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Sport: Hallenfußball: Halligalli in Stuttgart

Die Trauer bei Trainer Andreas Brehme hielt sich in Grenzen. Entspannt lehnte er sich an eine Klinkerwand in der Hanns-Martin-Schleyerhalle, lachte schallend und sah aus als habe gerade jemand zur großen Pause geläutet.

Die Trauer bei Trainer Andreas Brehme hielt sich in Grenzen. Entspannt lehnte er sich an eine Klinkerwand in der Hanns-Martin-Schleyerhalle, lachte schallend und sah aus als habe gerade jemand zur großen Pause geläutet. Seine Spieler steuerten voller Tatendrang die Kabine an und packten ihr Bündel für die Heimfahrt. "Ich bin so traurig, dass wir draußen sind", rief er Freiburgs Manager Andreas Rettig zu, der sein Beileid über das frühe Scheitern des 1. FC Kaiserslautern zum Ausdruck gebracht hatte. Nun lachte auch Rettig nicht weniger laut zurück. Hallenfußball steht trotz vieler Lippenbekenntnisse, in der Winterpause verstärkt Kundenpflege betreiben zu wollen, nicht eben hoch im Kurs bei vielen Bundesligaklubs. Die kurze Pause hat die Antipathie eher noch gesteigert. Das war beim Auftaktturnier zur Masters-Serie in Stuttgart nicht viel anders.

Drei Erstligavereine scheiterten schon in der Vorrunde, der VfB Stuttgart schrammte knapp an einem peinlichen Ausscheiden vorbei. 1860 Münchens Trainer Werner Lorant fragte nach dem frühen Aus mit einem zwinkernden Auge: "Soll ich meinen Spielern etwa sagen, ihr müsst das Masters erreichen." Frankfurts Trainer Felix Magath hatte vorsichtshalber vor dem Wettstreit unterm Hallendach seine Spieler gefragt, wer denn überhaupt Lust habe mitzuspielen. Der unwillige Rest trainierte nebenan auf dem Gelände des VfB im Freien.

Reutlingens Trainer Armin Veh befand sich am Samstag mit Busfahrer und Manager Wilfried Gröbner längst auf dem Weg ins Trainingslager nach La Manga in Spanien. Stuttgarts Trainer Ralf Rangnick trat mit einer verstärkten Amateurauswahl vor eigenem Publikum an. "Wenn sich in unserer Situation einer verletzt, erklären uns doch alle für blöd", erläuterte Rangnick. "Das ist doch die Gelegenheit, die Jungen einmal spielen zu lassen", raunzte Stuttgarts Marketingdirketor Hansi Müller, der sich lautstarke Wortgefechte mit Stuttgarter Journalisten lieferte, die den Verzicht der Stars angeprangert hatten.

Stuttgarts ehemaliger Präsident, der designierte DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder kritisierte dagegen die Praxis des Klubs. "Ich hätte mir gewünscht, dass mehr Stars in der VfB-Truppe stehen. Gerade als Gastgeber hat man da eine Verpflichtung. Das wird dem Turnierort Stuttgart sicher nicht gut tun", meinte Mayer-Vorfelder. "Hier", klärte Stuttgarts Mittelfeldspieler Jochen Seitz auf, "spielt jeder der Spaß hat und keine Blessuren."

Offene Ablehnung des Hallenfußballs aber wollte sich in Stuttgart keiner leisten. Schließlich waren es die Manager aller Bundesligaklubs, die einst die Verträge zum derzeitigen Modus aushandelten. "Und so lange gibt es nichts zu reden. Das sind jedes Jahr die gleichen blöden Fragen", sagte Freiburgs Trainer Volker Finke, der mit den meisten seiner etatmäßigen Spieler erschien. Erreichen die Freiburger das Finalturnier am 13./14. Januar, unterbrechen die Breisgauer sogar ihr Trainingslager. "Weder 1860 München noch der SC Freiburg haben noch die Belastung im DFB-Pokal und dem Europacup", verteidigte Stuttgarts Trainer Ralf Rangnick die eigene Zurückhaltung. "Der FCK, 1860 München, die kamen auch mit einer Rumpftruppe", sagte Hansi Müller. "Ihr macht uns doch alle fertig, wenn sich einer verletzt". "Angesichts der kurzen Pause ist es einfach schwierig. Man muss auf Spieler mit kleinen Wehwehchen einfach verzichten", sagte Frankfurts Trainer Magath. Alle sprachen sie wie im diplomatischen Dienst.

Unglücklich schaute keiner drein. Aufkeimender Sportsgeist (Brehme: "Wir wären gerne weitergekommen".) wurde schnell von pragmatischen Gedanken an den ersten Bundesligaspieltag Ende Januar verdrängt. "Sonntag geht es in den Wald, Montag nach La Manga ins Trainingslager. Jetzt gilt die ganze Konzentration dem Start gegen Wolfsburg" spulte Andreas Brehme das Programm ohne Halle in Sekundenschnelle herunter. Er hat mit Kaiserslautern noch viel vor. "Es darf durchaus noch ein paar Plätze nach oben gehen. Ich bin optimistisch", sagte Brehme. Er sprach vom Fußball im Freien. Die Halle hatte der Trainer längst vergessen.

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