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Bauen für günstige Mieten. Wie hier in der August-Bonnes-Straße am Bornstedter Feld soll das Bauen durch das neue Förderprogramm für weitere Investoren interessant werden. Doch niedrige Zinsen stehen derzeit dagegen.

© Lutz Hannemann

Wohnungsbauförderung in Potsdam: Wenig Interesse wegen niedriger Zinsen

240 Millionen Euro Landesgelder für Sozialwohnungen stehen bis 2020 zur Verfügung – doch aus Potsdam kam bisher noch kein Antrag.

Das Ziel klang gut: 150 bezahlbare Wohnungen sollten mithilfe der neuen Wohnungsbauförderung des Landes pro Jahr in Potsdam entstehen. Etwa 60 Millionen Euro stellt das Land dafür über sechs Jahre verteilt für Potsdam zur Verfügung. Eine entsprechende Kooperationsvereinbarung unterzeichneten Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Brandenburgs Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) im April – etwa einen Monat vor der Kommunalwahl. „Das wird den angespannten Potsdamer Wohnungsmarkt entlasten“, so Jakobs.

Doch fünf Monate später hat sich ähnlich wie im Rest des Landes noch nicht viel getan. Aus Potsdam liegt der zuständigen Bewilligungsstelle des Landes noch kein einziger Antrag auf die Fördergelder vor, wie das Infrastrukturministerium auf PNN-Anfrage mitteilte. Aus Rathauskreisen heißt es unterdessen, dass die Förderung von bezahlbarem Wohnraum über zinsverbilligte Kredite für Investoren derzeit nicht besonders attraktiv sei. Die Zinsen am Markt sind in den vergangenen Jahren gesunken. Erst kürzlich hatte die Europäische Zentralbank den Leitzins auf ein historisch niedriges Maß gesenkt. Wenn ein Investor Gelder aus dem Förderprogramm in Anspruch nehmen würde, bedeutet dies, dass er die neuen Wohnungen zu einem günstigen Mietpreis – beim ersten Förderweg mit einer Zielmiete von 5,80 Euro pro Quadratmeter nettokalt – anbieten müsste. Bei einem Bankkredit würde diese Mietbindung wegfallen. Daher sind Bankkredite mit den derzeit geringen Zinssätzen für Investoren viel attraktiver – und die Wohnungsbauförderung muss attraktiver gestaltet werden.

Das räumt auch die Potsdamer Stadtverwaltung auf offizielle Nachfrage ein: Eine Zuschussförderung wäre sicherlich für die Wohnungswirtschaft attraktiver, hieß es. „Die aktuellen Konditionen könnten aus der Sicht der Stadt attraktiver gestaltet werden“, so Stadtsprecher Jan Brunzlow. Außerdem wäre neben dem ersten Förderweg mit einer Zielmiete von 5,80 Euro pro Quadratmeter nettokalt auch ein zweiter Förderweg für Mieten zwischen 7 und 8 Euro wünschenswert. Davon könnten Haushalte profitieren, deren Einkommen knapp über den Grenzen des ersten Förderweges liegt. Dazu gebe es vom Land zwar grundsätzliche Bereitschaft, diese Änderung sei aber erst für 2016 in Aussicht gestellt, heißt es. Andererseits sichere die Darlehensförderung Rückflüsse an das Land, die langfristig eine Fortsetzung der Wohnungsbauförderung, unabhängiger von den zukünftigen Marktzinsen, ermögliche. In der Zukunft könnte also alles besser werden. Das meint auch das Ministerium: „Unsere Konditionen bleiben günstig, auch wenn die Zinsen wieder steigen sollten“, so Sprecher Lothar Wiegand. Auch wenn in diesem Jahr keine Anträge mehr eingehen, die insgesamte Fördersumme von etwa 240 Millionen Euro würde dadurch nicht reduziert, da das Geld nicht an bestimmte Jahre gebunden ist.

In der Landeshauptstadt sind schon die ersten Projekte avisiert, heißt es, würden aber derzeit von der Potsdamer Stadtverwaltung gesammelt und aus städtischen Gesichtspunkten priorisiert. „Es wird Projekte Potsdamer Investoren und Bauherren geben“, so Brunzlow. Wie viele es sein werden, sei noch nicht klar. Ein Antragsteller dürfte die städtische Immobilienholding Pro Potsdam sein. Dort hieß es auf Nachfrage, dass man in Gesprächen mit der Stadtverwaltung sei. Um welche Projekte es sich handelt, wollte das Unternehmen nicht mitteilen. Infrage kommen dafür unter anderem die ehemaligen sogenannten Restitutionsobjekte in der Albert-Einstein-Straße, der Behlertstraße oder für die Heidesiedlung – denn die Hälfte des Fördergelds ist für die Sanierung von Altbaubeständen vorgesehen. Außerdem hatte die Stadt das sogenannte Vorranggebiet Wohnen erweitert. In diesem Gebiet darf der Bau von Sozialwohnungen gefördert werden. Flächen in der Albert-Einstein-Straße am Brauhausberg und am alten Tramdepot in der Heinrich-Mann-Allee gehören durch die Änderung dazu – eine Regelung, die der kommunalen Pro Potsdam hilft: Sie plant dort ohnehin Sanierungen sowie den Neubau von bis zu 700 Wohnungen.

Unterdessen feilt die Stadt an einem wohnungspolitischen Konzept. Bis September 2015 soll es stehen. Damit soll die Grundlage geschaffen werden, um mehr bezahlbaren Wohnraum in Potsdam zu schaffen. Hintergrund ist der steigende Bedarf nach Wohnraum durch den anhalten Zuzug in die Stadt. Außerdem sind die Mieten in Potsdam in den vergangenen Jahren stark angezogen. Laut dem im August veröffentlichten neuen Mietspiegel sind sie im Vergleich zu 2010 erneut gestiegen – um 15 Prozent. Derzeit liegt die Kaltmiete pro Quadratmeter im Durchschnitt bei 6,13 Euro und damit 80 Cent höher als vor vier Jahren.

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