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Traditionsreiches Potsdamer Handball-Turnier: Dinos auf dem Parkett

Auf eine bewegte Geschichte kann das Handball-Turnier des Potsdamer Helmholtz-Gymnasiums zurückblicken - es war sogar Startpunkt für die Karrieren absoluter Handball-Fachleute. Nun steigt die 50. Turnier-Auflage, für die sich die Veteranen „noch einmal aufraffen wollen“.

Als „Turnier-Dino“ wurde Wolf Dietrich Polte schon vor zehn Jahren beschrieben. Da war er 67 Jahre alt und galt längst als Veteran des Handball-Turniers des Potsdamer Helmholtz-Gymnasiums. Als dieses 1967 zum ersten Mal stattfand, spielte Polte in der Schulmannschaft des Gymnasiums. Nur zwei Mal war er bei den vergangenen 49 Turnieren nicht dabei. Und am morgigen Samstag, zur 50. Auflage des Turniers in der Sporthalle Heinrich-Mann-Allee (Beginn: 10 Uhr), spielt er immer noch. „Wir wollen uns alle noch einmal aufraffen“, sagt der nunmehr 77-Jährige und gibt zugleich zu bedenken: „Ob man das noch Handspielen nennen kann, weiß ich allerdings nicht.“

Ein halbes Jahrhundert wird das Turnier also alt. In den Jahren sind immer wieder Berichte in der Tagespresse oder in der Helmholtz-Schülerzeitung geschrieben worden, die von den Anfängen des Turniers Ostern 1967 erzählten, vom handballbegeisterten Deutsch- und Geografielehrer Bodo Kloth, der vor 50 Jahren zu den Gründungsvätern des Turniers gehörte und es bis heute – als 87-Jähriger – mitorganisiert. In seinem Almanach fanden sich auch die zahlreichen Schriftstücke und Fotos, die nun in einer Chronik die vergangenen 50 Jahre dokumentieren. Angesprochen waren damals Schüler, Ehemalige und Lehrer der Helmholtz- und deren Vorläufern Dortu- und Beethovenschule. Elf Mannschaften waren bei der Turnier-Premiere am Start. Fünf Mark sollten sie als Unkostenbeitrag mitbringen – für „Hallenmiete, Saalmiete, Kapelle und Reinigungsgebühr für Jerseys“.

Ein Stück Sportgeschichte der Landeshauptstadt Potsdam

Das Potsdamer Turnier war das heimische Handball-Sportfest der Helmholtz-Auswahl, die in den Jahren gern gesehener, aber auch gefürchteter Gast bei Turnieren in Greifswald, Leipzig, Grimma oder Berlin war. Selbst bis nach Budapest ins Petöfi-Gymnasium strickte Bodo Kloth ein sportliches Band. Der erste Besuch an der Donau blieb besonders im Gedächtnis: Die Helmholtz-Mädels hatten ihr Spiel 3:17 und ihr Herz an die ungarischen Jungs verloren. Die Potsdamer Jungen gewannen nach einem „Gemetzel“ 18:17. „Von Spiel konnte nicht Rede sein. Man ging sich gegenseitig an die Wäsche, es hagelte Zeitstrafen“, ist in der Chronik nachzulesen. Vier Jahre hielten die Beziehungen nach Ungarn, „dann wurden die Kosten zu hoch, die Subventionen blieben aus“.

Mit ihrem Handball-Turnier haben die Helmhöltzer ein Stück Potsdamer Sportgeschichte geschrieben: Ein Kapitel abseits der bekannten Publikumsbühnen des Sports in der Landeshauptstadt, jenseits von Glanz und Gloria der Sportler-Galas und Olympia-Empfängen. Es ist eines jener Sportkapitel der Stadt, das fern goldener Schlagzeilen und den wöchentlichen Überschriften steht.

