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Gefahr für die lebendige Szene. Dass das Fanprojekt des SV Babelsberg 03 seit Wochen personell unbesetzt ist, bereitet vielen Beteiligten große Sorgen.

© Jan Kuppert

SV Babelsberg 03: Appelle aus der Kurve

Vertreter des Fußball-Regionalligisten SV Babelsberg 03 und der Politik kämpfen um die Zukunft des derzeit brach liegenden Babelsberger Fanprojekts. Ihre Kritik richtet sich gegen den Träger, von dem "mehr Offenheit" für die SVB-Fanbelange gefordert wird.

Von Tobias Gutsche

Beim SV Babelsberg 03 gehen sie in die Offensive. Auf einer Presserunde am Mittwoch äußerten zahlreiche Beteiligte ihre Appelle mit Blick auf die kritische Lage im Fanprojekt des Fußball-Regionalligisten. Wie die PNN bereits berichteten, liegt dort die Arbeit seit etlichen Wochen brach, weil die beiden Betreuerstellen nicht besetzt sind. Die mahnenden Worte und Forderungen, die gestern geäußert wurden, richteten sich an das Sozialpädagogische Institut Berlin (SPI), das der Träger des Projektes ist.

Dem SPI wird angekreidet, eine schlechte Personalpolitik zu betreiben, indem Mitarbeitern nur für wenige Monate oder maximal ein Jahr befristete Verträge gegeben werden. Gerade im sensiblen Bereich Fußball-Fanszene entsteht daraus ein Konflikt. „Eine gut funktionierende Zusammenarbeit mit den Fans basiert auf Vertrauen – das wächst erst mit der Zeit“, betonte Denny Menzel vom SVB-Fanbeirat, der Interessenvertretung der Anhänger. Das SPI-Argument, man stelle nur befristete Verträge aus, weil keine langfristige Finanzierung des Projekts gesichert sei, wurde mit kollektivem Kopfschütteln quittiert. Aus Geldern der Stadt Potsdam, des Landes Brandenburgs und des Deutschen Fußball-Bundes wird das 2001 – nach dem Zweitliga-Aufstieg der Babelsberger – ins Leben gerufene Projekt gestemmt und sei in den Finanzplänen fest verankert, betonte Lutz Boede, Geschäftsführer der Fraktion „Die Andere“ im Potsdamer Stadtparlament: „Und außerdem ließe sich das Problem lösen, wenn man projektbezogen-unbefristete Verträge macht – also mit der Klausel, dass die Kündigung erst erfolgt, wenn es keine Förderung mehr gibt.“ So habe es beispielsweise funktioniert, bevor das SPI 2014 die Trägerschaft vom insolventen Diakonischen Werk übernommen hatte.

"Unstatthaft und nahezu fahrlässig"

Erster und dann für siebeneinhalb Jahre lang Mitarbeiter des SVB-Fanprojekts war Gregor Voehse. „Fassungslos“ blicke er auf den gegenwärtigen Zustand der Initiative, die vor allem an Jugendliche bis 27 Jahre adressiert ist und diese sozialpädagogisch begleitet. „Nach mehr als 15 Jahren erfolgreicher Fanarbeit erleben wir jetzt hier eine Zäsur, eine Destabilisierung. Aktuell ist kein Sozialarbeiter angestellt, womit auch keine qualifizierte Einarbeitung eines neuen vor Ort möglich ist – das macht es umso komplizierter“, sagte Voehse. Er unterstrich die Bedeutung des Projekts, das ein wichtiges Element im Verständnis des SVB als weltoffener Verein sei. Schon bundesweit genoss das Fanprojekt der Nulldreier positive Aufmerksamkeit, als es für sein Antirassismus-Engagement mit der Ehrengabe zum Theodor-Haecker-Preis ausgezeichnet wurde. „Aber Werte übertragen sich nicht selbstverständlich von einer Generation auf die andere“, erklärte Voehse: „Kontinuität ist notwendig. Deshalb ist es unstatthaft und nahezu fahrlässig, nur mit kurzzeitigen Verträgen zu hantieren und so die Arbeit des Projektes zu erschweren.“

Auch der Verein sieht ein großes Risiko, wenn das Fanprojekt weiterhin leblos bleibt. „Für uns war es immer ein wichtiger Partner besonders im Sicherheitsbereich“, sagte SVB-Geschäftsstellenvertreter Thoralf Höntze. Als „Bindeglied“ zwischen Polizei, Fans und Club fungierte es bei der Vorbereitung sowie Durchführung von Spielen. Dieses fehlt nun etwa bei den Hochsicherheitspartien daheim gegen den BFC Dynamo am Samstag und Lok Leipzig Mitte Dezember. „Auswärts ist der Mangel eines Ansprechpartners noch gravierender, weil der Draht zu den Sicherheitsverantwortlichen dort nicht so gegeben ist wie im eigenen Stadion“, sagte Höntze.

Städtische Option: SPI den Auftrag entziehen

Denny Menzel verwies diesbezüglich auf das zurückliegende Landespokalmatch in Rathenow. Zwischen SVB-Fans und Polizei entstand ein gereiztes Klima. „Mit der richtigen Mediation durch das Fanprojekt hätte sich das besser lösen lassen“, heißt es vom Fanbeirat, der gewöhnlicherweise in die Personalfindung für das Fanprojekt einbezogen wird. „Es geht nur darum, dass wir gucken, ob jemand zu den Werten des SVB passt. Wenn nicht, könnte er hier nicht Fuß fassen. Um das zu klären, brauchen wir den Austausch mit dem Träger.“ Der Dialog zwischen dem SPI, das gestern für eine aktuelle Stellungnahme nicht zu erreichen war, und den Babelsberger Protagonisten lahmte allerdings zuletzt, wie die Gesprächsgäste in der Presserunde enttäuscht vortrugen.

„Die Stadt wünscht sich mehr Offenheit des Trägers, um eine gute Lösung zu erreichen“, berichtete Politiker Lutz Boede von einer Diskussion im Jugendhilfeausschuss. „Ein Nicht-Angebot kann man nicht hinnehmen.“ Daher könne am Ende auch eine Option der Stadt sein, dem SPI den Auftrag für das SVB-Fanprojekt zu entziehen und neu auszuschreiben. „Aber“, sagte Boede, „so weit sind wir noch nicht.“

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