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Oppositionsführer Ingo Senftleben droht mit einer Klage.

© Bernd Settnik/dpa

Landtagswahl in Brandenburg: Oppositionsführer wirft Koalition Verfassungsbruch vor

Brandenburg wählt 2019. Die rot-rote Koalition plant einen Doppelhaushalt gleich für 2020 mit. Die CDU-Opposition droht deshalb mit einer Klage.

In Brandenburg eskaliert vor der nächsten Landtagswahl am 1.September 2019 die politische Auseinandersetzung in Brandenburg weiter: CDU-Oppositionsführer Ingo Senftleben, der die bislang ungebrochene SPD-Vorherrschaft in der Mark beenden und selbst Ministerpräsident werden will, warf der rot-roten Koalition unter Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) einen geplanten „vorsätzlichen Verfassungsbruch“ vor. Er kündigte eine Verfassungsklage seiner Fraktion an, falls die rot-rote Koalition tatsächlich einen Doppelhaushalt für die Jahre 2019 und 2020 beschließt. „Dieser Haushalt verstößt gegen die Landesverfassung“, sagte Senftleben. Dass bereits ein Haushalt für 2020 verabschiedet werde, greife in die Hoheit des neuen Landtages ein. „Das Königsrecht des Parlamentes wird ein Stück außer Kraft gesetzt“, sagte Senftleben. „Wir werden alle politischen und rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um das zu verhindern.“

Der Haushaltsentwurf, der für kommendes Jahr ein Rekord-Volumen von 12,5 Milliarden Euro und für 2020 Einnahmen und Ausgaben von 12,7 Milliarden Euro vorsieht, wird am heutigen Mittwoch in erster Lesung im Landtag beraten und soll im Dezember verabschiedet werden.

CDU stützt sich bei Kritik auf Gutachter

Die CDU stützt sich bei ihrer Kritik auf ein Gutachten, das Christoph Gröpl, Professor und Lehrstuhlinhaber für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität des Saarlandes im Auftrag der Fraktion erstellt hat. Er war Prozessbevollmächtigter der CDU-Opposition in Nordrhein-Westfalen, als diese erfolgreich 2011 und 2013 zwei rot-grüne Haushalte vor dem dortigen Verfassungsgericht gekippt hat. Nach dem Gutachten ist in Brandenburg seit 1990 noch nie ein Haushalt verabschiedet worden, der so weit in eine folgende Legislatur reicht – für ein komplettes Jahr im Voraus. Alle bisherigen Etats galten maximal einige Monate über den Wahltag hinaus.

Gröpl zitiert die frühere Landesfinanzministerin Wilma Simon (SPD), die diese geübte Praxis im Landtag einmal damit begründet hatte, der „zukünftigen Landesregierung ... die erforderlichen politischen Schwerpunktsetzungen zu ermöglichen“. Aber nun, erklärt Gröpl, „soll jedoch – zum ersten Mal überhaupt in der Landesgeschichte seit der Wiedervereinigung – mit dieser Haushaltstradition gebrochen werden.“ Sein juristisches Fazit ist eindeutig: Der geplante Doppelhaushalt würde, und zwar in Bezug auf 2020, „das parlamentarische Budgetrecht des siebenten Brandenburger Landtages beeinträchtigen“. Gründe, die dies rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich. Ein solcher Haushaltsplan für 2020 wäre „verfassungswidrig“.

Neue Koalition könne Nachtragshaushalt ändern

Dagegen sagte SPD-Fraktionschef Mike Bischoff am Dienstag, dass man mit dem Doppelhaushalt ein „Time-Leck“ bis zu einer Regierungsbildung umgehen könne, die voraussichtlich schwierig sein wird. Nach Umfragen und Wahlergebnissen der letzten eineinhalb Jahre gehen SPD, CDU, AfD und Linken etwa gleich stark in den Ring. Für klassische Zweier-Koalitionen wie aktuell Rot-Rot wird es nicht mehr reichen. Laut Landesverfassung muss drei Monate nach der Wahl die neue Regierung stehen – sonst finden Neuwahlen statt. In dieser Zeit würde der rot-rote Haushalt gelten. Vor allem aber argumentieren SPD und Linke, dass eine neue Koalition über einen Nachtragshaushalt den Etat für 2020 wieder ändern könne.

Und alle verweisen darauf, dass das CDU-regierte Sachsen, wo am 1.September 2019 ein neuer Landtag gewählt wird, einen Doppelhaushalt für 2019 und 2020 vorbereitet – was dort heftig von den Linken kritisiert wird. Auch der damalige rot-schwarze Berliner Senat hatte einen Doppelhaushalt für 2016/2017 beschlossen, der nach der Abgeordnetenhauswahl vom September 2016 von der rot-rot-grünen Koalition über einen Nachtragshaushalt korrigiert wurde.

Laut Gröpl-Gutachten ändert ein Nachtragshaushalt nichts an der Verfassungswidrigkeit. Denn ein Nachtragshaushalt könne „in aller Regel nur partielle Änderungen vornehmen, nicht aber neue Strukturen schaffen“. Brandenburg brauche aber „neue Akzente“, sagte Senftleben. In einer CDU-geführten Regierung soll es ein „Lausitz-Ministerium“ geben. Außerdem habe die Task-Force zum Lunapharm-Skandal ein „Ministerium für Gesundheit und Pflege“ empfohlen. Zudem werde die Enquete-Kommission des Landtages für die ländlichen Räume Empfehlungen vorlegen, es sei ein „Heimatministerium“ in der Diskussion. Werde der rot-rote Doppelhaushalt wie geplant verabschiedet, sei die Struktur vorgeben. Unterstützung erhielt die Union von den Grünen. Fraktionschef Axel Vogel sagte: „Es gibt überhaupt keine Not, für 2020 schon einen Haushalt aufzustellen.“

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