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Nicht zu stoppen. Die Frauen des USV Potsdam um Kapitänin Katharina Gerth (am Ball) dominierten auf heimischem Platz das B-Finalturnier der Regionalligen Ost und Nord.

©  Tobias Gutsche

Rugby in Potsdam: Starke Frauen und ihre blauen Flecken

Seit September vorigen Jahres gibt es beim USV Potsdam eine weibliche Rugby-Mannschaft. Wie die Potsdamer Damen mit Blessuren umgehen sowie nun beim ersten Turniersieg ihren Trainer im wahrsten Sinne umgehauen haben.

Von Tobias Gutsche

Christian Schubert ist ein Mann wie ein Baum. 1,95 Meter groß, 105 Kilogramm schwer, Muskeln über Muskeln. Der lässt sich nicht so leicht fällen. Am Samstagnachmittag aber haute ihn etwas um – geballte Frauenpower. Nach dem ersten Turniersieg ihrer Team-Geschichte jubelten die Rugby-Damen des USV Potsdam ausgelassen auf heimischem Platz am Neuen Palais und zelebrierten den Triumph unter anderem mit einem beherzten gemeinsamen Tackling gegen Trainer Schubert. „So eine Bande“, sagte er kurze Zeit später, lächelte und wischte sich den Dreck von der Wange. „Aber richtig so – sie dürfen sich freuen.“

Erstmalig war der USV vorgestern Gastgeber eines reinen Frauen-Turniers. Die B-Endrunde der Regionalligen Ost und Nord wurde ausgetragen, woran die Fünft- bis Achtplatzierten beider Staffeln teilnahmen. Potsdam hatte im Osten immerhin Rang fünf belegt, obwohl die Mannschaft zwei Turnier-Spieltage verspätet eingestiegen war, denn sie wurde erst im September vorigen Jahres gegründet. Da lief die aktuelle Saison schon. „Die Mädels sind extrem motiviert und haben sich deshalb auch extrem schnell entwickelt“, urteilte Christian Schubert, dessen Truppe sich entsprechend auf den Vormarsch in der Regionalliga machte.

"Mädels sind mit dem Rugbyvirus infiziert"

Unterhalb der 1. Bundesliga, wo die Variante mit 15 Akteurinnen pro Mannschaft betrieben wird, ist diese Spielklasse für das seit 2016 olympische Siebener-Rugby vorgesehen und quasi dafür die erste Liga. „Wenn nur sieben Leute in einem Team auf dem großen Feld stehen, dann ist Athletik ziemlich wichtig“, erklärte USV-Kapitänin Katharina Gerth. „Es müssen viele Wege gemacht werden, man sollte möglichst schnell sein.“ Die Potsdamerinnen sind – wie sie am Samstag eindrucksvoll zeigten – sehr athletisch. Und das kommt nicht von ungefähr. Ein Großteil des inzwischen 14-köpfigen Kaders hat ein Sportstudium hinter sich oder steckt mittendrin.

So sind die meisten der Damen auch zum Rugby in Brandenburgs Landeshauptstadt gekommen. „Das wurde alles über die Universität initiiert. Rugby gehört hier zum Ausbildungsangebot“, erzählte Coach Schubert, der seit einiger Zeit jährlich einen Rugbykurs im Hochschulsport leitet. „Dadurch sind immer ein, zwei Männer dann beim USV im Verein gelandet. Aber für die zahlreichen Damen gab es lange eben keine Anlaufstelle.“ Diesen Makel wollte Katharina Gerth beheben und ging in die Offensive. „Ich glaube“, sagte sie, „drei Jahre lang habe ich Christian genervt, dass er ein Frauen-Team aufbauen soll.“ Letztlich machte er es. „Ich habe dem Projekt erst einmal zwei Jahre gegeben. Danach entscheiden wir, wohin es weitergeht“, berichtete Schubert. Seine Zwischenbilanz: äußerst positiv. „Es macht riesigen Spaß mit der Truppe, weil man merkt, dass die Mädels Bock auf diesen Sport haben. Sie sind mit dem Rugbyvirus infiziert.“

Blutergüsse und Schmerzen gehören dazu

Er trägt ihn schon seit langem in sich. Der 35-Jährige ist Leistungsträger im Herren-Zweitliga-Team des USV, liebt den streng nach klarem Fairplay-Gedanken ausgeführten, aber eben auch knallharten Sport mit dem Leder-Ei. Seine Spielerinnen bezeichnet er als „mega tough“, wenn es darum geht, sich den Kontrahenten körperlich intensiv zu stellen. Allerdings hat er auch schon festgestellt, dass in einer weiblichen Rugby-Mannschaft etwas anders mit Blessuren umgegangen wird, als er es von den Männern gewohnt ist: „Bei uns ist das kaum Thema. Sie zeigen sich hingegen ständig ihre blauen Flecken und plaudern über diese und jene Verletzung.“

Man wird sich ja wohl noch über das Befinden austauschen dürfen, entgegnete Katharina Gerth augenzwinkernd. Die 29-Jährige, die an einem Charlottenburger Gymnasium Sport und Deutsch unterrichtet, weiß aber, dass Blutergüsse und Schmerzen zu diesem Sport dazugehören wie die Endzonen – die sogenannten Malfelder – sowie die H-förmigen Tore. Ihren Mundschutz hielt sie nach dem Potsdamer Premieren-Turniersieg fest in der linken Hand und sagte: „Es härtet einen doch auch ab, fördert die Persönlichkeit. Rugby vermittelt: Sei stark und lass dich nicht unterkriegen.“ 

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