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Winzerberg in Potsdam: „Bei uns dürfen immer alle mitmachen“

Roland Schulze vom Bauverein Winzerberg über 13 Jahre Arbeit an einem Denkmal und eine Fünf-Prozent-Regel.

Herr Schulze, im April haben Sie noch Helfer zum Einsetzen der 6000 Glasscheiben für die Pflanzterrassen gesucht. Jetzt wird nach 13 Jahren zum Tag des offenen Denkmals der restaurierte Winzerberg offiziell eröffnet. Ist alles fertig?
 

Nein, ein paar Details fehlen noch. Aber wir sind trotzdem überglücklich, weil die Aktion Scheibenpaten, die vor zehn Jahren begann, jetzt so erfolgreich zu Ende geht. Wir wussten auf dem langen Weg manchmal nicht immer genau, wie wir es schaffen würden. Aber wir waren sicher, dass wir eines Tages am Ziel ankommen würden. Wir haben jetzt einen professionellen Glaser, der zurzeit eine Gruppe von 20 motivierten Laien anlernt. Die Scheiben müssen ja auch alle graviert werden. Es ist sehr spannend zu lesen, was die Paten da so draufschreiben lassen. Bis Jahresende sollen von den insgesamt 6000 Scheiben dann 600 eingesetzt sein, 400 sind jetzt schon drin. Wir sind im Plan.

Der Wein wächst aber jetzt schon.

Ja, schon seit fünf Jahren. Der Wein bräuchte die Scheiben eigentlich nicht. Aber es gehört zur ursprünglichen Ausstattung. Der König wollte einfach eher als alle anderen seinen Wein und sein Obst ernten.

Wie war das Weinjahr 2018 auf dem Berg?

Wir haben Wein ohne Ende. Aber die späten Sorten sind noch nicht ganz erntereif. Eine Kleinigkeit zum Kosten wird es am Wochenende geben, Trauben, Traubensaft, Gemüse, Kräuter, alles was in den Beeten auf den Terrassen wächst.

Hat die Trockenheit dem Winzerberg zugesetzt?

Nein, denn die fitten Mitglieder der Gruppe Grün haben fast täglich gegossen, mit unserem eigenen Brunnenwasser übrigens. Es kamen auch viele spontane Helfer dazu. Das ist überhaupt das Schöne an dem Projekt, dass immer wieder neue Menschen mitmachen, aus allen Alters- und Berufsgruppen, ob Busfahrer oder Banker, Azubis, Praktikanten, Ehrenamtler. Ich glaube, das war auch der eigentliche Grund, dass der Verein 2016 mit dem Brandenburgischen Denkmalpflegepreis und dem Bundespreis und dieses Jahr im Juni mit dem Europa Nostra Preis für den Bereich Denkmalpflege und Restaurierung ausgezeichnet wurde. Nicht für handwerklich perfekte Arbeit, sondern weil wir vielen Leuten die Chance gegeben haben, sich einzubringen und sie so ihre eigenen kleinen Erfolge erleben konnten. Es geht bei unserer Arbeit nie darum, alles zu 100 Prozent perfekt zu liefern. Wir verzichten lieber auf die letzten fünf Prozent, den Unterschied kann ein Laie kaum sehen. Aber dafür dürfen bei uns immer alle mitmachen.

Sie schätzen, dass etwa 1700 Menschen am Projekt Winzerberg mitgearbeitet haben oder es noch tun. Was macht gemeinschaftliches Engagement mit den Menschen in Bezug auf die Wahrnehmung ihrer Stadt?

Es ist zunächst die Erfahrung, dass man etwas schafft, was bleibt und was einem selbst und anderen Freude bereitet. Man wird vielleicht auch sensibler gegenüber der Geschichte der Stadt, der Bauwerke, in denen sich diese spiegelt. Man wird aber auch offener gegenüber anderen, neuen Sachen und weniger dogmatisch, wenn es um das große Ganze dieser Stadt geht.

Am Samstag wird das Filmorchester Babelsberg spielen. Wie ist die Akustik?

Es wird auf jeden Fall schön. Das Orchester bringt Erfahrung und gute Technik mit, wir liefern die wunderschöne Atmosphäre, die Stadt Potsdam hat den Abend finanziell kräftig unterstützt. Wir wollen uns mit dem Konzert bei allen Helfern bedanken und die Stadt dazu einladen. Ich freue mich, dass sogar Hartmut Dorgerloh kommt, obwohl er nicht mehr Stiftungsdirektor ist. Die Zusammenarbeit mit der Schlösserstiftung war und ist immer sehr vertrauensvoll und pragmatisch das war sehr zielführend.

Wenn der Berg nun bald fertig ist – was machen Sie und der Verein als nächstes?

Der Berg wird nie fertig. Als nächstes kümmern wir uns um die Einfriedung, die Flüsterbänke, die Brunnen-Konche neben dem Triumphtor. Von dieser Stuckatur haben wir glücklicherweise vor Jahren schon Abdrücke gemacht, im kommenden Jahr soll sie restauriert werden. Dazu kommt natürlich die dauerhafte Pflege und Wartung rund um den Winzerberg.

Wie soll der Winzerberg in weiteren 13 Jahren aussehen?

Er soll jedenfalls kein Museum sein, sondern ein lebendiger Ort. Die wöchentlichen Bacchusabende, zu denen mittlerweile richtig viele Potsdamer kommen, die sind ja längst kein Geheimtipp mehr. Diese soll es weiterhin geben. Wir hoffen, dass wir es schaffen, dass sie so unkonventionell und gemütlich bleiben und wir uns nicht kommerzialisieren lassen. Und sonst – ach, da kommen uns schon Ideen, da mache ich mir keine Sorgen. Bürgergärten vielleicht, das wäre doch was.

Die Fragen stellte Steffi Pyanoe

Die Veranstaltung am Samstag beginnt um 19 Uhr, Einlass ist ab 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Um Spenden wird gebeten.

Roland Schulze, 60, Diplom-Bauingenieur und Inhaber der Potsdamer Firma Roland Schulze Baudenkmalpflege GmbH, ist von Anfang an beim Bauverein Winzerberg dabei.

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