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Balack Frings

© ddp

Österreich - Deutschland: Verlieren verboten

Der Ton wird rauer vor dem "Achtelfinale" gegen Österreich: Das deutsche Team hat Tacheles geredet. Jetzt sind Ballack und Co. heiß auf den Nachbarn. Und: Herthas Arne Friedrich soll der Abwehr mehr Stabilität verleihen.

Der Ton ist rauer geworden, aber entladen soll sich der geballte Frust im deutschen Nationalteam im K.o.-Spiel gegen Österreich. Nachdem sich die Spieler intern "mal laut die Meinung gesagt haben" und auch Bundestrainer Joachim Löw die Tonlage deutlich verschärft hat, rechnet keiner mit einem neuen Cordoba. "Ich hoffe, dass wir am Montag eine Reaktion zeigen. Das Spiel ist jetzt wie ein Achtelfinale für uns", erklärte Kapitän Ballack, der aber am Sonntag vor der Abreise nach Wien auch offen das Risiko des Gruppen- "Endspiels" gegen das vor Turnierbeginn selbst im eigenen Land belächelte Hickersberger-Ensemble ansprach: "Die Gefahr ist, dass man ausscheiden kann. Die Österreicher haben nichts zu verlieren."

Den dritten Vorrunden-K.o. bei einer Fußball-Europameisterschaft in Serie kann und will sich vor den 90 bislang wichtigsten Minuten in der Amtszeit von Löw niemand im DFB-Lager ausmalen. "Einen Plan B gibt es bei uns definitiv nicht", antwortete Löws Assistent Hans- Dieter Flick fassungslos auf die Frage, wie die Abläufe im Falle der ersten Niederlage seit 22 Jahren gegen den Weltranglisten-92. wären. Nicht einmal ein Unentschieden, das schon zum Einzug ins Viertelfinale gegen Portugal reicht, komme im eigenen "Gedankengut" vor, so Flick: "Für uns zählt nur ein Sieg und das Weiterkommen."

Showdown als Charakterfrage

Verlieren verboten - ein schmachvolles Aus gegen die Skifahrer-Nation Österreich ist für die Fußball-Macht Deutschland undenkbar. Löw hat den Showdown am Montagabend (20:45 Uhr/ARD) vor einem euphorisierten österreichischen Heimpublikum zur Charakterfrage für seine EM-Gipfelstürmer erklärt: "Unsere Mannschaft wird ganz anders auftreten und dagegen halten. Es wird ein Tag der Extreme." In der Tat: Eine Pleite könnte Löw den Job kosten, ein Sieg Flügel für die folgenden K.o.-Runden verleihen. "Das ist ein Super-Spiel. Du kannst den Gastgeber rausschmeißen. Das gibt Selbstvertrauen für den weiteren Verlauf des Turniers", erklärte Torsten Frings.

Bevor das österreichische Team die Überlegenheit der deutschen Elf erleben soll, wurde intern Klartext geredet. Auf Initiative von Löw hatten sich die 23 Akteure am Tag nach dem ernüchternden 1:2 gegen Kroatien ohne die Trainer zusammengesetzt und in "Fußballersprache" die Meinung gegeigt, wie Ballack berichtete. Ein "Krisengespräch" sei es zwar nicht gewesen, aber wohl eines mit offenem Visier. "Wenn man verliert, wird die Sprache rauer", bemerkte Ballack: "Da muss der Ton nicht immer getroffen werden."

Sündenbock Gomez sauer

Es ist im bislang so kuscheligen deutschen Wohlfühl-Quartier am malerischen Lago Maggiore augenscheinlich ein Reizklima entstanden, das aber laut Ballack nichts mit den regelmäßigen Besuchen einiger Spielerfrauen zu tun habe. Vielmehr fühlen sich einige Akteure wohl als Sündenböcke abgestempelt, wie der neben seinem Sturmpartner Miroslav Klose heftig in der Kritik stehende Mario Gomez in einem Interview mit dem ARD-Hörfunk erkennen ließ: "Wenn du zwei, drei Mal nicht triffst als Stürmer und das Spiel verlierst, dann bist du gleich der Depp, der Vollidiot", schimpfte der Stuttgarter, der als Stammkraft auf der Kippe steht.

Zu Deppen der Nation will aber keiner werden, der im EM-Final-Stadion von Löw auf den Platz geschickt wird. "Wichtig ist, dass eine Reaktion kommt. Wir müssen Vollgas geben", betonte Ballack, der nach dem reinigenden internen Gewitter nun zur Ruhe mahnte: "Man muss jetzt nicht alles verdammen." So sieht es auch Löw, der einen Radikal-Umbau des Teams nicht auf der Agenda hat und womöglich nur die Abwehr umformiert. Philipp Lahm wird auf der linken Seite bleiben, zumal der gegen Kroatien ausgewechselte Marcell Jansen ohnehin wegen einer Schulterverletzung ausfällt. Vieles deutet zudem darauf hin, dass mit der Hereinnahme von Arne Friedrich als rechtem Verteidiger die hochgelobte WM-Abwehr von 2006 eine Neuauflage erlebt.

Bierhoff: "Es kann nur einen Sieger geben"

Umstellungen im Mittelfeld, in dem der gesperrte Rotsünder Bastian Schweinsteiger dafür die erste Option gewesen wäre, erscheinen unwahrscheinlich. Grünes Licht gab es kurz vor dem Abflug nach Wien für Lukas Podolski. Bei der letzten Einheit in Tenero machte der dreifache Turnier-Torschützenur nur Aufwärmtraining und leichte Übungen mit dem Ball. Beim Trainingsspiel und der Zweikampfschulung pausierte der Stürmer wegen der Verletzung. "Lukas Podolski hat ein individuelles Training gemacht", berichtete Flick, der aber keine Zweifel an dessen Einsatz hat. Podolski wird wohl nicht in den Sturm vorrücken, sondern erneut links im Mittelfeld beginnen. "Lukas hat gezeigt, dass er sich auf der Position wohlfühlt und Tore macht", hob Ballack hervor. Auch das 4-4-2-System mit Ballack und Frings nebeneinander im Zentrum wird nicht geändert, wie Flick abermals bestätigte: "Nein, wir gehen davon nicht ab."

Ohnehin wird die Einstellung für wichtiger als die Aufstellung erachtet. "Jeder brennt. Der Druck, gewinnen zu müssen, kitzelt ein paar Prozent mehr raus", glaubt Ballack. Zur reinen "Kopfsache" hat Teammanager Oliver Bierhoff den heißen Bruderkampf erklärt: "Wenn wir hundert Prozent abrufen und hundertprozentig umsetzen, was die Trainer von den Spielern fordern, kann es nur einen Sieger geben - Deutschland!"

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