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Sport: Slomkas Muskelspiel

Der Vertragspoker des Trainers nervt Hannover

Von Christian Otto

Am Sonntag, wenn Spieltag 19 geschafft ist, will Mirko Slomka ganz in Ruhe lesen. In der Tabelle der Bundesliga, die einen erstaunlichen Höhenflug von Hannover 96 dokumentiert. Und in dem neuen Arbeitsvertrag, den der Erfolgstrainer schon seit Wochen unterschreiben soll. „Mich nervt das Thema auch. Denn ich stehe als jemand da, der mehr Geld fordert. Aber ich bin bei Weitem kein Großverdiener“, sagt der 43-Jährige. In jedem Fall überlagert sein Taktieren in Hannover die Freude über den zweiten Tabellenplatz.

Es geht angeblich nicht um mehr Geld oder Macht. Was stattdessen der das Hindernis beim des seit Mitte Dezember ausverhandelten Arbeitsvertrages ist, bleibt das Geheimnis eines Mannes, der in Hannover zuletzt eine fehlende Wertschätzung für die geleistete Arbeit beklagt hat. Martin Kind, der kaufmännisch geprägte Präsident von Hannover 96, hat seiner Ansicht nach sämtliche Forderungen von Slomka zu Papier gebracht und bereits abgezeichnet. Noch tiefer in die Knie möchte der Unternehmer aber nicht gehen. Weiterbeschäftigung bis zum Sommer 2013, rund eine Million Euro Jahresgehalt – für einen Trainer, der Anfang 2010 noch schwer vermittelbar war und nach seinem Amtsantritt in Hannover angesichts von sechs Niederlagen zum Saisonstart schon wieder vor der Entlassung stand, sind das passable Eckdaten. Aber Slomka scheint es Spaß zu machen, die Fans auf die Folter zu spannen und hausintern die Muskeln spielen zu lassen. Sein Vertrag läuft in diesem Sommer aus.

Für einen Trainer, der fast zwei Jahre lang arbeitslos war und in Hannover eine neue Chance bekommen hat, geht der selbstbewusste Slomka recht hohes Risiko. Die gute Verhandlungsposition von Slomka, die im heutigen Heimspiel gegen seinen früheren Arbeitgeber Schalke 04 noch verbessert werden kann, hat auch Auswirkungen auf eine die interne Hackordnung. Klubchef Kind hält bei den Niedersachsen seit mehr als einem Jahrzehnt alle Fäden fest in der Hand und kann sehr ungemütlich werden, wenn seine Ziele in Gefahr geraten. „Wenn Mirko Slomka gefühlt hier in Hannover nicht glücklich ist, muss er seine notwendige Entscheidung treffen“, sagte er dem „Kicker“ mit genervtem Unterton. Mit Sportdirektor Jörg Schmadtke gibt es zudem einen weiteren stillen Arbeiter in der sportlichen Leitung, der beim Präsidenten ganz hoch im Kurs steht – womöglich noch höher als Slomka. Die Spieler bleiben trotz dieses Kompetenzgerangels bisher gelassen und lassen sich nicht irritieren. „Natürlich wollen wir alle, dass Mirko Slomka bleibt“, sagt Verteidiger Konstantin Rausch.

Aber Slomka ist nicht nur ehrgeizig, sondern auch vorsichtig geworden. Nachdem er mit Schalke 2007 Zweiter geworden war, hatte man ihn in der Folgesaison auf Platz drei entlassen. Das prägt offensichtlich, zumal er sich mit der schweren Aufgabe konfrontiert sieht, Hannover 96 mit seinen bescheidenden Mitteln auch dauerhaft in Regionen der Tabelle zu halten, die zur Teilnahme an internationalen Wettbewerben berechtigten. Zwar schickt sich der Verein endlich an, aus seiner regionalen Nische heraus in das überregionale Rampenlicht zu treten. Die Aussicht auf das große Geld und den großen Ruhm – und damit auch auf bessere Rahmenbedingungen – bleiben in Hannover dennoch überschaubar.

Hier liegt wohl der Kernpunkt des Vertragsstreits. Slomka verlangt offensichtlich nach Zusagen und Perspektiven, die ihm der Verein nicht bieten kann. Daher hat er nun zwei Möglichkeiten: Entweder er sucht sich einen Verein mit mehr Finanzkraft und der größeren Chance auf persönlichen Ruhm, der nicht geteilt werden muss. Oder er findet sich mit den bescheidenen Möglichkeiten bei 96 ab.

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