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Carsten Natzke (l.) und Chriss Kühnl vom Verein Freifunk Potsdam.

© B. Stelley

WLAN durch den Verein Freifunk: Schon 50 Hotspots für freies Internet in Potsdam

Das Freifunknetz in Potsdam wächst: Der Verein Freifunk hat noch große Pläne für das WLAN-Netz in der Landeshauptstadt, noch mehr Menschen sollen die Verbindung kostenfrei und ohne Registrierung nutzen können.

Potsdam - Auf den ersten Blick sieht er unscheinbar aus: Ein länglicher, weißer Kasten, an einem Besenstiel befestigt, ragt über dem Dach der Studenten-Kneipe Pub a la Pub. Doch das kleine Gerät hat es in sich: Dank des Routers kann jeder im Umkreis von rund 100 Metern einfach so ins Internet gehen – kostenlos, ohne Registrierung, ohne Zeitbeschränkung.

Aufgestellt hat sie der Verein Freifunk Potsdam, der möglichst viele Orte in der Stadt mit freiem WLAN, also drahtlosem Internetempfang, ausstatten will. Wer bereit ist, einen Router aufzustellen und als offenen WLAN-Hotspot freizugeben, dem helfen die Potsdamer Freifunker sogar bei der Installation und Einrichtung.

50 Freifunk-Knoten in Potsdam

Der Verein existiert bereits seit 2006, doch zuletzt waren die Aktivitäten rund um den Netzausbau etwas zurückgegangen. Im letzten halben Jahr hingegen sind aus den rund 30 Freifunk-Knoten in der Stadt mit einem Mal über 50 geworden. Der Grund sind viele engagierte Neumitglieder, unter ihnen Carsten Natzke: „Ich bin mit zwei Freunden im letzten Dezember dazu gekommen“, sagte er.

Mittlerweile gibt es ein Freifunknetz in der Kneipe „Olga“ und auf dem ehemaligen Rechenzentrum an der Breiten Straße, das die Kulturlobby nun als Projekthaus nutzt. „Die brauchten da drin natürlich Internet, also haben sie uns gefragt, ob wir ihnen helfen können“, sagt Natzke. Die Kulturlobby war von dem Projekt so begeistert, dass sie dem Verein gleich noch eine zweite Antenne auf dem Dach finanzierten, mit der das Freifunk-Netz ausgebaut werden konnte.

WLAN für den Winzerberg

Sogar der Winzerberg hat nun WLAN: „Die Leonardo da Vinci-Gesamtschule ist auf uns zugetreten, weil sie einen Audioguide über den Winzerberg vor Ort einrichten wollten.“ Um diesen per Smartphone oder Tablet-PC abzurufen, braucht man natürlich Internet, weshalb die Freifunker zusammen mit Schülern einen WLAN-Hotspot einrichteten – ein Gewinn für beide Seiten, denn der neue Freifunk-Knoten kann natürlich von allen Potsdamern genutzt werden.

Auch kommunale Gebäude stehen für Freifunk zur Verfügung: 2012 hatte sich die Stadtverordnetenversammlung dafür ausgesprochen, dass Freifunk-Initiativen freien Zugang zu rund 400 Dächern des Kommunalen Immobilienservice (Kis) bekommen sollen. Geschehen war aber lange Zeit nichts, auch weil es keine Liste der verfügbaren Dächer gab. Mittlerweile ist die Liste öffentlich, doch Natzke betont: „Derzeit haben wir noch nicht die Manpower, um uns darum zu kümmern.“ Zudem seien viele Kis-Gebäude nicht für Freifunk-Antennen geeignet, da diese möglichst hoch und ohne Hindernisse rundherum stehen müssen. „Viele Kis-Gebäude sind Flachbauten, zum Beispiel Kitas. Die eignen sich dafür natürlich weniger“, sagt Natzke.

Verbindung zwischen Berlin und Potsdam

Gut geeignet wäre das Hochhaus der Stadtverwaltung an der Hegelallee: Hier soll demnächst eine besonders starke Antenne aufgestellt werden, denn Potsdamer und Berliner Freifunker wollen erstmals eine Städteverbindung zwischen zwei Freifunknetzen realisieren. „So was gab es bislang noch nie, das ist ein echtes Prestigeprojekt“, sagt Natzke. Dazu werden die Berliner eine Richtfunk-Antenne auf dem Teufelsberg im Grunewald aufstellen, die sich über eine Strecke von rund 17 Kilometern mit der Antenne in Potsdam verbinden soll – dann hätten auch Potsdamer Zugriff auf das ungleich größere Freifunknetz der Hauptstadt.

Derzeit befindet sich der Verein in Gesprächen mit dem Kis über die Aufstellung der Antenne, die rund 1500 Euro kosten soll. Natzke rechnet im kommenden Jahr mit einer Realisierung, auch weil das Geld dafür organisiert werden muss - der Verein arbeitet ehrenamtlich und finanziert sich nur über Spenden.

Öffentliches WLAN ist in Deutschland spärlich ausgebaut

Mit einer Umgehung der sogenannten Störerhaftung habe die große Antenne aber nichts zu tun, betont Natzke. Dies sei bereits jetzt der Fall. Deutschland ist eines der wenigen Länder weltweit, in der die Störerhaftung gilt, das heißt: Wenn jemand offenes WLAN zur Verfügung stellt und ein Nutzer darüber etwa illegal Musik herunterlädt, dann haftet der Eigentümer des WLAN-Anschlusses. Wegen dieser Regelung ist öffentliches WLAN hier relativ spärlich ausgebaut. Doch warum gilt die Störerhaftung nicht in Potsdam? „Unsere Internet-Bandbreite läuft bereits durch VPN-Tunnelung über den Berliner Förderverein Freie Netze“, erklärt Freifunk-Aktivist Chriss Kühnl. „Die haben den Status eines Internet-Providers und sind dadurch von der Störerhaftung ausgenommen.“

Auf der Webseite des Vereins ist zu sehen, wo es in Potsdam Freifunk-Knoten gibt. Die meisten befinden sich rund um das studentische Kulturzentrum „Kuze“, doch die Freifunker wollen das Netz möglichst über die ganze Stadt legen, etwa in Potsdam-West, am Schlaatz, Am Stern, Waldstadt und Kirchsteigfeld. Auch Flüchtlingswohnheime sollen Freifunk-Knoten bekommen. „Wir wollen vielleicht beim Wohnheim Am Schlaatz anfangen“, sagt Natzke. Ehemalige Flüchtlinge haben dort nämlich ein Computer-Kabinett eingerichtet. „Vielleicht können wir mit denen eine Kooperation aufbauen“, hofft er.

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