zum Hauptinhalt
Warmgeschossen. Leon Draisaitl vor seinem großen Auftritt.

© Imago/USA Today Network/Stephen R. Sylvanie

Vier Tore und trotzdem verloren: Der zähe Kampf von Eishockeystar Leon Draisaitl

Vier Tore in einem Spiel: Leon Draisaitl hat in der NHL gigantische Auftritte, doch der große Erfolg und die Anerkennung in der Heimat fehlen ihm noch.

Seinen Vater zu ärgern, sei simpel. „Da erwähne ich einfach den Penalty von 1992“, hat Leon Draisaitl im Jahr 2014 gesagt. Damals war er mit 18 als junger Eishockeyprofi auf dem Sprung zu einer großen Karriere, die sein Vater Peter schon hinter sich hatte – wenngleich auf niedrigerem Niveau. Dessen größter Moment war ebenjener verschossene Penalty bei den Olympischen Winterspielen 1992 im Viertelfinale gegen Kanada. Damals wartete sogar die „Tagesschau“, bis der Puck auf der Torlinie ausgetrudelt war.

Der gebürtige Kölner Leon Draisaitl hat mit 27 Jahren einen so tragischen Moment noch nicht in seinem Portfolio, dafür aber viele ganz große. Am Donnerstag etwa gelang dem Angreifer in der National Hockey League (NHL) ein Quattrick. Die vier Tore halfen seinen Edmonton Oilers aber nicht, Draisaitls Team verlor das erste Viertelfinalspiel in der höchsten nordamerikanischen Eishockeyliga bei den Vegas Golden Knights 4:6.

Eishockey ist eben nicht nur Draisaitl, Eishockey ist ein Teamsport

Ob er sich über seine vier Treffer wenigstens etwas freuen würde, wurde Leon Draisaitl nach dem Spiel in Vegas gefragt. Die Antwort kam garniert mit einem Kopfschütteln. „Nein“, sagte er, und noch mal: „Nein.“

Elf Tore in sieben Play-off-Spielen hat er nun erzielt für die Oilers, bei denen ihr anderer Superstar, Connor McDavid, in der Endrunde bisher etwas abfällt. Er ist bester Mann im Team, das es womöglich auch diesmal in den Play-offs nicht weit bringen wird. Eishockey ist eben nicht nur Draisaitl, Eishockey ist ein Teamsport.

11
Tore erzielte Leon Draisaitl in sieben Play-off-Spielen.

Von seinem Auftreten her ist Leon Draisaitl ein smarter Bursche, der ganz nett formulieren kann. Als er in der Saison 2020/21 in der NHL zum Spieler des Jahres gekürt wurde, hatte er mit diversen Fernsehauftritten medial ein wenig Echo in der Heimat, wurde zum Sportler des Jahres gekürt. Doch inzwischen ist es abseits der Eishockeyszene in Deutschland ruhig um ihn geworden. Sein Jahresgehalt ist so ordentlich, dass 95 Prozent der deutschen Bevölkerung in Unkenntnis des Namens Draisaitl darüber staunen dürften, dass es in der kanadischen Provinz einen deutschen Eishockeyspieler gibt, der 8,5 Millionen Dollar pro Saison bekommt.

Das Welteishockey ist in einer Schieflage

Dass Draisaitl in der Heimat so unbekannt ist, liegt an der Schieflage des Welteishockeys. Die NHL zieht mit Geld und Macht ihr Ding durch, der Eishockeyrest in Europa muss sehen, wie er klarkommt. Immer dann, wenn Eishockey in Deutschland mit dem Nationalteam bei Olympischen Spielen oder einer WM eine größere Bühne bekommt, ist Leon Draisaitl nicht dabei.

Sein letztes Länderspiel für Deutschland? Hat er im Mai 2019 gemacht, im WM-Viertelfinale gegen Tschechien. Seitdem kommt er nicht mehr. Weil sein Klub so einen wertvollen Spieler nicht freigibt oder der Deutsche Eishockey-Bund seine Versicherungssumme nicht berappen kann.

Der Hype ist mir egal. Ich weiß, was ich kann. Und ich weiß, was ich nicht kann.

Leon Draisaitl über seine Bekanntheit in Kanada

Es mag ein Vorteil für Draisaitl sein, dass er beim Heimaturlaub im Sommer weitgehend unerkannt über die Straßen selbst seiner Heimatstadt Köln flanieren kann. In Kanada sieht das anders aus, da ist schon Trubel um seine Person. Aber wie hat er mit 18 Jahren schon gesagt: „Der Hype ist mir egal. Ich weiß, was ich kann. Und ich weiß, was ich nicht kann.“

Es ist ohnehin unfair, wenn man Sportler an den Taten ihrer Eltern misst, aber im Falle Draisaitl ist es zudem etwas schräg, weil der längst nicht so erfolgreiche Vater Peter in einer Zeit aktiv war, als die Nationalmannschaft eine Rolle spielte, und daher bis heute vielen älteren Menschen eher ein Begriff ist als der erfolgreichere Sohn. Peter Draisaitl sagte in einem Interview mit dem Tagesspiegel: „Leon war und ist von der Persönlichkeit her klar strukturiert. Leon hat zum Erreichen seines Zieles NHL alles Entscheidende gemacht.“

Was Leon Draisaitl noch fehlt, ist ein Erfolg mit einem Team, was dann für ihn zumindest in Nordamerika eine große Welle wäre. In der Heimat, nun ja, da werden vielleicht ein paar mehr Menschen davon erfahren als vom jüngsten deutschen Stanley-Cup-Sieger. Der heißt Nico Sturm und gewann die Trophäe in der NHL vergangenes Jahr mit den Colorado Avalanche.

Am Sonnabend ist Sturm übrigens im „Aktuellen Sportstudio“ zu Gast. Das Privileg des Verfügbaren, das Leon Draisaitl eben nicht hat. Vielleicht dann mal wieder im kommenden Jahr, wenn es mit dem Stanley Cup geklappt hat. Obwohl das für Edmonton noch ein weiter Weg ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false