zum Hauptinhalt

Sport: Laufen durch die Bummelmeile

Die 22. Preußische Meile gewann am Freitagabend der Berliner Marc Schulze vor Hagen Brosius. 463 Läufer gingen auf die 7,5 Kilometer lange Strecke – so viele wie lange nicht mehr

Marc Schulze vom SC Charlottenburg hat am gestrigen Freitagabend die 22. Preußische Meile gewonnen. Der 29-Jährige Berliner brauchte für die 7 532,48 Meter lange Strecke, die sich an ein im Jahre 1816 eingeführtes Längenmaß anlehnt, 23:23 Minuten und siegte vor dem früheren Potsdamer Hagen Brosius (23:55) und Tom Thurley (Caputher SV, 24:16). Bei den Frauen gewann Carolin Mattern aus Königs Wusterhausen in 27:43 Minuten vor Julia Kind (28:20) und der deutschen Berglaufmeisterin von 2013, Birgit Unterberger vom OSC Berlin (28:30).

Hagen Brosius, der jetzt in Ingolstadt arbeitet und neben dem Potsdamer Laufclub auch dem dortigen MTV angehörtt, war nicht der einzige, der gern zum Laufen nach Potsdam zurückkehrte. Aus Frankfurt/Main kam Fred Meiser – aber nicht nur wegen der Preußischen Meile. Meiser hatte viele Jahre in Potsdam gelebt, seine Kinder wohnen noch immer hier. „Es ist einfach schön, gemeinsam durch die Stadt zu lafen“, sagt er. Als schönste Strecke – die Preußische Meile war in ihrer 22-jährigen Geschichte auf ganz verschiedenen Wegen in der Stadt vermessen worden – ist ihm die Strecke zur Alexandrowka in Erinnerung geblieben. Seit 2000 ist er dabei – bis auf 2013.

Als Fred Meiser seine Startnummer abholte, war ein Ende der Nachmeldungen noch nicht abzusehen. Bereits um 18.10 Uhr hatten sich zu den knapp 380 Anmeldungen schon 50 Nachzügler für die lange Strecke gesellt. Die meisten, sagte eine der vielen ehrenamtlichen Helferinnen vom Potsdamer Laufclub, würden aber erst kurz vor Anmeldeschluss vorbeikommen. Am Ende meldete der Veranstalter 463 Teilnehmer für den Hauptlauf.

Dass man auch diese weite Strecke in die Russische Kolonie laufen kann, wird vielen der Kinder, die am Freitagabend an den Start gingen, wohl noch ein paar Jahre unverständlich bleiben. Sie gingen ab 17.30 Uhr bei lauen Temperaturen im Viertelstunden-Rhythmus zunächst die jüngeren Läufer in insgesamt zehn Rennen an den Start. 1200 Schülerinnen und Schüler hatten sich meist über die Potsdamer Schulen angemeldet – so viele wie noch nie. Bei den Jüngsten, den Bambinis, gab ein vornweg laufender Clown die Orientierung für die lossprintenden Fünf- und Sechsjährigen – oder auch die zahlreich mitlaufenden Eltern, die oft mit brav durchhaltenden, manchmal aber auch mit etwas widerspenstigen Kindern die Strecke absolvierten. Während die Jüngsten sich über 600 Meter ins Ziel kämpfen, liefen die meisten Schulkinder und Jugendlichen eine Runde durch die City über 1,8 Kilometer.

Noch mehr als auf der Strecke fieberten die meisten Eltern und Großeltern aber am Rand des Start- und Zielbereiches mit ihrem Nachwuchs mit. Tausende Erinnerungsfotos und -videos werden später von leichtfüßigen, schmerzhaften und ehrgeizig absolvierten Laufschritten durch Potsdamer City erzählen.

Auf der Runde wurde es den Läufern dabei nicht langweilig. Ob am Rand der durch rot-weiße Kegel geteilten Friedrich–Ebert-Straße oder mitten durch die Fußgängerzone der Brandenburger Straße – viele der Potsdamer und Touristen, die sich Kaffee, Kuchen, Bier und Essen schmecken ließen, applaudierten, auch wenn einige überrascht wirkten, dass der Lauf mitten durch die Fußgängerzone ging. Die verwandelte sich auch recht schnell immer wieder zur Flaniermeile – bis das mit hellen Scheinwerfern fahrendes Führungsfahrzeug signalisierte, dass sich wieder eine neue Altersklasse Läufer den Weg durch die Innenstadt bahnen möchte, und die Menschenmasse teilte.

Einige Mädchen und Jungen ließen sich, nachdem sie sich das wohlverdinete Finischer-Trikot abgeholt hatten, bereitwillig von den Eltern aus dem Zielbereich davontragen. Die meisten aber standen zunächst vor einer schwierigen Entscheidung: Ein Stück Melone – oder ein Stück Banane. Das von einem Einzelhandelsunternehmen verteilte Obst fand reißenden Absatz, ebenso das von den Stadtwerken gezapfte Wasser. Und natürlich das in der Brandenburger Straße verkaufte Eis. Das war bei den Erwachsenen, die am Ende vier große Runden drehten, nicht anders.

Ingmar Höfgen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false