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Sie können schnell gehen: Hagen Pohle (l.), Nils Glogau und Christopher Linke (r.) mit ihrem Trainer Ronald Weigel vor ihrem Start zur Europameisterschaft in Zürich.

© G. Pohl

Sport: Wehmut und ein wenig Zuversicht

Drei Geher aus dem Luftschiffhafen starten kommende Woche bei den Europameisterschaften in Zürich

Zum 22. Mal finden in der kommenden Woche vom 12. bis 17. August die Leichtathletik-Europameisterschaften statt – nach 1954 in Bern zum zweiten Mal in der Schweiz, diesmal in Zürich. Unter den rund 1 400 Athleten sind auch drei Potsdamer – die Geher Christopher Linke, Hagen Pohle und Nils Christopher Gloger. Am kommenden Mittwoch gehen sie im 20-Kilometer-Wettbewerb an den Start.

In der medaillenreichen Bilanz deutscher Athleten in der Geschichte der Europameisterschaften seit 1934 haben zahlreiche Potsdamer Leichtathleten ihren Platz. Über Jahrzehnte gehörten die Sportler vom Luftschiffhafen zu Medaillengewinnern bei den kontinentalen Meisterschaften. Doch inzwischen sind die Erfolge rar geworden. Die letzte Einzelmedaille bei Europameisterschaften gewann 2010 die 400-Meter-Läuferin Claudia Hoffmann. Athleten von nationaler Güte wie Antje Möldner, die Suew-Zwillinge (1 500 Meter) oder Thomas Schneider (400 Meter) haben den SC Potsdam verlassen. Bei den Deutschen Meisterschaften vor zwei Wochen in Ulm war die Bilanz des SCP ernüchternd; vier fünfte Plätze, ein siebenter. Zwei Dreispringer, zwei Werferinnen und ein Werfer schafften das.

Doch eine alte Saat scheint neu aufzukeimen: das Gehen. Gelegt hat sie Hans-Joachim Pathus, bis 2004 Bundestrainer Gehen, zuvor in ähnlicher Position in der DDR und beim ASK Vorwärts Potsdam. Zehn Jahre lang hat Pathus Vorträge in der Trainerweiterbildung in Köln gehalten. Nach seiner Pensionierung hatte er sein Bundestraineramt an seinen einstigen Eleven Ronald Weigel, Weltmeister und Gewinner mehrerer internationaler Medaillen, übergeben.

Zusammen mit Peter Frenkel, Olympiasieger von 1972 und mehrfacher Weltrekordler und sein erster Meisterschüler, gibt Pathus Auskunft, woran es heute generell hapert. Sie halten für die Herausbildung von Spitzenathleten Trainingsgruppen von fünf bis sechs gleichstarken Athleten für notwendig. So könnten sich in einer Gruppe Ehrgeiz und Motivation entwickeln sowie Vorbilder bilden. An der Jugendarbeit liege es nicht, meinen Pathus und Frenkel, aber die wenigsten der talentierten Nachwuchskader blieben bei der Stange. Eine Kopplung zwischen Berufsausbildung und Leistungssport erscheint vielen heute nicht möglich. Zudem brauche ein junger Mensch Erfolgserlebnisse, doch verwehrt der Verband ihnen die Möglichkeiten: Gerade hat der DLV die U 16-Meisterschaften abgeschafft.

In Anbetracht dieser schlechten Umfeldbedingungen erscheint es denn aber doch als ein Lichtblick, dass gerade die Gehernachwuchsarbeit beim SC Potsdam so gute Ergebnisse hat. Neben Bundestrainer Weigel leistet Manja Berger eine hervorragende Arbeit. Maxi Woelke, Annika Brembach und Teresa Zureck sind ihre Hoffnungsträger. Manja Berger ist auch Vizepräsidentin des Geher-Team Deutschland e.V. Ehrenpräsident ist Pathus. Eine Aufgabe sieht das Team darin, die Aufmerksamkeit für die Disziplin Gehen innerhalb der Leichtathletik neu zu befördern. Immerhin gab es im Gehen vier deutsche Olympiasieger, zwei Welt- und fünf Europameister, oder zusammengefasst 30 Medaillen. Keine andere Disziplin war so erfolgreich.

Nun führen die Potsdamer Geher Christopher Linke und Hagen Pohle die deutsche Bestenliste über 20 Kilometer an. Zusammen mit Nils Christopher Gloger werden sie in Zürich starten. Alle drei haben sich stark verbessert. Aber eine Medaille werden sie noch nicht schaffen, meint Pathus. Wenn sie im Bereich ihrer Bestzeit gehen, könnten sie Top-Ten-Platzierungen erreichen, Christopher Linke vielleicht einen sechsten Platz. Vielleicht doch mehr, meint hingegen Peter Frenkel. Die letzte EM-Medaille für Potsdam im Gehen gewann übrigens Bernd Gummelt, fügt er an. Der von der Leistung beste Potsdamer muss dann aber auch erwähnt werden, schließt der ehemalige Bundestrainer ab. Andreas Erm gewann zwar einmal WM- Bronze, ist aber immer noch Inhaber der Bestleistungen über 20 und 50 Kilometer auf der Straße.

Na ja, und die Rekorde auf der Bahn hält immer noch der heutige Bundestrainer Ronald Weigel.Hans Groschupp

Hans Groschupp

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