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 FDP-Chef Christian Lindner.

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Update

Mobilitätsgipfel im Kanzleramt: VW-Chef Blume lässt Lindner abblitzen

Christian Lindner hatte es sich so schön vorgestellt: Die Autoindustrie sollte die These der FDP bestätigen, dass synthetische Kraftstoffe für den Klimaschutz unverzichtbar sind. Es kam anders.

So fragte der Finanzminister in der illustren Runde VW-Konzernchef Oliver Blume, wie er die Bedeutung von E-Fuels bei Neuwagen einschätze.

Blume wich jedoch aus und sprach lediglich über die Bestandsflotte, also Autos, die schon auf den Straßen unterwegs sind. Auf gezielte Nachfrage räumte Blume dann ein, dass der teure und ineffiziente synthetische Sprit bei Neuwagen nur eine untergeordnete Rolle spielen werde.

„Da ist Lindner baden gegangen“, hieß es in Teilnehmerkreisen. Die ganze Argumentation, dass auch Neuwagen in Zukunft mit E-Fuels betrieben werden sollten, sei in sich zusammengebrochen. Für die Autoindustrie seien synthetische Kraftstoffe nicht Teil ihrer Strategie – weder für Pkw noch Lkw.

Lindner und sein Parteifreund, Verkehrsminister Volker Wissing, setzen auf diese Option, weil sie damit die Hoffnung verbinden, den Klimaschutz im Verkehr voran zu bringen, ohne den Autofahrer:innen irgendwelche Veränderungen zumuten zu müssen. Wissing steht vor dem Problem, dass der Verkehrssektor die Klimaziele der Bundesregierung deutlich verfehlt und der Minister kein Konzept hat, um die CO2-Lücke zu schließen.

„Der Elefant im Raum wurde nicht wirklich angesprochen“, kritisierten Teilnehmer:innen. Statt einen festen Termin zu vereinbaren, zu dem Wissing ein Klimaschutzsofortprogramm vorlegen muss, das den Anforderungen genügt, wurde ein weicher Beschluss gefasst.

Der Expertenbeirat Klimaschutz in der Mobilität soll „zeitnah weitere Optionen entwickeln, wie die bestehende Emissionsminderungslücke im Verkehr bis 2030 geschlossen werden kann“. Das Hintertürchen wird jedoch sofort geöffnet: „Hierbei gilt es, die Akzeptanz aller Akteure für den Transformationsprozess besonders zu berücksichtigen.“

Der Verkehrsminister soll beim Thema Klimaschutz auffallend desinteressiert gewirkt haben, hieß es nach dem Treffen. Aber auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als Gastgeber soll für diesen Punkt der Tagesordnung deutlich weniger Begeisterung aufgebracht haben als für den Erhalt von Arbeitsplätzen in der Autoindustrie. An diesem Punkt war Scholz sich naturgemäß einig mit Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD).

Außerdem ging es um die EU-Pläne für eine verschärfte Abgasnorm Euro 7, um Batterie-Recycling und die Folgen für den Standort Europa durch die Subventionen der USA für erneuerbare Energien.

Einig war sich die ganze Runde darüber, dass der Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Lkw mit Nachdruck vorangetrieben werden muss. Die Bundesregierung sagte zu, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, mögliche Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Im Bereich automobile Software und autonomes Fahren soll die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Autoindustrie gestärkt werden. Dafür wird der Expertenkreis „Transformation der Automobilwirtschaft“ Empfehlungen abgeben. Mit Blick auf Pläne der EU-Kommission, einen Vorschlag zur Öffnung und Regulierung des Zugangs zu Fahrzeugdaten vorzulegen, warb die Runde für eine „ausgewogene“ Lösung, die sowohl die Interessen der Industrie als auch die der Verbraucher:innen berücksichtigt.

Neben Scholz, Lindner, Wissing und Heil nahmen von Regierungsseite noch Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) teil. Insgesamt waren drei Dutzend Teilnehmer:innen eingeladen.

Außer den Chefs von BMW, Mercedes und Volkswagen sowie der Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie, Hildegard Müller, standen Vertreter:innen der Gewerkschaften auf der Liste, zudem Meike Jipp, Direktorin des Instituts für Verkehrsforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, und Christian Hochfeld, Chef der Denkfabrik Agora Verkehrswende. 

Jipp und Hochfeld wurden im Vorfeld von Umweltverbänden als Feigenblätter gesehen, die nur kaschieren sollen, dass es sich in Wahrheit um einen klassischen Autogipfel handele. Die Zuarbeiter von Kanzler Scholz beteuern aber, dass bei den nächsten Gipfeln andere Verkehrsträger behandelt werden sollen.

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