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Eine Sanitäterin des Militärs behandelt einen verletzten ukrainischen Soldaten in einem Feldlazarett.

© dpa/Libkos

Ukraine-Invasion Tag 511: Kiews Moralbooster für seine erschöpften Truppen

Erneuter Luftangriff auf die Hafenstadt Odessa, 2000 Menschen nach Brand auf der Krim evakuiert, 60.000 Tonnen Getreide bei Angriff zerstört. Der Überblick am Abend.

Normalerweise kann sich ein Soldat seinen Einsatzort an der Front nicht aussuchen. Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine macht Kiew allerdings eine Ausnahme. Soldaten, die aus ihren Heimatorten vertrieben wurden, können beantragen, genau dort bei der Rückeroberung mitzuhelfen. Und das hat auch Vorteile, wie die „New York Times“ nun berichtet (Quelle hier).

Diese Soldaten, so schreibt die Zeitung, kennen sich in den umkämpften Regionen bestens aus und haben manchmal auch noch Familie und Freunde auf der anderen Seite der Frontlinie. Wie zum Beispiel der Gefreite Jewgenij. „Ich kann die Energie des Bodens hier spüren und kenne jeden Busch an dieser Front“, sagte er der „New York Times“. „Ich kann Entscheidungen schneller treffen, weil ich alle Flüsse kenne – welche im Sommer austrocknen und welche nicht.“ Jewgenijs Heimat ist die Hafenstadt Berdjansk am Asowschen Meer.

Und das Meer ist es auch, was er am meisten vermisse, sagt er. „Für die Brigade ist es viel besser, Leute zu haben, die sich in der Gegend auskennen, deshalb erlauben unsere Kommandeure, dass sie genau dort kämpfen dürfen“, sagt der Oberleutnant Dmytro. Auch er hat sich in der Nähe seiner Heimat, einer besetzten Stadt in der Region Cherson, einsetzen lassen. Er wolle seine Eltern sehen, sagt er, „je schneller, desto besser“.

Aber es ist nicht immer nur die Sehnsucht nach der Heimat und den Menschen dort, die die Soldaten an die Front nahe ihrer Städte und Dörfer treibt. Manchmal ist es auch ein Rachegefühl, von dem einige Soldaten gegenüber der Zeitung sprachen – gegen die Ukrainer in den besetzten Gebieten, die sich im Krieg auf die Seite Russlands gestellt hätten.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Nach ukrainischen Angaben hat Russland die Region Odessa in der zweiten Nacht in Folge mit Luftangriffen überzogen. Details zu Schäden und Verletzten sind bisher nicht bekannt. Mehr hier.
  • Russlands Präsident Putin reist nicht zum Brics-Gipfel nach Südafrika. Gegen den russischen Staatschef liegt ein Haftbefehl vor, den Südafrika hätte vollstrecken müssen. Putin lässt sich nun von seinem Außenminister vertreten. Mehr hier.
  • Auf einem russischen Militärgelände auf der annektierten Halbinsel Krim ist nach regionalen Behördenangaben ein Brand ausgebrochen. Deshalb müssten aus vier Dörfern mehr als 2000 Menschen in Sicherheit gebracht werden, teilte Verwaltungschef Sergej Aksjonow am Mittwoch auf Telegram mit. Ein Teil der wichtigsten Straße über die Halbinsel von Simferopol nach Kertsch im Osten der Halbinsel sei gesperrt worden; der Verkehr werde örtlich umgelenkt. Mehr in unserem Liveblog.
  • Fünf osteuropäische Staaten werden gemeinsam die Europäische Union auffordern, den Importstopp für ukrainisches Getreide über die bislang geltende Frist bis zum 15. September hinaus zu verlängern. Das sagt der ungarische Landwirtschaftsminister Istvan Nagy Reuters. Dadurch sollen Verwerfungen auf den eigenen Agrarmärkten vermieden werden. Neben Ungarn wollen seinen Worten nach auch Polen, Rumänien, die Slowakei und Bulgarien den Importstopp für Weizen, Mais, Rapssamen und Sonnenblumenkerne aufrechterhalten. 
  • Russland setzt den Vereinten Nationen eine Frist zur Wiederbelebung des Getreide-Abkommens. „Die UN haben noch drei Monate Zeit, um konkrete Ergebnisse zu erzielen“, sagt die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa. „Wenn es konkrete Ergebnisse gibt, sind wir zu Verhandlungen über dieses Thema bereit.“ Russland hat am Montag das von den UN und der Türkei vermittelte Getreide-Abkommen mit der Ukraine ausgesetzt.
  • Die FDP-Verteidigungsexpertin Maria-Agnes Strack-Zimmermann sieht den russischen Präsidenten Wladimir Putin durch den Aufstand der Söldner-Gruppe Wagner „nachhaltig geschwächt“. Aus Sicht der Vorsitzenden des Bundestags-Verteidigungsausschusses erhöht sich damit die Chance auf ein Ende des Angriffskrieges gegen die Ukraine. „Meine persönliche Einschätzung ist: Zum ersten Mal geht die Tür zum Frieden einen Spalt breit auf“, sagte Strack-Zimmermann dem Magazin „Stern“.
  • Ein Neffe des tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow übernimmt die Leitung des Russlandgeschäfts von Danone. Der 32-jährige Ibragim Sakrijew sei neuer Generaldirektor von Danone Russland, teilte am Dienstagabend die tschetschenische Regierung mit. „Seine Wahl zeigt, dass die Vertreter des Teams des tschetschenischen Anführers und des Helden von Russland, Ramsan Achmatowitsch Kadyrow, talentierte und erfolgreiche Manager sind.“
  • Bei einem russischen Angriff auf den Hafen von Tschornomorsk sind nach ukrainischen Angaben rund 60.000 Tonnen Getreide zerstört worden. Ein beträchtlicher Teil der Infrastruktur in dem Hafen für den Getreideexport sei beschädigt worden, teilt Landwirtschaftsminister Mykola Solsky mit. Das Getreide hätte vor 60 Tagen verladen und verschifft werden sollen. Tschornomorsk liegt in der Oblast Odessa im Süden der Ukraine.
  • Bundesaußenministerin Annalena Baerbock will die Ukraine unterstützen, alternative Getreiderouten zu finden. Dies könne mithilfe der EU per Schiff, Bahn oder über die Straße gelingen, twittert die Grünen-Politikerin.

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