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Es muss wehtun. So wie Auerbachs Verteidiger Marcel Novy (l.) am vergangenen Dienstag zähnefletschend gegen Nulldrei-Stürmer Abdulkadir Beyazit zur Sache ging, sieht Abstiegskampf aus. In diesem steckt nun auch der SV Babelsberg 03.

© Jan Kuppert

SV Babelsberg 03: Abstiegskampf ohne Zeitmaschine

Nach vier Niederlagen in Folge muss der SV Babelsberg 03 in der Fußball-Regionalliga Nordost seinen Blick nach unten richten und ändert entsprechend das Vokabular. Nun ist das Team beim Zipsendorfer FC Meuselwitz gefordert. Der Gegner mag vielleicht niedlich klingen, hat es aber in sich.

Die Zeit vor- oder zurückdrehen, in die Zukunft oder Vergangenheit reisen? In Babelsberg geht das. Zumindest in den Filmstudios. Tatsächlich wurde vor fünf Jahren an der Kinderfilmuniversität eine „Zeitmaschine“ produziert – als Animationsfilm. Babelsbergs Fußballtrainer Almedin Civa hat für sein Handwerk Bälle, Hütchen, bunte Leibchen und diverse andere Gerätschaften. Aber keine Zeitmaschine. „Ich kann die Jungs nicht zehn Jahre älter machen“, sagt er. Er kann seinen 18-, 20- oder 22-jährigen Spielern nicht per Knopfdruck oder Schalthebel die Erfahrung gestandener Fußballer geben, die sie brauchen – im Abstiegskampf. „Denn der hat begonnen“, so Civa nach der 0:2 (0:1)-Heimniederlage des SV Babelsberg 03 am vergangenen Dienstag gegen den VfB Auerbach.

Theoretisch bis zu fünf Absteiger

Nach der vierten Niederlage in Folge „sind wir jetzt mittendrin im Abstiegskampf“, kommentierte Civa pragmatisch den Zählerstand. 34 Punkte sind es, Platz zwölf. Je nach Abschneiden der nordostdeutschen Klubs in der dritten Liga und dem Ausgang der Drittliga-Relegation des FC Energie Cottbus sind theoretisch fünf Absteiger aus der Regionalliga möglich. „Vier werden es wohl werden“, vermutet Michael Hiemisch, Trainer des VfB Auerbach, der am Dienstagabend heilfroh war über die drei Punkte, die er vom Babelsberger Park mit ins Vogtland nahm, sodass sich sein Klub einen Rang am SVB vorbeischob. Marcel Schlosser und Marc-Philipp Zimmermann schossen die Tore für Auerbach – der eine ist 30 Jahre alt, der andere 28. „Die haben Mumm, halten einfach drauf, während uns in den entscheidenden Situationen derzeit der Glaube fehlt“, illustrierte Civa den Unterschied zwischen seinen talentierten Fußball- Technikern und einer robusten, soliden Elf wie Auerbach, die ihre Zweikämpfe – tatsächlich geschehen am Dienstag – bis aufs Blut führt.

„Es ist schwierig für uns junge Truppe, mit der Situation umzugehen“, gibt Civa zu, der gleich nach dem Abpfiff am Dienstagabend seine Spieler um den Mittelkreis versammelte und erste Aufbauarbeit verrichtete. Die sei jetzt nötig. Das miese Gefühl, viermal hintereinander verloren zu haben, ist neu in dieser Saison. Ebenso der Druck, zwingend Punkte zu sammeln – als Nächstes am kommenden Sonntag beim ZFC Meuselwitz (Beginn: 13.30 Uhr), wo sich der SVB in den vergangenen Spielzeiten immer schwergetan hat. Und nicht nur der. Seine bislang einzige Saisonniederlage kassierte der seit Mittwoch feststehende Staffelsieger FC Energie Cottbus in der Bluechip-Arena von Meuselwitz, der Tabellenzweite BFC Dynamo verlor beide Partien dieser Spielzeit gegen den ZFC. Mannschaften, die mehr Fußball spielen als arbeiten, haben arge Probleme im Zipsendorfer Land.

Kritische und zugleich wertvolle Lage

Daher sind es Vokabeln wie „kämpfen“ und „reinhauen“, die der Babelsberger Fußballlehrer seinen Spielern dieser Tage an die Tafel schreibt. Schon nach der 1:3-Niederlage gegen Bautzen wusste der Kämpfer Civa, welche Tugenden nun gefragt sind. Wer dafür noch Bestätigung brauchte, hat diese am vergangenen Dienstag bekommen. Gegen Pfiffe und Beschimpfungen von den Tribünenplätzen aber wehrt sich Civa vehement. Er habe keinen seiner Spieler gesehen, der „nicht laufen und gewinnen wollte“. In schwierigen Situationen zeige sich eben, „wer Freund und Feind ist“, reagierte Civa auf die Unmutsbekundungen hinter seiner Trainerbank. „Vor vier Wochen haben sie meine Spieler noch geliebt, wenn sie einen Ball gelupft haben“, so Civa: „Sollen wir die Jungs heute dafür auspfeifen?“

Der 45-Jährige weiß aus seiner langen Fußballkarriere mit Auf- und Abstiegen, welchen Wert kritische Situationen wie die aktuelle beim SVB haben. „Jetzt können die jungen Spieler fürs Leben lernen“, sagt er und versichert: „Wir nehmen den Kampf an.“ So heikel die momentane Lage ist und so sehr sie so manches Nervenkostüm – auf dem Platz und auf den Rängen – strapazieren mag, so wertvoll kann sie für die Zukunft sein. Daher braucht Civa keine Zeitmaschine, um der Gegenwart zu entfliehen, vielmehr verkündete er unmittelbar nach Schlusspfiff am Mittelkreis seinen Spielern: „Dieser Herausforderung stellen wir uns jetzt.“

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