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Sie hat ihr Ziel im Blick. Pauline Bremer könnte mit 19 Jahren ihre erste Weltmeisterschaft erleben – vorausgesetzt, sie wird gesund.

© J. Kuppert

Sport: Den Wehwehchen zum Trotz

Turbine-Stürmerin Pauline Bremer kämpft nach mehreren Verletzungen um ihre WM-Chance. Gemeinsam mit Potsdams Tabea Kemme und Jennifer Cramer wurde sie in den vorläufigen Kader berufen

Von Tobias Gutsche

Ihrem Körper verlangt Pauline Bremer viel ab. Im Training und in den Spielen. Sie rennt und rennt und rennt, scheut keinen Zweikampf. Immer Vollgas. Immer am Limit. Engagierter kann man auf dem Fußballplatz wohl nicht zu Werke gehen. Was für die Mannschaft wertvoll ist, wird für sie als Einzelperson jedoch zuweilen schmerzhaft. Denn ihrem großen Einsatzwillen hat Pauline Bremer auch zahlreiche Verletzungen zu verdanken.

Die letzte liegt drei Wochen zurück. Beim Ligaspiel in Sand erlitt sie einen Bänderriss in der Schulter. In den vergangenen Tagen hat die Stürmerin des 1. FFC Turbine Potsdam nun wieder das Training aufgenommen. In ihren Augen drängt die Zeit, sie will fit werden. Schließlich träumt die 19-Jährige wie ihre Potsdamer Mannschaftskolleginnen Tabea Kemme und Jennifer Cramer von einer Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Kanada (6. Juni bis 5. Juli). Ob dies in Erfüllung geht, wird sich am 24. Mai zeigen, wenn Bundestrainerin Silvia Neid den 23-köpfigen deutschen WM-Kader bekannt gibt. „Es würde mir viel bedeuten, dabei zu sein“, erzählt Pauline Bremer. „Klar, ich bin noch jung und habe noch einige Jahre vor mir. Aber ich möchte alles mitnehmen, was kommt.“

Nicht alles, aber vieles hat sie an Verletzungen in der aktuellen Saison mitgenommen. Mehrfach setzten Sprunggelenksbeschwerden die U20-Weltmeisterin außer Gefecht, hinzu kamen eine Schambeinreizung, die in der Regel durch Über- oder Fehlbelastungen ausgelöst wird, und zuletzt die Schulterproblematik. Viel Zeit zum Kurieren der Blessuren nimmt sich die ehrgeizige Athletin meist nicht. „Ich möchte einfach immer spielen und will mich dabei nicht von Verletzungen aufhalten lassen“, sagt die gebürtige Niedersächsin. Mit dieser Einstellung schaffte sie es, in immerhin fast 80 Prozent aller Turbine-Saisonspiele mitwirken zu können – den vielen Wehwehchen zum Trotz.

Ihr Vereinstrainer Bernd Schröder hat seine eigene Erklärung, warum Bremer stets eine schnelle Rückkehr auf den Platz forciert: Aufgrund ihrer – aus seiner Sicht verfrühten – Berufung in den A-Nationalkader wurde ein großer Erwartungsdruck erzeugt, dem sie nun gerecht werden wolle. Und das geht eben nur, wenn man spielt. Harsche Kritik verteilte der Turbine-Coach deshalb vor knapp einem Jahr an Silvia Neid, nachdem sie Pauline Bremer zum ersten Mal für ein Frauen-Länderspiel nominiert hatte. Für Schröder ein Unding. Man habe gegenüber solch jungen Spielerinnen eine pädagogische Verantwortung, man müsse sie behutsam aufbauen und entsprechend schützen – das waren seine Worte.

Und er selbst? Hält er sich an seinen eigenen Appell? „Bei uns wird sie nicht überfordert.“ Nach Auffassung des 72-Jährigen sei die Belastung gut dosiert – das sieht auch Bremer so. Die Verletzungsanfälligkeit führt Schröder nicht auf zu hartes Training und daraus resultierender Erschöpfung oder Unfrische zurück, sondern auf die eifrige, aber ungestüme Zweikampfführung der vierfachen Nationalspielerin. Der Lösungsansatz: Damit die Bewegungsabläufe sicherer werden, soll das Nachwuchstalent noch intensiver im technischen und koordinativen Bereich geschult werden.

Stichwort Schule: Zu ihren letzten Abiturprüfungen ist Pauline Bremer in dieser Woche angetreten und hat damit die zweite Herausforderung neben dem Fußball gemeistert. Schriftlich war sie in Mathe, Deutsch und Sport gefragt, mündlich in Geschichte. „An der Sportschule wurde ich gut unterstützt, um die Doppelbelastung zu bewältigen“, erzählt die Potsdamerin, die ab Montag in sportlicher Hinsicht erneut auf dem Prüfstand stehen wird – beim Nationalmannschaftslehrgang in der Schweiz. Dort wird sie um ihre WM-Chance kämpfen. Und dafür ihrem Körper einmal mehr alles abverlangen. Tobias Gutsche

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