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Sport: „Winters Verletzung stellt uns vor große Probleme“

Turbine Potsdams Trainer Bernd Schröder: Heimspiel gegen Frankfurt wird zum Gradmesser

Herr Schröder, Turbine Potsdam steht vor drei englischen Wochen der Wahrheit mit gleich sieben Spielen. Ist Ihre Mannschaft dafür gut gerüstet?

Nein, denn wir haben in den letzten Tagen mit gerade mal neun Feldspielerinnen trainiert, da zahlreiche Spielerinnen in der Europameisterschafts-Qualifikation unterwegs waren. Dass Keelin Winters wegen ihrer Knöchelverletzung auf keinen Fall die nächsten drei Spielen bestreiten wird, stellt uns im Mittelfeld vor große Probleme. Und von unseren fünf Spielerinnen mit Kreuzbandrissen kann eventuell Kristin Demann als Erste zurückkehren – aber frühestens Ende Oktober. Wir haben sehr, sehr aufmerksam die EM-Qualifikationsspiele mit Potsdamer Beteiligung am vergangenen Wochenende und am Mittwoch verfolgt und hoffen, dass alle unsere dort eingesetzten Spielerinnen gesund und unverletzt nach Potsdam zurückkehren. Es ist schon ein bisschen kritisch wenn man sieht, dass wir auf jede Spielerin angewiesen sind. Derzeit haben wir aus unserem Kader nur vier einsatzfähige Feldspielerinnen für die Bank.

Ihre neue Mannschaftskapitänin Tabea Kemme fehlte daheim in der Vorbereitung, weil sie zu den letzten EM-Qualifikationsspielen bei der deutschen Nationalmannschaft war, ohne aber zu ihrem ersten Einsatz zu kommen. Hätte sie nicht zumindest zuletzt gegen die Türkei spielen können?

Dass sie nicht eingesetzt wurde, ist insofern schade, weil Turbine gegen Aserbaidschan und zuletzt die Türkei zwar sechs ehemalige, aber erstmals seit langer, langer Zeit keine aktuelle Spielerin auf dem Platz dabei hatte. Ich habe dazu allerdings sowohl von Tabea Kemme selbst als auch in Nuancen von der Nationaltrainerin die Information bekommen, dass unsere Spielerin im Trainingsprozess nicht entsprechend überzeugt hat.

Hatte der FCR Duisburg, bei dem Turbine am Sonntag zum Bundesligaspiel antritt, im Vorfeld ähnliche Probleme wie Sie?

Nein, Duisburg hat derzeit nur die Japanerin Kozue Ando als Nationalspielerin von Format dabei und hatten in der Vorbereitung alles an Deck.

In den vergangenen Monaten haben zahlreiche Spitzenspielerinnen den FCR verlassen. Wird die Partie Duisburg gegen Potsdam trotzdem wie in den vergangenen Jahren ein Bundesliga-Spitzenspiel sein?

In Duisburg gab es immer Spitzenspiele. Geht man rein numerisch heran, hat Duisburg mit Simone Laudehr, Alexandra Popp, Annike Krahn und Luisa Wensing vier Spielerinnen verloren, ebenso wie wir mit Viola Odebrecht, Babett Peter, Bianca Schmidt und Isabel Kerschowski. Nun kommt es darauf an, wie beide Seiten diese Abgänge kompensieren können. Wir wollen erneut ganz vorn mitspielen, Duisburg will nicht ins Mittelfeld abrutschen. Also kann man davon ausgehen, dass es eine heiß umkämpfte Partie wird.

Ist es für Potsdam von Vorteil, schon ein Spiel in der Liga bestritten und in Sindelfingen 9:1 gewonnen zu haben, während Duisburg erst in die Saison startet?

Das glaube ich nicht. Wir haben in Sindelfingen am 2. September gespielt, seitdem sind auch schon wieder fast drei Wochen vergangen.

Von Duisburg aus reist Turbine gleich weiter westwärts, weil am nächsten Mittwoch in Lüttich das Champions-League-Hinspiel bei Standard ansteht. Wie schätzen Sie Belgiens Meister ein?

Das ist eine gute Mannschaft, die durchaus im gehobenen Mittelfeld unserer Bundesliga spielen könnte. Wir nehmen den Gegner sehr ernst. Lüttich stellt das Gros der belgischen Nationalmannschaft, und unsere neue Abwehrspielerin Heleen Jaques hat uns schon auf einige Stärken und Schwächen hingewiesen.

Ist es gut, erst auswärts zu spielen?

Ja, denn dann kann man sich schon besser auf das Rückspiel vor heimischer Kulisse einstellen und mit den Fans im Rücken notfalls noch einiges korrigieren.

Nur vier Tage später erwartet Potsdam den FFC Frankfurt. Ist der so stark wie in den vergangenen Jahren? Immerhin verlor Frankfurt in Essen 1:3 und entließ daraufhin seinen Trainer Sven Kahlert.

Ich denke, dass sich Frankfurt speziell gegen uns wieder stabilisiert hat. Unsere Duelle sind ja immer besondere Spiele. Das Heimspiel gegen Frankfurt wird schon ein Gradmesser dafür sein, wo wir derzeit wirklich stehen.

Wie groß ist der Vorteil, danach innerhalb von zwölf Tagen auch gegen Lüttich, die SGS Essen, dem SC 07 Bad Neuenahr und Bayern München immer daheim zu spielen?

Der einzige Vorteil ist, dass wir nicht reisen müssen und uns nach den Spielen hier in Ruhe auf die nächste Aufgabe vorbereiten können. Fünf Heimspiele in Folge sind aber beileibe kein Eigenläufer, zumal die Erwartungen unserer Fans zu Hause immer sehr groß sind.

Zum Heimspiel gegen Frankfurt hat sich Bundestrainerin Silvia Neid angekündigt. Gibt es dafür einen besonderen Grund?

Wir haben in letzter Zeit versucht, wieder enger zusammenzuarbeiten, was auch funktioniert. Die Bundestrainerin kommt aber vor allem nach Potsdam, um im Auftrag des DFB Genoveva Anonma in unserem ersten Heimspiel der neuen Saison als beste Torschützin des vergangenen Spieljahres mit der Torjägerkanone auszuzeichnen.

Anonma ist jetzt von der Nationalmannschaft Äquatorialguineas nach Potsdam zurückgekehrt, wird Ihnen aber bald wieder fehlen.

Ja, sie wird uns wegen des am 28. Oktobers beginnenden Afrika-Cups in fünf Spielen fehlen – gegen Jena, Essen und Leverkusen sowie in den beiden Champions-League-Spielen der nächsten Runde, falls wir die erreichen.

Rechnen Sie damit, bis dahin Kameruns Nationalspielerin Jeannette Grace Ngock Yango für Turbines Sturm zur Verfügung zu haben?

Das glaube ich nicht. Es ist derzeit sehr fraglich, ob es überhaupt mit einer Spielberechtigung für Yango klappt.

Das Interview führte Michael Meyer.

Bernd Schröder (70) ist seit 1971 mit kurzen Unterbrechungen Cheftrainer Turbine Potsdams. 2010 und 2011 führte er Turbine jeweils in das Endspiel der UEFA Women’s Champions League.

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