zum Hauptinhalt
John Higgins nach seinem Comeback-Sieg gegen Mark Allen im WM-Achtelfinale.

© Imago/News Images

Unglaubliches Match bei der Snooker-WM: John Higgins und die Clearance für die Ewigkeit

In einem epischen Zweitrunden-Duell sieht John Higgins gegen Mark Allen wie der sichere Verlierer aus. Doch der Schotte bekommt eine letzte Chance und schreibt WM-Geschichte.

Am Dienstagnachmittag schritt er schon wieder zur Tat, als sei nichts gewesen. John Higgins wurde von Rob Walker dem Publikum wie immer als „Wizard of Wishaw“ angekündigt, wobei sich die Stimme des Zeremonienmeisters am Ende beinahe überschlug. Higgins quittierte es mit einem gezwungenen Lächeln und betrat die Bühne im Crucible Theatre für die erste Session in seinem Viertelfinale der Snooker-Weltmeisterschaft gegen Kyren Wilson.

Am Abend zuvor hatte der 48 Jahre alte Schotte für eine Sternstunde in der WM-Geschichte gesorgt und in einem aufregenden Zweitrundenmatch gegen den Nordiren Mark Allen nach 11:12-Rückstand noch 13:12 gewonnen. Vor allem der alles entscheidende Frame war einzigartig, Eurosport-Kommentar Rolf Kalb sprach sogar von der vielleicht besten Clearance bei einer WM und einem Klassiker in der Crucible-Geschichte.

0:62 lag Higgins bereits zurück, als Allen zum Hilfsqueue griff. Normalerweise ein Routine-Stoß, aber was ist schon Routine in einer Situation, die matchentscheidend sein kann? Und es kam wie schon so manches Mal in der Snooker-Geschichte: Allen verschoss und gab seinem Gegner noch eine letzte Chance.

Wobei die Chance nicht einmal besonders groß war. Aber Higgins hatte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr viel zu verlieren, ging volles Risiko und versenkte seine erste Kugel über die lange Bande in die Mitteltasche. „Ich habe mich gut gefühlt und gedacht: Ich muss jetzt für das Double gehen“, sagte Higgins später in der BBC.

Doch sein Weg zum Sieg sollte eine weitere Stolperfalle bereithalten. Nach einem minimalen Stellungsfehler war der Winkel auf die letzte Rote sehr steil. Higgins zeigte jedoch keine Nerven und war erneut erfolgreich. Snooker-Legende Stephen Hendry, als Experte für die BBC bei der WM im Einsatz, sprach danach von „einem der besten Stöße, die ich je gesehen habe“.

Ich glaube wirklich, dass ich es noch draufhabe.

John Higgins nach seinem Sieg gegen Mark Allen

Der Rest war mehr oder weniger Schaulaufen für Higgins und anders als Mark Allen zuvor wackelte er kein bisschen. Auf Schwarz gewann er den Frame und damit das Match. Hinterher fiel die ganze Erleichterung von ihm ab. „Ich bin außer mir vor Freude. Ich denke, mir wird das erst später bewusstwerden, dass dies eine ganz spezielle Clearance war. Ich bin stolz auf mich.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Klar ist, dass auch Mark Allen seinen Anteil an Higgins Comeback hatte, nicht nur im finalen Frame. Schließlich führte der laut Weltrangliste auch favorisierte Nordire bereits mit 10:7, doch sein Gegner kämpfte sich immer wieder zurück. „Ich kann nur mir selbst die Schuld geben. Ich hatte genügend Chancen und konnte sie einfach nicht nutzen“, sagte Allen nach dem Thriller.

4
Mal war John Higgins Weltmeister: 1998, 2007, 2009, 2011

Für den Vierfach-Weltmeister Higgins hatte der Einzug ins Viertelfinale noch einen schönen Nebeneffekt: Auch in der kommenden Saison wird er der Top 16 der Weltrangliste erhalten bleiben und damit für die Endrunden der ganz großen Turniere (wie zum Beispiel die WM) gesetzt sein. Aber daran habe er am Montagabend „kein bisschen“ gedacht, wie erzählte.

Vor einigen Wochen klang das noch ganz anders bei ihm. „Es wäre schon verrückt, wenn ich im Ranking so weit zurückfalle, dass ich Qualifikationen spielen muss. Das musste ich seit dem Beginn meiner Karriere nicht mehr tun“, sagte er im März gegenüber SportsBoom.com. Mit Blick auf die WM meinte er damals: „Ich hoffe, mein WM-Titel 2011 ist nicht mein letzter, aber es könnte durchaus so sein.“

Nun fehlen Higgins noch drei weitere Siege bis zur fünften WM-Krone. Er mag nach wie vor nicht zu den Topfavoriten im Turnier zählen, aber mit Erfolgen wie dem über Allen kommt das Selbstvertrauen zurück. Und ein John Higgins in Topform war immer ein harter Gegner in den ganz großen Matches. Oder wie er es selbst formulierte: „Ich glaube wirklich, dass ich es noch draufhabe.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false