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Kolumne Berliner Fußball: Glück im Unglück für Hertha 06

Eigentlich galt der Aufstieg des CFC Hertha 06 vor der Saison als beschlossene Sache. Doch auch in der Berliner Landesliga kommt es manchmal anders als gedacht.

"Für den CFC Hertha 06 zählt nur der Aufstieg" hieß es im Saison-Sonderheft der "Fußball Woche" im Sommer - und fast alle Konkurrenten in der zweiten Abteilung der Berliner Landesliga sahen das genauso. 13 von 16 Trainern der Staffel tippten den 107-jährigen Multisportverein aus Charlottenburg als Meister - unter ihnen auch Murat Tik, der Trainer von Hertha 06. Seine Kader schien mit Spielern wie Onur Güzer, der im Jahr zuvor Berliner Meister mit Hürtürkel geworden war, und Serdar Günes, der mit TeBe und BAK Erfahrung in der Oberliga gesammelt hat, gut bestückt. Die Weichen Richtung Aufstieg waren gestellt, Hertha 06 galt als der Topfavorit.

Aber im Fußball läuft eben nicht immer alles nach Plan, und auch der beste Schlachtplan hält nur bis zum ersten Feindkontakt. "Die Saison ist für uns bisher nicht so gut gelaufen wie wir es uns vorgestellt haben", sagt Murat Tik. "Ich habe mit einem 25-Mann-Kader angefangen, mittlerweile sind aus verschiedenen Gründen aber nur noch 14 übrig." Noch ist aber nicht alles verloren. Obwohl Tik überhaupt nicht zufrieden ist, liegt seine Mannschaft als Tabellenvierter noch gut im Aufstiegsrennen. Vier Punkte fehlen derzeit auf Tabellenführer FC Internationale – und der spielt am Samstag in Kreuzberg gegen Hertha 06.

Ein Auge richtet Tik dabei schon auf die Winterpause. Er hat viel vor, weil er unbedingt neue Spieler braucht. "Wir sind fleißig am Suchen und wir wollen den Kader verändern", sagt Tik, aber diesmal wird er die Spieler sorgfältiger aussuchen. "Im Sommer habe ich meinen Spielern zu viel Vertrauen geschenkt. Wir sind als klarer Favorit in die Saison gegangen, aber ich habe die Rechnung ohne einige Spieler gemacht." Mit den Leistungen der Übriggebliebenen ist Tik aber durchaus zufrieden. "Das war insgesamt eine verkorkste Hinrunde für uns aber trotzdem sind wir noch oben mit dabei. Das war ein bisschen Glück im Unglück." 

Eine hochkarätige Neuverpflichtung gibt es bereits: Sebastian Ghasemi-Nobakht, der für Greuther Fürth in der 2. Bundesliga gespielt hat und im vergangenen Jahr für Viktoria aufgelaufen ist, trägt jetzt das grün-weiße Trikot der Charlottenburger. "Das ist für uns ein Glücksgriff, aber leider ist er noch nicht komplett fit. Von ihm erwarten wir sehr viel in der Rückrunde", meint der Trainer. 

Wenn seine Mannschaft eine erfolgreiche Rückrunde spielt und den Aufstieg tatsächlich schaffen sollte, wird Hertha 06 zum ersten Mal seit 1970 in der höchsten Amateurliga Berlins spielen. Dort haben die Charlottenburger seinerzeit nur fünf Jahre überlebt – es war dennoch die erfolgreichste Zeit in der Geschichte des Vereins. Die Jungs von Murat Tik haben jetzt die Möglichkeit, die Klub-Historie entscheidend zu verändern.

Für das Spiel gegen FC Internationale, wirkt Tik allerdings nicht sehr optimistisch. "Unser Ziel ist, die nächsten drei Spiele oben dranzubleiben, damit wir in der Rückrunde richtig angreifen können." Doch wenn für Hertha 06 nur der Aufstieg zählt, sollte die Mannschaft vielleicht schon am Wochenende so viele Punkte wie möglich einfahren.

Der Autor: Stephen Glennon kommt aus Irland, lebt seit 2005 in Berlin und ist Mitgründer des englischsprachigen Berliner Fußballmagazins No Dice.  Für den Tagesspiegel schreibt Glennon immer freitags über den Berliner Fußball. Bilder und Spielberichte von „No Dice” auf Facebook.

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