeigt die Entscheidung des Gerichts (Aktenzeichen: C-427/98) zugleich die Grenzen und die Reformbedürftigkeit des geltenden Mehrwertsteuersystems in Deutschland auf. Hierzulande würden noch immer die Leistungsbeziehungen der Geschäftspartner in der zeitlichen Abfolge Hersteller, Großhändler, Einzelhändler, Kunde und damit die Lieferkette betrachtet und dementsprechend werde mehrstufig besteuert. Das europäische Gericht dagegen sehe nur den Endpreis als Grundlage der Besteuerung.

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