Viele Traditionen blieben nach der Wende auf der Strecke

Und doch liegen hier die Wurzeln einer der erfolgreichsten deutschen Handball-Karrieren. „Ich hatte zu meiner Oberschulzeit in Potsdam einen wirklich handballverrückten Klassenlehrer. Ich war vorher Schwimmer und Leichtathlet gewesen, ein ganz passabler Hochspringer und Fußballer bei Motor Babelsberg. Aber der Pauker hat mich dermaßen vom Handball überzeugt, dass das mein Wahlfach wurde.“ Der das in einem Interview einmal erzählt hat, ist Lothar Doering. Der heute 66-Jährige begann in der Schul-Auswahl der Helmhöltzer, spielte dann bei Rotation Babelsberg, während des Studiums in der DDR-Oberliga beim SC DHfK Leipzig, wurde 1980 in Moskau Handball-Olympiasieger. Er führte Anfang der 1990er-Jahre als Bundestrainer die deutschen Frauen zum Weltmeister- und Vize-Europameistertitel. Danach trainierte er die Männer des SC Magdeburg und gewann mit dem Traditionsverein 1996 den DHB-Pokal. Sein jüngerer Bruder Detlef Doering – sie wuchsen in einem Eckhaus in der Charlottenstraße/Friedrich-Ebert-Straße auf – hat als Trainer großen Anteil an der erfolgreichen Nachwuchsarbeit beim derzeitigen Drittligisten VfL Potsdam. Er förderte Talente wie den heutigen Co-Trainer der deutschen Nationalmannschaft, Alexander Haase, der als Helmhöltzer einst in der Schul-Auswahl spielte und in den vergangenen Jahren immer wieder Gast beim Traditionsturnier war.

Das Turnier am Leben zu halten, war nicht einfach. Viele Traditionen blieben nach dem Mauerfall auf der Strecke. Auch für das Helmholtz-Turnier gab es kaum noch Zusagen. „Ab 1990 hat sich das sehr reduziert“, sagt Wolf Dietrich Polte. „Viele begannen sich für das zu interessieren, was ihnen lange Zeit versagt geblieben war und wozu sie keinen Zugang hatten“, meint Polte. Die Handball-AG war bald aus dem Schulprogramm am Helmholtz-Gymnasium verschwunden, Basketball gewann hingegen an Popularität. Die ehemaligen Helmholtz-Handballer kamen in die Jahre, die Traditionsturniere wurden mehr zu Veteranentreffen. Spannende Duelle mit dem einstigen Dauergast vom Runge-Gymnasium aus Oranienburg gibt es schon lange nicht mehr. „Handball abgewickelt“, übermittelte Runge-Lehrer Heiner Kern, einst Studiengefährte von Turnier-Vater Kloth, im Oktober 1991 die Neuerungen an seinem Gymnasium. „Ende der Handball-Freundschaft Potsdam-Oranienburg“, steht in der Turnier-Chronik dokumentiert. Geblieben ist indes die sportliche Rivalität, die heute die beiden Handball-Drittligisten VfL Potsdam und Oranienburger HC verbindet. In den vergangenen Jahren waren es mitunter nur noch vier Mannschaften, die die Tradition am Leben hielten. Frauenteams wurden zur Rarität.

Ex-Fußballer sorgt für Helmhöltzer Handball-Belebung

Inzwischen regt sich jedoch wieder etwas Handball-Leben in der Kurfürstenstraße, wo seit Kurzem eine neue Sporthalle den Unterricht aufwertet. Der Ex-Babelsberger Fußballer Andreas Fricke arbeitet seit einigen Monaten als Sportlehrer am Helmholtz-Gymnasium und hat wieder eine Handball-AG gegründet. „Vielleicht gibt es diesmal sogar wieder eine Mädchen-Mannschaft“, meint Gudrun Fahrland vom Organisationsteam. Und schon frohlockt „Dino“ Polte: „Eigentlich wollten wir nach dem 50. Turnier aufhören. Aber jetzt ...“

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