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Abzug. Regionalzüge könnten an den Bahnhöfen Griebnitzsee, Park Sanssouci und Golm ab 2022 seltener werden. Das Land will Direktverbindungen nach Berlin streichen.

©  Andreas Klaer

Zugverbindung Berlin-Potsdam: Umständlich zur Uni

Das Land plant, Direktzüge von Golm und Griebnitzsee zur Berliner Innenstadt zu streichen - der hohen Nachfrage zum Trotz.

Potsdam - Wenn sich Schlangen bilden, deutet das darauf hin, dass etwas sehr begehrt ist. So gesehen sind Regionalzüge wie der RB 21offenbar wirklich gefragt. In der Hauptverkehrszeit am Morgen und am Nachmittag binden sie die Universitäts- und Wissenschaftsstandorte in Golm, am Neuen Palais und am Griebnitzsee an Umsteigeknoten auf der Berliner Stadtbahnstrecke an. Das Angebot gibt es seit 2013 zweimal pro Stunde und die Züge sind proppenvoll. Kein Wunder: Etwa die Hälfte der rund 25 000 Potsdamer Studenten wohnt in Berlin. Doch die Direktverbindung hat wohl keine Zukunft.

Im Juli soll nämlich dem Brandenburger Kabinett der neue Landesnahverkehrsplan vorgelegt werden. Und darin ist unter anderem vorgesehen, dass diese populären Verbindungen ab 2022 entfallen. Bleibt es bei den Plänen, müssten sich Studenten, Wissenschaftler und Pendler von den Wissenschaftsstandorten dann andere Wege nach Berlin suchen. „Das Angebot für Golm wird durch die Änderungen schlechter“, kritisiert Hans Leister vom Fahrgastverband Pro Bahn.

Dabei sollte der Plan eigentlich alles besser machen. „Wir werden das Angebot an vielen Stellen im Netz ausweiten“, hatte Brandenburgs Infrastrukturministerin Kathrin Schneider bei der Vorstellung des ersten Entwurfs im Herbst gesagt. Vorgesehen ist denn auch, dass der stark genutzte Regionalexpress 1, der aus Magdeburg beziehungsweise Brandenburg/Havel kommend Potsdam an die Berliner Stadtbahn anschließt, ab 2022 dreimal pro Stunde statt zweimal pro Stunde fahren soll. Diese Taktverdichtung hatten Potsdam und mehrere Umlandgemeinden gefordert – allerdings schon für dieses Jahr.

Ganz abgehängt werden Golm und Griebnitzsee nicht

Vom dichteren Takt des RE1 profitieren weder Golm noch Griebnitzsee: Golm liegt gar nicht auf dessen Strecke, in Griebnitzsee fährt der Zug einfach durch. Tatsächlich wird die Anbindung der beiden Bahnhöfe an Berlin sogar zum Opfer der Taktverdichtung des RE1. Hintergrund sind die fehlenden Streckenkapazitäten auf der Stadtbahnstrecke ab Berlin-Charlottenburg. Durch die Berliner Innenstadt führt nämlich nur ein Gleis pro Richtung von West nach Ost. Und das müssen sich Fern- und Regionalzüge teilen. Um einen zusätzlichen Regionalexpress unterzubringen muss ein anderer Zug weichen.

Ganz abgehängt werden Golm und Griebnitzsee freilich nicht: Ab 2022 soll einmal stündlich der neue RB21 von Potsdam-Hauptbahnhof über Golm nach Spandau und Berlin-Gesundbrunnen fahren. Stark frequentierte Knotenpunkte wie Charlottenburg, Zoologischer Garten, Berlin-Hauptbahnhof und Friedrichstraße erreicht dieser Zug jedoch nicht. Dazu soll in der Hauptverkehrszeit einmal pro Stunde ein Zug der neuen Linie RB23 von Golm über Potsdam und die Berliner Stadtbahn zum Flughafen BER fahren. Unter dem Strich bleibt in der Hauptrichtung für Golm und Griebnitzsee nur noch ein Zug pro Stunde in der Hauptverkehrszeit statt bisher zwei. „Der RB21 ist kein vollwertiger Ersatz für einen Direktzug zur Berliner Stadtbahnstrecke“, so Leister.

Ausgedünnt wird auch die Verbindung zwischen den Uni-Standorten. Heute fahren im Halbstundentakt Regionalbahnen zwischen Griebnitzsee, dem Bahnhof Park Sanssouci und Golm. Zwei Züge pro Stunde soll es ab 2022 nur noch in der Hauptverkehrszeit geben – nämlich dann, wenn der RB23 aus Berlin nach Golm verlängert wird. Tagsüber sind nur einmal pro Stunde Züge der RB22 unterwegs, die künftig von Griebnitzsee über Golm zum Flughafen BER fahren.

Entwicklungen in Golm nicht berücksichtigt

Problematisch ist dabei, dass beide Wissenschaftsstandorte expandieren werden. Es wird massiv investiert, um neue Kapazitäten zu schaffen. Der Wissenschaftspark Golm wächst und wird weiter zum internationalen Hochtechnologie-Campus entwickelt. Im August soll wie berichtet das neue Gründerzentrum Go:In II ausgeschrieben werden. Der Baustart ist für das zweite Quartal 2019 geplant. In den nächsten zehn Jahren sollen in Golm 1000 neue Arbeitsplätze entstehen. Und am Standort Griebnitzsee will das Hasso-Plattner-Institut (HPI) einen Waldcampus nach Vorbild der kalifornischen Elite-Universität Stanford schaffen. Die Studentenzahl soll von 750 auf 1500 wachsen.

Bei der Universität Potsdam und dem Standortmanagement des Golmer Wissenschaftsparks steht man den Landesplänen entsprechend kritisch gegenüber: Der Entwurf berücksichtige die absehbaren Entwicklungen vor allem in Golm nicht ausreichend, teilt die Uni auf Anfrage mit. „Allein im Lehramt rechnen wir kurzfristig mit 1000 zusätzlichen Studienplätzen“, so Uni-Präsident Oliver Günther. Besonders am Abend und an den Wochenenden seien zusätzliche Angebote nötig, da „Wissenschaftler nicht im 5-Tage-9-to-5-Rhythmus“, arbeiten.

Positiv wird sowohl bei Universität und Wissenschaftspark als auch bei der Stadtverwaltung die neue Linienführung der RB21 beurteilt – auch wenn man sie sich schon früher als 2022 wünscht. Die Stadt hatte sich lange dafür stark gemacht. Dadurch gebe es endlich auch außerhalb der Hauptverkehrszeit einen Direktzug von Golm nach Berlin. Zudem gebe es ja am Potsdamer Hauptbahnhof eine Umsteigemöglichkeit in den Regionalexpress 1, heißt es aus dem Rathaus.

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